Qualitätssiegel für Campingplätze
Wie bekommen Campingplätze Sternebewertungen?

Wie von der Hotellerie gewohnt, schmücken sich auch Campingplätze oft mit Sternen. Doch wer verleiht sie? Nach welchen Kriterien? Taugen sie als Qualitätssiegel und Entscheidungshilfe?

Aufmacher Beratungsgespräch
Foto: shinshilla/Fotolia, Stefan Weidenfeld (14), Archiv

Vor wenigen Jahren zog der an der Côte d’Azur gelegene Esterel Caravaning die Aufmerksamkeit mit der Aussage auf sich, er sei der erste französische Fünf-Sterne-Campingplatz. Kein Zweifel, er war der erste. Nur lag das nicht allein an seiner guten Qualität. Fünf Sterne sind bei französischen Campingplätzen erst seit 2013 möglich, zuvor waren vier Sterne top. Frankreichs Campingplätze wurden seither peu à peu nach der neuen Verordnung klassifiziert – und Esterel gehörte schlicht zu den ersten, die dafür inspiziert wurden.

Die Kriterien für Campingplatz-Sternebewertungen

Diese Verordnung in Frankreich legt Normen und Prozeduren der Sterne-Klassifizierung fest. Etwa 8500 der rund 11.000 französischen Campingplätze sind klassifiziert. Die Sterne sagen indes nur etwas über die Art und die Anzahl von Ausstattung und Dienstleistungen aus – wie etwa die maximale Anzahl der Stellplätze bezogen auf die Gesamtfläche, die Stellplatzmindestgröße oder -anzahl, Zustand und Sauberkeit der Waschmöglichkeiten. Qualitative Aspekte wie das Grün des Campingplatzes oder die Herzlichkeit des Empfangs bleiben außen vor. Alle drei Jahre wird die Inspektion wiederholt. Eine Einstufung ist in Frankreich nicht obligatorisch; Platzbetreiber, die teilnehmen, profitieren allerdings von Steuerermäßigungen. Zuständig für die Inspektionen ist die staatliche Organisation Atout France.

Andere Länder, andere Sitten

Im Gegensatz zum zentralistischen Frankreich hatte Italien die Campingsterne-Frage delegiert. Die 20 Regionen Italiens, unterteilt in 96 Provinzen und 13 Metropolitanstädte, schufen je eigene Sterne-Regeln. Die Inspektion der Campingplätze war lange Sache der Provinzen. Entsprechend wenig einheitlich darf man sich die Aussagekraft der Sterne vorstellen. Seit etwa vier Jahren versucht der italienische Staat, die Provinzen aus Rationalisierungsgründen zu reduzieren oder ganz abzuschaffen. Bei den Regionen jedoch gibt es kaum qualifizierte und erfahrene Inspektoren, die die Angaben der Betreiber stichprobenartig checken könnten.

In der Theorie immerhin existieren ähnlich differenzierte Zertifizierungsanweisungen wie in Frankreich, wobei die Region Venetien aufgrund ihrer hohen Campingplatzdichte inoffiziell eine Vorreiterrolle einnimmt. Seit 2015 sind hier bis zu fünf Sterne möglich, in allen anderen Regionen werden derzeit noch maximal vier Sterne erteilt. Wer im Veneto fünf Sterne erlangen will, muss zum Beispiel mindestens 44 Quadratmeter Fläche pro Gast vorweisen – auf einem Ein-Sterne-Platz darf der Gast mit 28 Quadratmetern abgespeist werden. Fünf Duschkabinen für die ersten 100 Gäste müssen Plätze aller Kategorien bereithalten; wer vier oder fünf Sterne erhalten will, braucht dann jeweils eine weitere Dusche pro 25 Gäste; ist’s nur eine pro 37 Gäste, reicht es nur für einen Stern.

Aufs Alter des Campingplatzes kommt es nicht an

So gibt es eine ellenlange Checkliste, die zahlreiche Anlagen und Serviceeinrichtungen quantitativ in ihrer Sterne-Relevanz erfasst, aber so gut wie nichts zu deren Qualität und Zustand abfragt – weshalb qualitativ extrem verschiedene Anlagen gleich eingestuft werden können; es fällt zum Beispiel praktisch nicht ins Gewicht, ob eine Sanitäranlage nagelneu oder 50 Jahre alt ist. Alle fünf Jahre muss die Sterne-Prozedur erneuert werden.

In Kroatien, ebenfalls ein sehr beliebtes Campingland, ist die Sterne-Vergabe allein Aufgabe des Tourismusministeriums. Der Kriterienkatalog für die Klassifikation umfasst rund 80 Seiten. Einfache und kleine Plätze werden nicht klassifiziert, ebenso wenig als „Camper Stop over“ geführte Plätze beziehungsweise Platzteile. Ansonsten ist die Klassifizierung obligatorisch – kein Campingplatz darf ohne offizielle Klassifizierung betrieben werden. In die Einstufung durch ein ministerielles Inspektorenteam fließen nicht nur das reine Vorhandensein und die Quantität diverser Einrichtungen, sondern auch deren Qualität und Zustand mit ein. Kurios: Es werden stets zwei bis fünf Sterne vergeben – Ein-Stern-Plätze gibt es nicht.

Verbraucher wirken bei der Sterne-Erteilung in Dänemark mit. Hier ist der Campingrådet zuständig, gemeinsam gebildet von der Camper-Vereinigung und dem Verband der Campingplatzbetreiber. Rund 90 Prozent der etwa 570 dänischen Campingplätze sind Verbandsmitglieder, erkennbar an der grünen Fahne. Sie werden mit einem bis fünf Sternen ausgezeichnet. Inwieweit die Anforderungen erfüllt sind, überprüft mindestens einmal im Jahr der Campingrådet. Anlagen mit vier oder fünf Sternen werden sogar zweimal jährlich inspiziert.
Drei Bereiche werden dabei bewertet: Gebäude, Freiflächen und Einrichtungen. In das Urteil fließen unter anderem auch die Qualität der Pflege, Reinigung, Materialwahl und handwerkliche Ausführung mit ein. Details werden unter www.daenischecampingplaetze.de näher ausgeführt.

Wie funktioniert die Sternevergabe in Deutschland?

Hier hat im Jahr 2000 der Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland e. V. (BVCD) zusammen mit dem Deutschen Tourismusverband e. V. (DTV) Richtlinien und Kriterien für ein Klassifizierungssystem mit bis zu fünf Sternen erarbeitet und seither mehrfach angepasst. In den Kategorien Rezeption und Service, Sanitäranlagen und Standplätze spielen Kriterien wie Größe, Erreichbarkeit, Sauberkeit der Sanitäranlagen, WC-Ausstattung sowie Gesamtzustand der Standplätze und Wege eine Rolle. Die Teilnahme ist für Campingplätze freiwillig und kostenpflichtig. Wer seine Sterne behalten will, muss sich alle drei Jahre einem Inspektorenteam stellen, das BVCD und DTV berufen. Mindestens innerhalb der jeweiligen Bundesländer dürfte eine gute Vergleichbarkeit der Inspektionsergebnisse gewährleistet sein. Mehr als 3.600 Campingplätze gibt es in Deutschland, davon ist rund ein Drittel im BVCD organisiert; knapp 500 Plätze sind derzeit mit Sternen klassifiziert. Unter www.bvcd.de und www.deutschertourismusverband.de finden sich nähere Angaben.

Weitere Länder setzen eben- falls auf ein Fünf-Sterne-System, etwa Tschechien, Finnland oder Schweden. Andere versuchen erst gar nicht, die große Camping-Vielfalt in Sterne zu bannen, aus denen eh nicht viel zu lesen ist: neben Russland zum Beispiel auch Österreich.

Jenseits der Sterne-Klassifizierung: Alternative Orientierungshilfen

Wer sich nicht allein auf die offiziellen Sterne-Kategorisierungen verlassen will, findet Informationen, Entscheidungshilfen und Bewertungen in Campingführern und Online-Portalen, die – verwirrend genug – teilweise zusätzlich mit ihren eigenen Sterne-Klassifikationen hantieren.

Nach wie vor am aufwendigsten und differenziertesten nimmt der ADAC die Plätze unter die Lupe. Einige Dutzend geschulte Inspekteure sind auf Europas Campingplätzen unterwegs und erheben teils im jährlichen Rhythmus, teils in größeren Abständen nach einem ausgeklügelten Schema Informationen, aus denen eine Bewertung errechnet wird. Wie, wird auf etwa 30 eng bedruckten Seiten im Campingführer transparent gemacht.

Der Deutsche Camping-Club verteilt ebenfalls bis zu fünf Sterne an die in seinem Führer gelisteten Plätze, macht aber nicht transparent, wie viele Inspekteure welche Plätze wie oft aufsuchen und nach welchen Kriterien die veröffentlichte Sterne-Wertung zustande kommt.
Maximal fünf Zeltsymbole sind es, die im ECC-Campingführer Plätze mit Wertungen versehen, über deren Zustandekommen dort indes ebenfalls nichts Näheres mitgeteilt wird.

315 Inspekteure bereisen für den ACSI Europa und besuchen Jahr für Jahr jeden Platz. Sie belassen es bei einer minutiösen Auflistung dessen, was auf den Plätzen vorhanden ist, werten weder im Detail noch pauschal. Der Nutzer darf sich anhand der gebotenen Informationen selber ein Urteil bilden und/oder die online abrufbaren mehr als 100.000 User-Wertungen und -Kommentare zu Rate ziehen. Mit „Match2Camp“ gibt ACSI weitere Orientierung, indem Campingplätze verschiedenen Erlebniswelten und Urlaubertypen zugeordnet werden. Online (www.eurocampings.eu) und per App gibt es komfortable Suchmöglichkeiten.

Camping.info arbeitete bisher ausschließlich online, jetzt gibt es den ersten gedruckten Campingführer, zunächst für Kroatien und die Balkanländer. Fast 24.000 europäische Campingplätze schlummern in der Datenbank, die damit das mit Abstand größte seriöse Campingverzeichnis darstellt. Hier kann unter anderem per Landkarte, nach Eigenschaften und aufgrund von Gästebewertungen gesucht werden. Maximal fünf grüne Sterne kommen auf Basis der Gästebewertungen zustande, gelbe Sterne zeigen die offizielle Klassifikation oder, wo nicht vorhanden, die Selbsteinschätzung der Campingbetreiber.