Gravensteiner, Bitterfelder Sämling, Hauxapfel – wer kennt noch die Äpfel der schwäbischen Streuobstwiesen? Und so wie die Moderne die verbleibenden Flächen beharrlich dezimiert, verschwindet mit den alten Biotopen auch die dazugehörige Flora. „Wenig Ertrag, nicht süß genug, anfällig für Fruchtfäule“, lauten die vernichtenden Urteile. Doch macht sich Widerstand breit, etwa in Gestalt von Andreas Hartmaier und seinem Projekt Hopfenburg.
Es ist keine Ferienanlage wie jede andere, die dort ab Frühjahr 2011 ihre erste Saison erlebt. Das zehn Hektar große Gelände wird eingerahmt von einem 30 Meter breiten, einen Kilometer langen Streuobstwiesengürtel mit 360 frisch gepflanzten hochstämmigen Obst-bäumen. Bauernblumenwiesen, Stauden, Kräuter und Beete schmücken das Anwesen. Und Poitou-Esel, Hinterwälder Rinder, Waldschafe mit gezwirbelten Hörnern, demnächst auch Bentheimer Schweine haben hier ein Bleiberecht.
Nachhaltigkeit, Traditionen und Integration
„Wir halten auf dem ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen der Hopfenburg nach dem Vorbild eines Arche-Hofs seltene Haustierrassen“, erläutert der gelernte Architekt Hartmaier. Und er geht noch weiter. Das integrative Projekt beschäftigt 17 Mitarbeiter, darunter drei behinderte Jugendliche. Entsprechend setzen sich auch ein Förderverein und der Sozialdienstleister Bruderhaus-Diakonie für die gute Sache ein.
Hartmaier hegt und pflegt das traditionelle Handwerk, etwa der Zimmerleute oder Schreiner. In Seminaren wird das alte Wissen vermittelt. Urlauber lernen unter fachkundiger Anleitung das Filzen, Bogenbauen oder Korbflechten.
Die Bauten des Gehöfts sind entweder fachgerecht restauriert wie die alte Festscheune und das Backhaus, oder Hartmaier hat sie im Einklang mit der Substanz erweitert und dort Bibliothek, Hof-Laden oder Ferienwohnung untergebracht. Immer wichtig: die Nachhaltigkeit der prinzipiell autofreien Anlage, schon weil sie im Herzen des Unesco-Biosphärenreservats Schwäbische Alb liegt. Eine Grauwasserkläranlage bereitet das Duschwasser des neuen Sanitärgebäudes mit Familienbädern so auf, dass es für die WC-Spülung genutzt werden kann. Ein Blockheizkraftwerk erzeugt aus Ökogas eigenen Strom. Abgetragene Felsen wurden zerkleinert und anschließend zum Schottern der Zufahrten genutzt.
Vielfältige Unterkunftsmöglichkeiten
Doch viel auffälliger sind die Unterkünfte. Die Zelte und Caravans stehen neben restaurierten Schäferkarren, Zirkus- und Schaustellerwagen aus ganz Europa. Tipis von jenem Hersteller, der auch den Film „Der mit dem Wolf tanzt“ ausstaffiert hat, laden zur Erlebnisnacht ein, ebenso Jurten, original aus Kirgisien.
Das Gelände ist auf Terrassen angelegt. Viele Stellplätze haben eine eigene Frisch- und Abwasserversorgung. Es fehlen noch die Hecken für die Parzellierung, auch werden vor der nächsten Saison größere Steine ausgelesen und der Untergrund mehrmals geglättet.
Hartmaier wählte bewusst die Nähe zu Münsingen, „weil die Urlauber auch vom nahen Freibad, den Einkaufsmöglichkeiten oder dem Restaurant profitieren“. Er handelt sich damit zwar die Geräuschkulisse einer nahen Landstraße ein, aber abends geht der Verkehr hier gegen null. Ob im oder neben dem Schäferwagen: Nächtliche Schläferstündchen dürften recht ungestört verlaufen.
CARAVANING Reise-Tipp: Die Schwäbische-Alb-Bahn
Die Bahnlinie Schelklingen-Kleinengstingen über Münsingen konserviert das Bild einer Nebenstrecke der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen. Seit 2003 kümmert sich ein Verein um den Erhalt und setzt auch historische Schienenbusse ein. Neben diversen Sonderfahrten, auch unter Dampf, existiert ein Fahrplan mit festen Zeiten. Im Anschluss fahren in Schelklingen die Züge des Regionalverkehrs in Richtung Blaubeuren und Ulm; in Münsingen besteht Anschluss zum „Ulmer Spatz“ in Richtung Engstingen. Das macht die Alb-Bahn interessant für Radfahrer und Wanderer, die abwechslungsreiche Routen planen wollen. Fahrkarten sind am Schalter im Bahnhof Münsingen sowie in den Zügen erhältlich.
www.bahnhof-muensingen.de
Infos zum Campingplatz auf der Schwäbischen Alb
Adresse: Hofgut Hopfenburg, Hopfenburg 12, 72525 Münsingen, Telefon 0 73 81/9 3119 30, Fax 0 73 81/9311 93 19, www.hofgut-hopfenburg.de
Anreise: A 8, Abfahrt Merklingen, auf der L 1230 und L 230 nach Münsingen, 20 Meter vor der T-Kreuzung zur B 465 abbiegen zur Hopfenburg, beschildert.
Lage: Überwiegend ebenes Terrassengelände, junger Baumbestand, 30 Meter breiter Streuobstwiesengürtel, Hecken und Sträucher zur Parzellierung gepflanzt.
Ortszentrum Münsingen: 1,5 Kilometer, dort Haltestelle.
Größe und Ausstattung: 10 ha, 80 touristische Stellplätze (ca. 110 qm groß), teilweise mit Frisch-/ Abwasser und Strom (10 A), 40 Unterkünfte in Tipis, Jurten, Schäferwagen (40 weitere geplant), 3 Ferien-Appartements, moderne sanitäre Anlagen, barrierefrei, Familienbäder, W-LAN an der Rezeption.
Preise: Stellplatz 7,85 €, Erwachsene 7,20 €, Kinder 4 €, Hund 3 €, PKW 1,50 €, Strompauschale 2,80 €, Sonderpreise in der Nebensaison.
Öffnungszeiten: Ganzjährig.
Attraktionen: Hofladen, Backhaus, Allwetterscheune (Spielscheune geplant), Frühstücksbuffet, Abendessen (Anmeldung), Kinderanimation, Seminarprogramm, Archetiere, Rad- und Wanderwegenetz.