Adria hat sich in bald 50 Jahren erst still und leise, dann immer offensiver von einem Billiganbieter zum Caravan-Produzenten der Mittelklasse und darüber hinaus gemausert. Aus der blitzsauberen Fabrik im slowenischen Novo Mesto rollen die Wagen in fast alle europäischen Länder hinaus. Adria zählt längst zu den großen Hausnummern in Europa. In Skandinavien tauchen die Caravans der Marke sogar regelmäßig ganz oben in den Zulassungsstatistiken auf.
Seine erfolgreiche Offensive reitet Adria auf dem Rücken großer Stückzahlen und verträglicher Preise, flankiert von Ideenreichtum. Das vielleicht beste Beispiel ist der Adria Adora 613 HT. Er kostet in Grundausstattung 18.699 Euro, überrascht mit einer außergewöhnlichen Raumaufteilung und hat seine Gene bereits an den sehenswerten Design-Caravan Astella Glam 663 HT vererbt.
Der Grundriss im Adria Adora 613 HT
Der Grundriss macht bei diesem Adora den Unterschied. Hinter der hochwertigen Doppeltür mit Fenster tut sich der überraschend üppige Wohnraum auf - die Hauptattraktion des 2,45 Meter breiten 613 HT.
Neben der Breite, die sich auf Reisen als gut beherrschbar herausstellt, ist es die oft zitierte offene Blickachse, die Bewegungsfreiheit nicht nur vortäuscht, sondern hier auch tatsächlich bietet. Vom Bug bis ins Heck stellt sich kein Möbelelement in den Weg.
Den größten Klotz, die Küche, pflanzt Adria in den Bug. Die riesige, in angenehmer Höhe positionierte Arbeitsfläche erstreckt sich von seitlich links bis zum Hauptkleiderschrank, der als Trennelement zwischen Kombüse und Eingang fungiert. In die hochglänzende Oberfläche der Küche integriert Adria neben dem kleinen Eimer für Küchenabfälle einen Dreiflammkocher mit quadratischem Kochfeld. Doch aus dieser Form zieht der Koch keinen Nutzen. Steht eine Pfanne auf dem größten Brenner, wird’s rundherum eng. Auch die Spüle erfüllt mit nur zwölf Zentimeter Tiefe und flachem Hahn keine Träume.
Stauraum und Innenraum im Adria Adora 613 HT
Im Küchenkorpus - drei kleine und ein großer Auszug, zwei Unterschränke sowie der Kühlschrank mit 96 Liter Volumen - dürften selbst ambitionierteren Köchen genügen. Aber es gibt nur einen Oberschrank in der Küche. Auch öffnet das kleine Fach unterhalb des Backofens ungeschickt nach unten. Deshalb ist seine Klappe stets in Gefahr, einen Tritt abzubekommen.
Die Beleuchtung mittels LED-Bändern ist gerade hell genug. Knapp bemessen ist die Stehhöhe: Wer über 1,90 Meter groß ist und nahe an der Küche steht, stößt mit dem Kopf an die Decke. Sie erreicht ganz vorn noch nicht die volle Höhe.
Serviert wird am Tisch, er steht inmitten einer geräumigen Polsterlandschaft. Sie formiert sich aus einem kurzen Sofa, einer L-Sitzbank und einem Beistellhocker. Damit sind die Reisenden sogar für den Fall gerüstet, dass die gesamte Verwandtschaft zum Kaffeekränzchen anrückt. Seine wahre Bestimmung entfaltet das Ensemble bei gemütlicher Zweisamkeit mit dem Hocker als Beinablage.
Wer hernach ins Bett, aber noch nicht schlafen gehen will, muss wissen, dass sich die beiden 2,0 und 1,89 Meter langen und jeweils 80 Zentimeter breiten Einzelbetten nicht zu einer großen Liegefläche verbinden lassen. Auch die Sitzgruppe da nicht wirklich weiter, muss doch sogar der Hocker mit dem Transportsicherungsband festgeschnürt werden, um eine halbwegs brauchbare Bettfläche zu erzielen.
Zwei weitere Kleiderschränke mit ausziehbaren Kleiderstangen schweben in gebührendem Abstand über den Fußenden der Einzelbetten. Aber nur Kleidung der Größe „S" hängt ohne Kontakt mit dem Schrankboden. Generell fehlt es nicht an geschlossenen Ablagen. Wohl aber an offenen: Lektüre, Brille, Wecker? Dafür ist rund um die Betten kein Platz.
Unter ihnen tun sich große Stauräume auf – willkommen als Gewichtsausgleich zur Küche – aber nur der linke verfügt ab Werk über eine Außenklappe. Drinnen schwenken die Lattenroste zwar nach oben, geben aber keine große Ladeluke frei. In den Bettkästen kommen rechts das 400 Watt starke Netzgerät und links die Truma- Therme unter. Das Netzteil hochkant an einem klappbaren Brett, die Therme von einem Edelstahlmantel geschützt.
Das Bad im Adria Adora 613 HT
Das Bad bildet den Schluss der Einrichtung. Es erstreckt sich über die gesamte Wagenbreite. Das Waschbecken steht mittig auf einem geräumigen Unterschrank mit Drucktastenschlössern an den Klappen. Links davon nimmt die Duschkabine eine Fläche von rund 70 mal 70 Zentimeter Fläche ein. Ihre Kunststoff-Teile sind gut angepasst, die Dichtungen sauber ausgeführt. Weil zwei Halogen-Spots in der Kabinendecke sitzen, ist die Stehhöhe knapp. Rechts im Bad steht frei und gut zugänglich die obligatorische Kassettentoilette.
Für Zu- und Abluft im Sanitärtrakt sorgen zwei Milchglas-Fenster, Pilzlüfter und, eher unfreiwillig, die Schiebetür, die schlecht schließt und deren Griff kaum zu fassen ist.
Es fehlt wenig, um das Raumkonzept des 613ers zu perfektionieren. Zum Beispiel Ablagen rund um die Betten. Sie wiederum dürften gerne beide zwei Meter messen und sollten zumindest gegen Aufpreis miteinander zu verbinden sein. Und wie wär’s mit einer Klappe für die Sitztruhe unter dem Sofa?
Zum gelungenen Konzept kommt beim Adora eine gekonnte Umsetzung. Der relativ günstige Adria Adora tritt serienmäßig mit einer Außenhaut aus zähem GfK an, die Isolierung besteht aus Styropor. Nicht begeistern können der einteilige Heckleuchtenträger und der etwas wabbelige Bugkastendeckel. Hinter ihm findet sich zwar viel Platz, aber auch ein einfacher Holzboden.
Handwerkliche Unsauberkeiten sind bis auf ein schief geklebtes graues Außendekorfeld nicht zu beanstanden. Auch drinnen fällt der Adora mit einer im besten Sinne routinierten Verarbeitung der Einrichtung auf.
Auch die Verlegung der Wasser-, Kabel- und Warmluftstränge ist gekonnt. Jedoch sind die Leitungen nur ungenügend gegen Verletzungen durch Ladung geschützt. Und noch etwas fällt auf: Der gesamte Bug ist zwar hinterlüftet, aber nicht von Warmluftsträngen durchzogen. Nur ein einziger Ausströmer gegenüber der Tür versorgt die Küche. Auch wegen seiner eher zierlichen Heizung – gemessen am stattlichen Format des 613 HT – lässt der Adora Federn.
Der Möbelbau ist grundsolide, die Beschläge der Schrankklappen von recht schlichter, aber funktioneller Art. Ein Wunsch zum Schluss: Weniger Klebestoffreste unter den Umleimern und besser versteckte Topfverbinder zwischen den Möbelteilen würden den Raum zum Leben noch ein ganzes Stück schöner machen.
Daten und Fakten: Adria Adora
Anzahl Grundrisse: 10
Aufbaulängen: 4,66 bis 6,35 Meter
Zul. Gesamtgewichte: 1200 bis 1700 kg
Preise Baureihe: 16.499 bis 19.799 Euro
Einordnung: Der Adora hat fünf Millimeter dickere GfK-Wände als die Baureihen Aviva Lite und Altea. Im Vergleich zum Top-Modell Alpina sind sie jedoch fünf Millimeter dünner. Bei der Dachstärke liegen Mittel- und Oberklasse gleichauf. Der Adora ist ab Werk praxistauglich ausgestattet. Sechs Grundrisse richten sich an Paare, vier mit Stockbetten an Familien.
Testwagen: Der 613 HT kam mit Comfort-Paket und wenigen Extras zum Test. Sein Grundriss stand Pate für den Design-Caravan Astella Glam.
Das fiel uns auf:
+ Abdeckbarer Müllschlucker in der weitläufigen und robusten Küchenarbeitsplatte.
+ Bequeme Betten mit aufstellbarem Kopfteil, aber keine offenen Ablagen für Bücher und Co.
+ Viel Stauraum in der L-Sitztruhe, aber abrissgefährdet verlegte Wasserleitungen.
+ Viel Stauraum und Schubladen mit Selbsteinzug. Stört: Nach unten öffnende Klappe.
+ TV-Platz über Abstellfläche mit Kabel-/Antennenkanal, jedoch nur eine 230-Volt-Steckdose.
- Transportsicherungsband für den Tisch nicht an der Sitztruhe, sondern an der Tischplatte.
Nachgefragt bei Kurt Manowski, Adria-Importeur Reimo
... zu den fehlenden Ablagen an den Betten: Adria wird noch innerhalb der laufenden Saison Abhilfe schaffen. Wahrscheinlich kleine Stofftaschen an der Wand.
... zur unbeheizten Küche und der „kleinen" Heizung: Die fehlende Hinterheizung der Küche habe ich an Adria weitergegeben. Dort wird man sicherleich eine Lösung erarbeiten, wenn dies nötig ist. Jedoch war die Heizleistung noch nie ein Kritikpunkt. Und in den Verkaufsstatistiken in Skandinavien ist das Modell Adora 613 HT unter den Top 3.
... zum Holzboden im Deichselkasten und dem einteiligen Leuchtenträger: Der leichte, haltbare Holzboden bewährt sich seit Jahren. Metallroste sind schwer, reduzieren die Zuladung und sind meiner Meinung nach ein Zeichen dafür, dass die Stützlast ohne zu gering ist. Plastikboden ist im Winter kritisch. Und zur Saison 2014 kommt eine neue Heckwand mit dreiteiliger Stoßstange.
Wertung: Adria Adora 613 HT
Sitzen: 4 von 5
Schlafen: 3,5 von 5
+ Großzügige Sitzgruppe mit bequemen Polstern. Einzelbetten mit aufstellbarem Kopfteil. Praktischer Beistellhocker.
- Hockerbefestigung fummelig, ein Bett unter zwei Meter lang, keine Ablagen in Bettnähe. Konzeptbedingt keine Bettverbreiterung.
Bad: 4 von 5
Küche: 4,5 von 5
+ Großzügiger, gut belüfteter Nassbereich mit Dusche. Große Küche mit viel Arbeitsfläche, Flammenzünder und Backofen.
- Nur eine Steckdose in der Küche, ein Unterschrank öffnet nach unten, eng stehende Herdflammen, recht kleines Spülbecken.
Möbelbau: 3 von 5
Wintertauglichkeit: 2 von 5
+ Grundsätzlich solider Möbelbau, gute Einpassung von Türen und Klappen. Überwiegend durchdachte Konzeption.
- Einfache Beschläge, Kleberreste an Umleimern. Keine Warmluftstränge hinter Küche und für Wagengröße relativ schwache Heizung.
Aufbau: 4 von 5
Bordtechnik: 3 von 5
+ Robuste GfK-Außenhaut, Truma-Therme mit Metallgehäuse geschützt, starker Umformer, servicefreundlich auf Klappe montiert.
- Schief geklebtes Dekor. Wasserleitungen und Kabel teils durch Ladung gefährdet, noch großer Anteil Halogenbeleuchtung.
Stauraum: 4 von 5
Zuladung: 3,5 von 5
+ Viel achsnaher Stauraum in Sitz- und Bettkästen.Praxistaugliche Zuladung.
- Bugküche bezüglich Stützlast heikel. Großer Zugwagen mit hoher Stützlast von Vorteil. Keine weitere Auflastung möglich.
Handling: 3,5 von 5
Sicherheit: 3 von 5
+ Gute Nachlaufeigenschaften durch tendenziell hohe Stützlast, tragfähige C-Reifen, Anti-Schlinger-Kupplung serienmäßig.
- Hinten zu tief montierte Rangiergriffe, Schlecht eingestellte Handbremse lässt Wagen am Berg zurückrollen.
Ausstattung: 4 von 5
Preise: 4 von 5
+ Praxisorientierte Serienausstattung inklusive GfK-Außenhaut, wichtigstes Zubehör in bezahlbarem Ausstattungspaket.
- Für Wintereinsatz tendenziell zu kleine Serienheizung, Paket-Zukauf nötig.
Fazit
Das Konzept des Adora 613 HT überzeugt, könnte aber Feinschliff vertragen. Mir fehlen Ablagen rund um die Betten, Steckdosen dort, wo sie gebraucht werden, und Warmluft im Bug. Trotz einfacher Beschläge ist das Mobiliar solide. Das etwas nachlässige Finish fällt angesichts des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses weniger ins Gewicht.