Vom Auto im Zelt bis zum ersten Bungalow
Traditionsreiche Campingplätze im Wandel der Zeit

Camping-Erlebnis damals und heute: Was bleibt? Was hat sich verwandelt? Zum 60-Jahre-Jubiläum von CARAVANING haben wir bei einigen traditionsreichen Campingplätzen nachgefragt. Eine kleine, durchaus subjektive Rückschau.

Campingplatz Hopfensee Allgäu
Foto: Campingplatz Hopfensee

Nein, wir wollen hier nicht die Camping-Helden spielen: Als wir damals loszogen mit Fahrrad und Zelt, geschah das nicht aus Begeisterung fürs Campen an und für sich, sondern aus Sparsamkeit – und weil wir keine brauchbare Alternative sahen.

Wir waren Studenten, Anfang zwanzig, frisch verliebt und wünschten uns nichts so sehr wie einen Urlaub zu zweit, ganz für uns allein, egal wie, nach Süden, ans Meer. Fahrradtaschen, Kartuschenkocher und ein Zweimannzelt aus dem Kaufhaus waren im Budget gerade noch drin, ebenso die Zugfahrkarten für die Rückreise. Und los ging es: von Stuttgart nach Südfrankreich, von Campingplatz zu Campingplatz, mit Tagesetappen zwischen 60 und 130 Kilometern, auf Dreigangrädern, mit 25 Kilo Gepäck pro Nase. Jeden Abend Zelt aufbauen, jeden Morgen abbauen, auspacken, einpacken. Unterwegs einkaufen, abends auf einer Flamme kochen – wunderbar!

Camping im Wandel der Zeit
Archiv
Adrenalin auch ohne Bungee-Jumping: Mit einem Caravangespann den Großglockner zu überwinden war vor 60 Jahren Abenteuer genug.

O. k., das ist erst 40 Jahre her. 20 Jahre vor uns werden die Beweggründe, campen zu gehen, ein bisschen anders gewesen sein, aber doch im Kern ähnlich. Endlich Friede! Dank Wirtschaftswunder hatten es nicht wenige bald zu bescheidenem Wohlstand samt eigenem motorisiertem Vehikel gebracht. Und damit wollte man dann auch verreisen – weil’s günstig war. In der Regel mit Zelt, der eine oder andere auch schon mal mit Wohnwagen.

Viele Campingplätze haben – genauso wie unser Magazin CARAVANING – in den Fünfzigern und Sechzigern ihre Wurzeln. Typischerweise kamen da die frühen Zelter und Caravaner irgendwo an einem schön gelegenen Bauern- oder Landgasthof an und fragten um Erlaubnis, sich für ein paar Tage auf der Wiese nebenan zu installieren. Der Wiesenbesitzer freute sich über die Gäste und darüber, dass sie Abwechslung in sein ländliches Leben und ein paar Mark in seine Kasse brachten. Und wenn er versuchte, auf die Bedürfnisse der Camper einzugehen, bekam er rasch immer mehr Zulauf.

Die Entstehung der ersten Campingplätze

Seecamping Berghof am Ossiacher See in Kärnten ist so ein Beispiel. Seit 64 Jahren wird an einer Stelle gecampt, wo bereits 40 Jahre vorher eine Ausflugsgaststätte stand. In den Jahren „hat sich unser Familienbetrieb von der Zeltwiese zum ADAC-Superplatz und zu einem Leitbetrieb in der Region entwickelt“, schreibt uns Marcus Hartigner.

Zum Natterer See in Tirol, erzählt Georg Giner, fanden die Sommerfrischler mit kleinem Auto und Zelt auf der Reise zum Sehnsuchtsziel Italien. Dass der Platz der Familie Giner nahe einer Hauptroute und obendrein hübsch an einem See lag, sprach sich bald herum. Ein Holztrog mit Wasserhähnen unter freiem Himmel war anfänglich das einzige Hygiene-Angebot,1960 bauten die Giners das erste Sanitärgebäude. Von einer Hand voll Steckdosen zogen die Camper lange Kabel kreuz und quer übers Gelände. Die Campingwiese wurde Stück um Stück in Parzellen zu 50 Quadratmetern portioniert. Heute sind Giners Parzellen bis zu 160 Quadratmeter groß und jeweils mit Strom, Frischwasser- und Kanalisationsanschluss versehen.

Seit 1954 betreibt Familie Mayr in Füssen den Camping Hopfensee. Anfangs bestand dessen Rezeption gerade mal aus einem Klapptisch unter freiem Himmel. Beste Voraussetzung für das prächtige Gedeihen der Anlage war die Top-Lage am See mit Blick auf die Bergwelt der Alpen. Und natürlich der Mut und die Weitsicht der Betreiber, die früh bedeutende Summen in Restaurant, Bad und Wellnesseinrichtungen investierten. Seit 50 Jahren wird hier auch winters gecampt – dank Übungslift nebenan und Direkteinstieg ins Loipennetz.

Camping Tennsee
Alpen-Caravanpark Tennsee
Alpen-Caravanpark Tennsee: Stolz ist man hier heutzutage auf den Aufschwung des Wintercampings.

Das Wintercamping „erfunden“ zu haben, beansprucht indes Armin Zick vom Camping Tennsee bei Mittenwald für sich. 1955, erzählt er, ging es damit los. Anfänglich wurden die Wohnwagen mit Kohleöfen beheizt. Folge: viel Feuchtigkeit im Innenraum, kalte Fußböden, heiße Decken, und die Nachbarn wurden in Rußwolken eingehüllt. Ein Ingenieur namens Willi Beilharz entwickelte vor Ort mit der „Carabelle“ den ersten wintertauglichen Caravan. Ein anderer Tüftler, Truma-Gründer Philipp Kreis, erfand am Tennsee eine Luftheizung mit allen Schikanen. Einen Lottogewinn von 17.000 Mark 1954 investierten die Zicks umgehend in beheizte Waschräume. Ergebnis: Wer fortan im Winter campen wollte, für den war Zicks Tennsee klar die erste Wahl.

Erste Campingplätze in Südeuropa

60 Jahre Union Lido, gelegen in Cavallino in der Nähe Venedigs, hat CARAVANING in Ausgabe 6/2015 gewürdigt; zwei italienische Generalimporteure des Neckarsulmer Fahrzeugherstellers NSU hatten ihr sumpfiges Strandgrundstück als Sommercamp für dessen Mitarbeiter hergerichtet. Die nahmen das begeistert an. Heute ist Union Lido mit 2931 Stellflächen Europas größter Campingplatz – und zugleich einer der besten.

Vier Jahre nach Union Lido öffnete ein paar Kilometer weiter westlich am selben Strand als vielleicht schärfster Konkurrent Camping Marina di Venezia seine Pforten. „Anfangs war es nur ein eingezäuntes Gelände am Meer“, schreibt uns Dr. Massimo Battaglio, „in den darauffolgenden Jahren wurden dann Rezeption, Sanitärhäuser, Supermarkt, Restaurant und Bungalows gebaut. In den 90er Jahren kamen die ersten Schwimmbecken hinzu, die 2008 zu einer Badelandschaft ausgebaut wurden. In den letzten zehn Jahren wurden neue Luxusunterkünfte und ein Spezialitätenrestaurant, eine Rezeption, drei Strandbars und ein neues Strandrestaurant erstellt sowie 2018 die große Einkaufspromenade.“

Nahe Anduze am Gardon feiert Camping Cevennes-Provence, eine Entdeckung auf einem unserer Streifzüge durch Südfrankreich, 2019 sein 60-Jahre-Jubiläum. In puncto Ausstattung und Service hat sich während sechs Jahrzehnten auch hier viel verändert. „Aber man kann sagen“, schreibt uns Nathalie Marais, „dass die Philosophie unseres Platzes im Grunde dieselbe geblieben ist: Wir bieten den Gästen einen authentischen, ruhigen, mit Respekt für die Natur geführten Campingplatz.“

Zurück zu uns Camping-Helden. Die Zweisamkeit im Zelt, das sinnerfüllte gemeinsame Tun im Campingalltag, die Befriedigung, wennimmer wieder kleine und größere Herausforderungen dieses Alltags kreativ bewältigt wurden, aber auch das unbeschwerte, von gesellschaftlichen Zwängen freie Leben in und mit der Natur und den Elementen, die Hingabe an Wind und Wetter, der Wechsel zwischen Sonneneuphorie, Regenfrust und Gewittergezitter, die Blütendüfte, das Insektensummen und Vogelgezwitscher, all das und noch viel mehr bescherte uns Stadtmenschen und Kopfarbeitern tiefe Glücksmomente, gab uns solide Erdung. Und sorgte dafür, dass wir heimlich dann doch zu Enthusiasten reiften, die um keinen Preis mehr vom Camping lassen wollen.

60-Jahre-Jubiläum: Les Castels

Les Castels
Les Castels
Herrschaftliche Gebäude und gepflegte, altehrwürdige Parkanlagen prägen das Ambiente bei vielen Mitgliedern der französischen Kette Les Castels.

Die älteste Campingkette Frankreichs feiert gleichfalls wie CARAVANING in diesem Jahr ihr 60-jähriges Bestehen. Viele der mittlerweile 29 Vier- und Fünf-Sterne-Anlagen in ganz Frankreich sind in Parks rund um ein Schloss oder ein Herrenhaus entstanden. Außer mit dem dadurch gegebenen besonderen, edlen Ambiente wirbt die Kette mit Top-Ausstattung und -Qualität, persönlicher Ansprache sowie gehobener Gastlichkeit und Lebensart im Einklang mit der Natur. Die Gäste erwarten im Jubiläumsjahr, heißt es, viele Neuigkeiten, Überraschungen und Angebote. Außerdem winken beim Gewinnspiel „60 Jahre 60 Aufenthalte“ wöchentlich 15 Aufenthalte für vier Personen in einer Castel-Anlage – Aufenthaltsdauer eine Woche, lediglich nicht im Juli und August einlösbar.

25 Jahre Leading Campings

2019 ist ein Jubiläumsjahr. Die Leading Campings of Europe werden zwar noch nicht 60, aber immerhin ein Vierteljahrhundert alt. Es handelt sich dabei um mehr als nur eine Marketinggemeinschaft. Die heute 40 Mitgliedsbetriebe bekennen sich nicht nur zu höchsten Qualitätsanforderungen, sie haben auch wirksame Instrumente entwickelt, um diese einzuhalten und weiterzuentwickeln. Die Leading-Organisation und ihre Mitglieder haben die Latte beim Camping hoch gehängt – und so bedeutenden Anteil am positiven Imagewandel unserer Urlaubsform in den vergangenen Jahrzehnten. Das Foto zeigt das jüngste Mitglied: Camping Cikat in Kroatien. Im Jubiläumsjahr lockt ein großes Preisausschreiben. Zu gewinnen sind unter anderem ein Reisemobil und ein Caravan.

Weitere interessante Themen zum 60-Jahre-Jubiläum von CARAVANING und rund ums Thema Camping damals wie heute lesen Sie in der Jubiläumsausgabe 05/19.

Die aktuelle Ausgabe
Caravaning 06 / 2023

Erscheinungsdatum 09.05.2023

92 Seiten