Das Coronavirus war das beherrschende Thema 2020 – auch in der Caravaning-Branche. Wie Covid-19 die Caravan-Hersteller, Zulieferer und Messen erfasste, lesen Sie hier.
Das Coronavirus war das beherrschende Thema 2020 – auch in der Caravaning-Branche. Wie Covid-19 die Caravan-Hersteller, Zulieferer und Messen erfasste, lesen Sie hier.
Als SARS-CoV-2 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 11. März 2020 offiziell als Pandemie bewertet wurde, war die Verbreitung des Virus in Europa bereits in vollem Gange. Die rasante Entwicklung der Krankheitsausbrüche legte nicht nur Industrien, sondern ganze Länder lahm. Dabei kam Deutschland zwar vergleichsweise glimpflich durch die ersten zwölf Wochen, dennoch mussten viele produzierende Gewerbe von heute auf morgen ihre Tore schließen.
Eine Ausnahmesituation, die auch an großen Herstellern wie Hymer, Hobby und Knaus nicht spurlos vorbeiging. Besonders hart traf es dabei die größte Fertigungsstätte in Europa, das Trigano-Werk im französischen Tournon, das ganze acht Wochen geschlossen war und erst am 11. Mai wieder startete.
Es galt, nicht nur für die Sicherheit der Mitarbeiter zu sorgen und alle staatlichen Auflagen einzuhalten, sondern auch die wirtschaftlichen Einbußen aus Produktionsstopp, Lieferengpässen sowie geschlossenen Handelsbetrieben auszuhalten und parallel dazu Pläne zu schmieden, wie gesteckte Ganzjahresziele eventuell dennoch zu erreichen wären.
Immerhin musste die deutsche Caravaning-Industrie Corona-bedingte Export-Einbrüche verschmerzen, die einen Umsatzrückgang um 6,1 Prozent auf 5,75 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2020 auslösten. Anders gesagt: Nur rund 22.500 Freizeitfahrzeuge verließen im ersten Halbjahr die Werke in Richtung Ausland, was ein Minus von 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutete.
Dennoch: Ab Mitte Mai liefen alle Bänder wieder, und trotz der ungewissen Weiterentwicklung der Pandemie blickten die Unternehmenslenker bereits wieder optimistisch in die Zukunft.
Auch der Caravaning Industrie-Verband Deutschland (CIVD) rechnete schon zu diesem Zeitpunkt damit, dass keine langfristigen Umsatzrückgänge zu erwarten seien, denn sowohl Handel als auch Vermieter spürten schon kurz nach Geschäftswiederaufnahme eine stark steigende Nachfrage. Die Idee, ganz individuell zu verreisen – also mit dem eigenen Freizeitfahrzeug und nur mit Personen des eigenen Haushaltes –, schien für Verbraucher eine der sichersten und verlockendsten Urlaubsformen des Sommers zu sein.
Entsprechend schossen die Verkaufszahlen durch die Decke. Alleine im Juni wurden in Deutschland fast 50 Prozent mehr Freizeitfahrzeuge zugelassen als im Jahr zuvor. "Die Branche erlebt trotz Corona-Pandemie das beste erste Halbjahr ihrer Geschichte", jubelte der CIVD.
Und so sollte es bleiben: Campingfahrzeuge boomten geradezu in den folgenden Wochen und Monaten, und seit Juli lief die Aufholjagd, die deutlich macht, wie gut die Hersteller aus dieser Krise herausgekommen sind.
Die Zulassungszahlen, die Monat für Monat vom Kraftfahrtbundesamt veröffentlicht werden, liegen seither allesamt auf Rekordniveau: Mit knapp 5.169 Neuzulassungen im Monat Juli erzielten die Zahlen einen neuen Höchststand. Anfang Dezember vermeldete der CIVD, dass zum ersten Mal in Deutschland binnen eines Kalenderjahres mehr als 100.000 Freizeitfahrzeuge neu auf die Straßen kamen.
Die Schattenseite: Solche Rekordzahlen verlangen nach Produktionssteigerungen, doch selbst die können nicht verhindern, dass die Lieferzeiten immer länger werden. Teilweise liegen sie sogar bei über einem Jahr. Da braucht ein Käufer schon einen langen Geduldsfaden.
Zwei Fragen an Hans Frindte, kaufmännischer Geschäftsführer von Fendt Caravan.
Wir hatten wie viele andere einen Produktionsausfall durch die Betriebsschließung von Mitte März bis Anfang Mai, so sind zirka 1200 Caravans nicht gebaut worden. Im Vorfeld des Neustarts haben wir uns insofern abgesichert, dass – wenn wir wieder starten – die Lieferanten lieferfähig sind. Alle Caravans, die von Endkunden bestellt wurden, sind bis Ende Juli 2020 auch ausgeliefert worden. Aktuell haben wir aufgrund von personellen Ausfällen und Lieferengpässen von Lieferanten etwa eine Woche Verzögerung im Produktionsprozess.
Wie lange ist aktuell die Lieferzeit, wenn man einen Fendt Caravan bestellt?Das kann man pauschal leider nicht exakt beantworten. Jede Bestellung wird mit einem Liefertermin versehen, den wir einzuhalten versuchen. Letztlich liegt es auch an der Dispositionsbereitschaft der Händler: Einige haben, positiv gestimmt, früh geordert. Andere, die zögerlich waren, rutschen mit den Lieferterminen etwas weiter nach hinten. Aber ich würde sagen: Unsere neuen Caravans werden im kommenden Frühjahr gut lieferbar sein.
Zwei Fragen an Alexander Leopold, Vorsitzender der Geschäftsführung Dethleffs GmbH.
Bislang sind wir gut durch die Pandemie gekommen. Wir mussten zwar, wie viele andere auch, die Produktion wegen Lieferausfällen von Komponenten stoppen, aber es hätte schlimmer kommen können. Wir planen grundsätzlich für die Neueinführung von Produkten eine Erstbevorratung für den Handel ein, weshalb Corona zwar für eine Verzögerung gesorgt hat, aber im Großen und Ganzen waren die meisten Neuheiten rechtzeitig beim Handel.
Wie lange ist aktuell die Lieferzeit, wenn man einen individuell konfigurierten Dethleffs-Caravan bestellt?Die Lieferzeit ist stark davon abhängig, was der Kunde haben möchte. In der Regel sind die Ausstellungen unserer Händler aufgrund einer vorausschauenden Vorbestellung gut und umfangreich bestückt. Wir produzieren unter voller Auslastung unserer Kapazitäten, und trotzdem leeren sich die Höfe unserer Vertriebspartner.
Runtergefahrene Produktionen, geschlossene Verkaufsbetriebe: Corona traf nicht nur Caravaninghersteller, auch die Zulieferindustrie musste sich einigen Herausforderungen stellen. Zwar zählt die Caravaning-Branche zu den erfolgsverwöhnten Wirtschaftszweigen, dennoch wurde sie hart von den Auswirkungen der Epidemie getroffen. Lieferengpässe verursachten den Produktionsausfall der Aufbauhersteller teilweise mit.
Für die meisten im In- und Ausland angesiedelten Betriebe galt das Gleiche wie für die Campingfahrzeughersteller: Die Produktion wurde vorübergehend gedrosselt oder eingestellt. Beispiel Fiat: Weil die Ducato-Fertigung Sevel in Italien fast zwei Monate stillstand, kam der Nachschub an Fahrgestellen ins Stocken.
Alko Fahrzeugtechnik erklärte in einer entsprechenden Pressemitteilung: Durch die weltweite Pandemie gehe die Nachfrage nach Chassis- und Fahrwerkskomponenten deutlich zurück. Um der veränderten Marktlage Rechnung zu tragen, führte das Unternehmen ab 1. April Kurzarbeit an allen deutschen Standorten ein.
"Jetzt geht es darum, den wirtschaftlichen Auswirkungen maßvoll, aber entschieden entgegenzuwirken. Trotz der gegenwärtigen dynamischen und unvorhersehbaren Situation gehen wir mittelfristig davon aus, dass sich die Nachfrage nach Komponenten nach einem kurzen Einbruch rasch wieder erholen wird", ließ Harald Hiller, Präsident von Alko, verlauten.
Kühlschrankspezialist Dometic hatte ähnliche Herausforderungen zu meistern: "Gleich zu Beginn der Pandemie haben wir proaktiv Maßnahmen ergriffen, um Mitarbeiter und andere Personen zu schützen und um die Finanzlage zu sichern. So konnten wir sicherstellen, dass das Geschäft so normal wie möglich ablief und Störungen im sonst üblichen Prozess gering gehalten wurden. Die Hauptschwierigkeit bestand darin, Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen. Denn im Frühjahr verlangsamte sich die Nachfrage deutlich", berichtet Matthias Rügner, Leiter der Abteilung RV OEM.
Auch beim Familienunternehmen Truma standen die Bänder gut drei Wochen komplett still. Allerdings arbeitete das Unternehmen in den Wochen vor dem Lockdown vorausschauend mit Vollauslastung und baute dadurch die Lagerbestände maximal auf. Produktionsprogramme wurden so angepasst, dass der abrupte Herstellungsstopp und das Wiederanfahren hinterher keine akuten Auswirkungen auf die Lieferfähigkeit hatten. Somit konnte Truma sofort liefern, als die ersten Hersteller nach dem Lockdown ihre Werke wieder öffneten.
"Wir waren auch während des Lockdowns in engem Austausch mit unseren Kunden und Händlern, um die aktuellen Entwicklungen gemeinsam zu beobachten, zu bewerten und entsprechend zu reagieren. Somit konnten wir innerhalb kurzer Zeit die Bedarfs- und Lagersituation klären", erinnert sich Unternehmenssprecherin Jutta Bringazi.
Großen Einfluss hatte die Corona-Krise auch darauf, wo sich Interessenten über Modelle und Neuheiten informieren konnten: nämlich bei Handelsbetrieben und Messen. Gleich der Pkw-Branche musste auch der Caravaning-Fachhandel (mit Ausnahme der Werkstätten) im ersten Lockdown ab Mitte März dieses Jahres seine Verkaufsaktivitäten ruhen lassen. Bestellte und beim Händler angelieferte Campingfahrzeuge konnten teilweise nicht ausgeliefert, Beratungsgespräche nicht oder nur eingeschränkt geführt und Ausstellungen nicht besichtigt werden. Für kaufwillige Kunden wie Händler eine durchaus schwierige Situation.
Kai Dhonau, Präsident des Deutschen Caravaning Handels-Verbands (DCHV), schildert diese Phase so: "Zur besten Auslieferungs- und Reisesaison stauten sich die Fahrzeuge auf den Höfen des Handels. Aber mit der Wiederöffnung der Betriebe und der Camping- und Reisemobilstellplätze wurde dann schnell deutlich, dass die seit Jahren stetig gewachsene Nachfrage nach Freizeitfahrzeugen nochmals deutlich an Fahrt aufgenommen hatte – auch durch die Einschränkungen bei anderen Reise- und Urlaubsformen."
Die Rekordzulassungszahlen aus den Monaten Mai, Juni, Juli und August belegen diese enorme Nachfrage eindrücklich. Beste Vorzeichen eigentlich für die wichtigste Messe der Branche, oder? Doch wie bei vielem in diesem verrückten Jahr veränderte Corona auch für den Caravan Salon in Düsseldorf die Bedingungen gravierend. Wie bereits im Mai von der Messe Düsseldorf und dem ideellen Träger des Caravan Salons, dem Herstellerverband CIVD, angekündigt, wurde der Messezeitraum um eine Woche nach hinten verschoben, um nicht mit dem Verbot von Großveranstaltungen bis Ende August zu kollidieren.
Zudem mussten umfassende, behördlich abgestimmte Gesundheitskonzepte, Hygienemaßnahmen und Platzanpassungen umgesetzt und die maximale Besucherzahl auf 20.000 pro Tag begrenzt werden. Einige Hersteller meinten darum, dass unter diesen Pandemie-Bedingungen keine erfolgreiche Messe möglich sei.
Einer der ersten Aussteller, die die Teilnahme absagten, war die Erwin Hymer Group, der größte und wichtigste deutsche Verbund mit den Marken Hymer, Bürstner, Dethleffs und vielen mehr. Weitere Unternehmen folgten dem Beispiel wie auch einige Zulieferer, etwa Dometic, Truma und Thetford. Die Folge: Die Messe verlor auch für Besucher an Attraktivität. Von im Vorjahr rund 600 Ausstellern bekannten sich 2020 nur noch etwa 350 zur Durchführung des Caravan Salon.
Am Ende durften die Messe Düsseldorf und der CIVD den Salon unter den gegebenen Umständen als Erfolg einsortieren, auch wenn statt der 270.000 Besucher 2019 im Corona-Jahr nur insgesamt 107.000 Personen die Eingangstore passierten. Für die Aussteller, die sich – meist nicht völlig ohne Bedenken – für eine Teilnahme am CSD entschieden hatten, lohnte sich unterm Strich aber die Teilnahme, da der Anteil der ernsthaft Kaufinteressierten de facto größer war als im Vorjahr.
Dennoch dürften auch die Absager ihre Entscheidung nicht völlig bereut haben. Neben den eingesparten Marketinggeldern verbuchten auch sie, trotz des Fernbleibens vom Caravan Salon, der als Verkaufsmesse für die Hersteller traditionell eine große wirtschaftliche Bedeutung hat, abermals gestiegene Umsätze.
Doch Corona beeinflusst das Messegeschehen auch weiterhin. Mit dem erneuten Ansteigen der Infektionszahlen nach dem Sommer wurden zahlreiche Herbstmessen wie die TC Leipzig abgesagt. Auch die CMT fand im Januar 2021 nicht in der gewohnten Form, sondern als Digitalevent statt.