Bei Licht- und Möbelgestaltung ist die zweitteuerste Tabbert-Baureihe auf jeden Fall ganz vorne dabei. Doch gilt das auch für Technik, Qualität und Ausstattungsniveau des Doppelachsers?
Bei Licht- und Möbelgestaltung ist die zweitteuerste Tabbert-Baureihe auf jeden Fall ganz vorne dabei. Doch gilt das auch für Technik, Qualität und Ausstattungsniveau des Doppelachsers?
Zwar markieren bei Tabbert die Modelle Cellini 655 DF und 750 HTD Slide-Out die eigentliche Spitze des Programms, doch mit 61.900 und 79.900 Euro entschwinden die beiden in schwer erreichbare Sphären. Dass Tabbert in der Lage ist, luxuriöses Ambiente auch zu bodenständigeren Preisen zu realisieren, zeigt der neue Puccini. Damit die Pracht auch Raum hat, sich zu entfalten, haben wir den jüngst auf der CMT präsentierten 655 EL zum Test geladen: Mit rund 7,20 Meter Aufbaulänge ordnet der sich exakt in der Mitte der Baureihe ein, ist der kürzeste der drei Tandemachser. Trotzdem ist der 655er serienmäßig nur ein Zweitonner – wer kaum Extras wählt, kommt damit gerade so klar. Doch erst die Auflastung um 500 Kilo bringt Wahlfreiheit aus den vielen Optionen.
Bei den Wänden setzt Tabbert auf ein klassisches Sandwich aus Aluminium, EPS-Schaum und Sperrholz innen. Eine traditionelle Besonderheit ist das Dach: Auf Holz-EPS-Holz-Sandwich liegt ein wärme- und schalldämmendes Mineralwollvlies, das vom GfK-Dach überspannt wird. Stolze 1990 Euro verlangt Tabbert für den "Top-Value-Technology"-Aufbau – doch hinter dem großen Namen steckt lediglich eine XPS- statt EPS-Dämmung im Boden, und in den Seitenwänden werden die Holzleisten nur teilweise durch PU-Profile ersetzt.
Das Maßband fördert gleich zu Beginn eine Überraschung zutage: Die Einzelbetten im Bug profitieren nicht von der beträchtlichen Länge des 655 EL: Mit 1,94 Metern ist das linke Bett sogar noch zehn Zentimeter länger als das rechte. Kürzere Menschen mögen darüber lachen, doch in der Supertest-Wertung gibt es dafür einen Malus, den selbst der exzellente Komfort der 90 Zentimeter breiten Watergel-Matratzen auf Federteller-Rosten mit verstellbarem Kopfteil (allesamt Optionen) nicht komplett ausgleichen kann. Immerhin: Für 328 Euro schließt ein Rollrost samt Einlegepolster die Lücke zwischen den Einzelbetten zur Großliegefläche für Schrägschläfer.
Wer kein Bugfenster braucht, freut sich über den hübschen hinterleuchteten Deko-Spiegel am Betthaupt, das mit einem Nachtkästchen links und rechts möbliert ist. Darin verborgen sind je eine 230-Volt-Steckdose. USB-Anschlüsse halten die Sockel der Leseleuchten vor. Die Ablagen unter den Schlafzimmer-Deckenschränken werden von den Dachschrankklappen mit abgedeckt, sind ergo im Liegen nicht erreichbar. Aber Ablagen gibt es ja auch so genug.
Auch das schicke Bad ist gemessen an der Wagengröße klein. Fakt ist aber auch: Campingplatz-Nutzern offeriert es mit Toilette, Waschbecken, großer Spiegelfläche und ausreichend Stauraum alles, was man für die Hygiene-Grundversorgung braucht. Die Bodenwanne erleichtert zumindest die Badreinigung, die aufgrund der Raumgröße obsolete Brause würde 254 Euro Aufpreis kosten. Wo steckt dann die Länge? Die Antwort: Der linke Schenkel der hochwertig, passgenau und bequem gepolsterten Sitzgruppe ragt zwei Meter in den Raum, die daran anschließende L-Küche mit dem massiven Thekenelement beansprucht 1,69 Meter der Innenlänge und der doppeltürige Kleiderschrank mit Unterfach weitere 72 Zentimeter. Dann kommt, getrennt durch die zweisegmentige Holzschiebetür, das linke Einzelbett.
Rechts machen sich Bad und die wuchtige Schrankwand breit, die es in sich hat – oder haben könnte: Sie nimmt den beidseitig öffnenden Kühlschrank auf, hat im Oberstübchen Platz für einen Auszug samt 21,5-Zoll-Bildschirm, hält links daneben noch Raum für Backofen oder Mikrowelle vor oder trägt einen alternativen 32-Zoll-Fernseher dort, wo jetzt das offene Regal sitzt. Des Weiteren ist in die Schrankwand ein Apothekerauszug, ein weiterer Kleider-/Wäscheschrank und eine Art Gewürzregal integriert. Ohne die genannten Extras hat das Möbel zwar viele, nicht aber ideal für andere Sachen nutzbare Fächer.
Der Küchenkorpus gegenüber beherbergt drei stabile Schubladen mit Selbsteinzug und Hakenschloss, der Thekenunterbau einen großen Schrank mit Einlegeboden sowie an der Stirnseite eine Vitrine für drei bis vier Flaschen. Clou: Den "Bauch" der Theke macht Tabbert über eine Klappe von außen zugänglich. Und trotzdem fehlt ein Mülleimer. Der Oberschrank besteht aus zwei Dachstauschränken hinter einer gemeinsamen Klappe. Sie allein verrät viel über den Möbelbau des Puccini: Weil sie lang und schwer ist, wird sie von fünf Scharnieren gehalten, die längeren Schlafzimmerklappen von je drei und die kürzeren über der Sitzgruppe von zwei. Dabei nutzt Tabbert jedes Bohrloch für eine Schraube. Ergebnis: Alle Klappen sitzen passgenau und fest.
Spannend sind auch Formgebung und Materialmix der Fronten: Eine Plexiglasleiste zwischen gewölbtem Oberteil und als wuchtige Griffschale ausgeformtem Unterteil wird von sauber in Fräsnuten versenkten, gummierten LED-Bändern durchleuchtet. Auch der Lichtbogen, der sich über den Eingang spannt, sorgt für edles Ambiente. Dass hinter den opulenten Klappen konservativer Möbelbau steckt, spielt keine Rolle, weil Stabilität, Ausführung und Konstruktion ohne Fehl und Tadel sind: Die Möbelverbinder wurden alle versteckt, Löcher für verstellbare Regalböden gebohrt und alle Umleimer sauber aufgeklebt. Lediglich viele mit Dekorkonfetti abgedeckte Schrauben bleiben sichtbar. Und: Im Bug fehlen Schottwände an den Oberschränken, wodurch Kleinzeug tief Richtung Seitenwände verschwinden kann. Der Puccini hat das Zeug, ein langjähriger Begleiter zu sein.
Der Puccini ordnet sich preislich knapp über dem variantenärmeren, ohne ATC ausrückenden Fendt Diamant und ziemlich genau auf dem Niveau des warmwasserbeheizten Adria Alpina ein – eine nachvollziehbare Positionierung. Die aufwendige Möbel- und Lichtgestaltung, die Combi-6-Heizung, das elektronische Stabilisierungssystem ATC, der GPS-Tracker und die Fußbodenerwärmung sind Insignien der Oberklasse. Und dennoch zeugen zwei Seiten Optionen und fünf sinnvoll geschnürte Pakete von Ausstattungslücken, die nicht geschlossen werden müssen, aber geschlossen werden wollen. Empfehlenswert: das Premium-Interieur-Paket, das 12-V-Versorgungspaket oder gleich das teure, aber pralle Allrounder-Paket.
Grundpreis: 39.949 Euro
mit TÜV und Zulassungsbescheinigung II (199 Euro)
Testwagenpreis: 47.586 Euro
Mit Auflastung auf 2,5 Tonnen ist die Zuladung groß. Selbst wer einen ausschweifenden Einkaufsbummel macht und zusätzlich das 12-Volt-Versorgungspaket, das Allrounderpaket und die Markise wählt, dürfte mit der verbleibenden Nutzlast klarkommen.
Sperriges Gepäck passt unter die Bugbetten. Deren Bodenfläche ist fast vollständig nutzbar, dort verlegte Stromleitungen sind in Kabelkanälen ordentlich geschützt, die Ablassventile des Wassersystems mit einem Abscherschutz aus umbaut. Die Wasserleitungen verlaufen Huckepack auf den Warmluftrohren. Serienmäßig ist nur die Serviceklappe rechts, die linke kostet extra. Die Sitztruhen sind naturgemäß nicht so leicht zugänglich wie die Bettkästen, zudem kosten Heizung und Wassertank ein wenig vom vielen Platz unter den Sitzpolstern – doch die Klappe in der Stirnseite ermöglicht den Schnellzugriff auf einen Teilbereich.
Wie erwähnt ist ein Teil der Küchentheke von außen erreichbar – ideal als Regal für Wanderschuhe und Co. Dass alle Türen und Klappen mechanische Riegel haben, gibt ebenso Pluspunkte wie das Fahrstabilisierungssystem ATC, die Stützlastwaage und die selbstnachstellende Premium-Brake von Chassis-Zulieferer Alko.
Fahrdynamisch ist der 655 EL, ein potentes schweres Zugfahrzeug vorausgesetzt, völlig easy. Kritisch hingegen sind die mit flachen Reifen besohlten 17-Zoll-Felgen: Schon ein normaler Bordstein richtet die Felge übel zu. Überzeugend sind Tragfähigkeit und junges Alter der Hankook-Ventus-Prime-Pneus.
Wenn Caravans mit der Combi-Heizung von Truma ausgestattet sind, wünscht man sich dazu eine Bordbatterie oder zumindest eine Batterievorbereitung und einen Gasdruckregler mit Crashsensor – andernfalls ist der Heizbetrieb nur im Stand und mit Stromanschluss zuverlässig möglich. Natürlich gibt es für den Puccini auch die volle Autark-Packung, aber eben nur gegen Aufpreis. Die Heizung, die den Innenraum trotz nur fünf Ausströmern effektiv und gleichmäßig beheizt, ist serienmäßig an eine iNet-Box gekoppelt. Das Heizungsbedienteil CP Plus im Eingangsbereich steuert auch die Dachklimaanlage. Der simple und zudem optionale Wassertank-Füllstandsanzeiger daneben ist in einem Oberklassewagen des Modelljahres 2020 fehl am Platz. Ein modernes Zentraldisplay gibt es nicht.
Dafür ist die Beleuchtung ab Werk opulent. Alle Lichtschläuche sind dimmbar, und das Hauptlicht lässt sich an allen Tast-Schaltereinheiten löschen, sprich von Eingang, Küche, Schlafzimmer und sogar vom Bad aus. Die Sache mit den Effekten ist Tabbert gelungen, die Effizienz des Kunstlichts nicht überall: Im Schlafzimmer herrscht Schummerlicht, einzig die Küche verdient sich die Topwertung.
Die Installation der Bordtechnik ist handwerklich tadellos, nur sind die Warmluftrohre nicht überall vor der Ladung in den Stauräumen geschützt. Umformer und FI-Schutzschalter kommen übersichtlich in einem Zwischenfach im Kleiderschrank unter, der Transformator für die Fußbodenerwärmung darunter. Der 45-Liter-Wassertank sitzt wie ein Trimmgewicht ganz hinten in der linken Sitztruhe, ist dort für den Service trotzdem gut erreichbar. Noch ein Wort zur Stromversorgung: Beim Testwagen fehlte eine Steckdose in der Sitzgruppe. Doch die soll es in der Serie geben, verspricht Tabbert.
Schade, dass Tabbert die Rahmenfenster nicht mit Plisseerollos kombiniert – die Rastrollos, bei denen Fliegenschutz und Verdunklung zusammengeklippst werden, könnten fummeliger nicht sein.
Gleichmäßig, aber nicht übermäßig hell ausgeleuchtet ist die Sitzgruppe. Die Bad- und Spiegelbeleuchtung genügt fürs Frisieren/ Rasieren/Schminken. Die Küche ist auch in Sachen Licht das Aushängeschild des Puccini 655 EL – grün! Nun muss ja so ein Schlafzimmer nicht gleißend hell sein. Aber ein wenig mehr Lichtpower wäre schon gut.
Toilette mit eigenem Spülwasservorrat erfreut Wintercamper, der abgedichtete Schacht alle.
Die 17-Zoll-Räder sind schick und sorgen für Top-Fahrverhalten, sind aber sehr gefährdet und schwer.
Die Schrankwand ist für TV und Ofen vorbereitet. Wer das nicht will, kann die Fächer kaum nutzen.
Durch den Küchenbaldachin über dem Dachstauschrank ragt die geöffnete Klappe in den Kopfbereich.
Die Verdunklungs- und Fliegenschutzrollos mit dieser Verbindungsleiste rauben den letzten Nerv.
Armin Mäder, Markenleiter bei Tabbert, nimmt Stellung ...
... zu den kurzen Einzelbetten: Bisher haben wir hierzu keine negativen Rückmeldungen von unseren Kunden erhalten. Vielmehr gab es vereinzelt Hinweise auf eine zu geringe Breite. Das haben wir beim aktuellen Puccini deutlich verbessert.
... zur fehlenden Bordbatterie bzw. Batterievorbereitung: Nach unseren Erfahrungen steht die Mehrzahl unserer Kunden auf dem Platz am Landanschluss. Darum ist das 12 Volt-Versorgungs-Paket ein Sonderwunsch – da sonst die Mehrzahl der Kunden ein für sie nicht nötiges Feature im Fahrzeug verbaut hätten, das zu Mehrgewicht und höheren Kosten führen würde.
... zur mauen Lichtsituation im Schlafzimmer: Wir haben bei der Konzeption im Schlafbereich bewusst ein dezent behagliches Lichtszenario gewählt, erkennen aber, dass es gelegentlich auch etwas mehr Beleuchtung sein darf. Wir werden hier zeitnah die Lichtsituation optimieren.
Preise: 33.750–42.950 Euro
Aufbaulängen: ca. 6,10–7,84 m
Gesamtgewichte: 1800–2500 kg
Max. Auflastungen: 2000–2760 kg
Grundrisse: 5
Ähnlichkeiten unter den fünf Geschwistern sind deutlich: Alle sind 2,50 Meter breit, haben wuchtige Rundsitzgruppen und zeigen Familien mit Kindern die kalte Schulter. Die Einachser 550 E (33.750 Euro) und 560 TD (34.250 Euro) sind uneingeschränkt, der 655 EL noch bedingt reisetauglich. 685 DF (39.750 Euro) und 750 HTD sind Grenzgänger zwischen Touristen- und Standwagen. Deutlich machen das auch die optionalen Möbelvariationen: Im 685er können Kunden Sideboard oder Kleiderschrank statt der Dusche wählen, im Heckbad des 750 HTD kann die Toilette sogar durch ein Sideboard ersetzt werden.
Wohnen: 4,0 von 5 Punkten
Große, bequem gepolsterte Sitzgruppe mit stabilem Tisch auf Einbeingestell.
Große, gut beleuchtete Küche mit viel Arbeitsfläche und Stauraum.
Kompakter, aber schicker Sanitärraum.
Möbelbau mit überwiegend sehr guter Verarbeitung, solider Konstruktion mit versteckten Möbelverbindern, guten Beschlägen und edlem Design.
Kurze Einzelbetten, vor allem rechts.
Kocher nur für max. 25-cm-Pfannen geeignet, einfache Spüle mit Klapphahn.
Kompaktes Bad mit Mittelklasse-Ausstattung (o. Seifenschale/Becherhalter)
"Tote Ecken" in Bug-Dachschränken.
Reduzierte Stehhöhe unter Klimaanlage. Bug-Dachschränken
Preis & Service: 3,3 von 5 Punkten
10 Jahre Dichtheitsgarantie.
Sehr viele Extras/Pakete ab Werk erhältlich.
Keine Bordbatterie serienmäßig.
Viele in der Oberklasse gern gewählte Ausstattungsdetails kosten extra.
Beladen: 4,6 von 5 Punkten
Praktisches Außenfach im Küchenkorpus.
Sichere mechanische Schlösser an allen Türen und Klappen.
Sehr viel Schrank- und Stauraum.
Schrankwand ohne TV-Gerät oder Backofen/Mikrowelle nicht ideal genutzt bzw. brauchbar.
Auflastung auf 2,5 Tonnen eigentlich unabdingbar.
Fahren: 4,2 von 5 Punkten
Serienmäßiges elektronisches Stabilisierungssystem.
Hohe Spurtreue und sehr sanft einsetzende, vehemente Bremswirkung.
17-Zoll-Felgen mit Niederquerschnittsreifen werden zu leicht beschädigt und sind viel schwerer als die serienmäßigen Stahlfelgen.
Ohne Rangiersystem kaum zu bewegen.
Schlecht erreichbare Kurbelstützen-Sechskante hinten.
Technik: 3,8 von 5 Punkten
Exzellente und vollständige Sicherheitsausstattung.
Starke Heizung serienmäßig.
Aufwendiges Lichtsystem, alle Lampen dimm- und von überall aus schaltbar.
Wände könnten dicker sein, EPS-Dämmung alternativlos.
Keine zentrale Systemsteuerung erhältlich.
Fummelige Rastrollos.
Der macht viel richtig – Beim Puccini treffen sehr gute Verarbeitung und feines, in Sachen Lichtdesign sogar unvergleichliches Ambiente auf eine Ausstattung, die dem Oberklasseanspruch nicht flächendeckend gerecht wird. Beinahe alles, was man bei 40.000 Euro Grundpreis erwarten würde, kostet noch mal Aufpreis. Die Sicherheitsausstattung indes ist vorbildlich. Und: Tabbert schnürt die vielen verfügbaren Extras zu sinnvollen Paketen. Weil der 655 EL zwar nicht alles perfekt, aber wenig falsch macht, sammelt er am Ende ordentlich Punkte. Der Grundriss des 655 EL setzt seine Schwerpunkte beim Küchenkomfort, bei der Sitzgruppe und beim Stauraum. Betten und Bad sind gemessen an der Wagengröße eher kompakt.