Notin Résidence und Citroën ID Break sind für Marion und Jürgen Czajkowski schlicht das „Sommergespann“. Der charmante Name passt, dieses mobile Traumduo steht für Lebensfreude und Nostalgie gleichermaßen.
Notin Résidence und Citroën ID Break sind für Marion und Jürgen Czajkowski schlicht das „Sommergespann“. Der charmante Name passt, dieses mobile Traumduo steht für Lebensfreude und Nostalgie gleichermaßen.
Natürlich kennt man in der Campingszene die Marke Notin, wenn auch eher für hochwertige Wohnmobile. Doch einst hat sich die Caravanschmiede aus Panissières westlich von Lyon mit Wohnwagen wie diesem Résidence 400 selbst ein Denkmal gesetzt. Denn verbaut wurde nur, was solide und robust ist, frei nach dem Motto „Metall statt Plastik, Eiche statt Nadelholz“. Auf das Gewicht wurde keine Rücksicht genommen. „Alles wurde auf Haltbarkeit getrimmt“, weiß Jürgen Czajkowski. „Habe selbst diverse Bohrer im Eichengebälk abgebrochen“, fügt er schmunzelnd hinzu.
Gefertigt – nein, besser erschaffen – wurde dieser Notin 1974: Eine Ente gab es laut Preisliste vom 2. Dezember jenen Jahres für 5490 Mark, die zeitlos schöne Citroën DS ab 14.390 Mark. Und der Notin? Der kostete rund 16.000 Mark. Wer so viel Geld auszugeben bereit war, der durfte auch was erwarten – und wurde im Falle des Résidence 400 nicht enttäuscht. Selbst heute noch vermag der mit versenkbaren Echtglasfenstern ausgestattete, schon leer 900 Kilo schwere Notin zu überzeugen. Die Benennung „400“ bezieht sich auf die Aufbaulänge in Zentimetern. „Erkennbar sind die 400er an den sechs charakteristischen Scheiben im Laternendach“, erklärt Jürgen, der seit langem ein Faible für die motorisierten und unmotorisierten Fahrzeuge unserer französischen Freunde hat.
Auch ist dieser Notin nicht sein erster, doch war der bis 2013 gefahrene kleine Bruder auf Dauer, ja nun, zu klein eben. „Und dann fand ich tatsächlich dieses Schmuckstück in der Nähe von Angers im Anjou, ein echter Glücksfall!“ Denn wirklich gute Exemplare sind auch in Frankreich teuer und rar, und zumeist landen die längst als Sammlerstücke anerkannten Preziosen gar nicht auf dem freien Markt. Was man leichter findet, das sind verlebte Modelle – auch der beste Caravan wird irgendwann mürbe, steht er über Jahre in salziger Meeresbrandung oder auf der feuchten Weide. „Der erste Blick sollte immer ins Außenfach gehen, der Rahmen ist hier zwar aus Hartholz gefertigt, aber trotzdem gefährdet“, weiß Experte Czajkowski.
Der Notin hat einen Stahlrahmen im Boden und in den Wänden, an dem eichenhölzerne Gefache am gewölbten Bug, in der Laternenstruktur oder eben im Kellergeschoss ansetzen. Verkleidet wurde alles mit Aluminiumblechen, „wobei ich die Lackierung 2013 erneuert habe, die war stark abgenutzt“, erinnert sich Jürgen. „Einmal mit der Hand drüber, schon hatte man Farbe abgetragen.“ Im Inneren hingegen zeigte sich der Wagen in fulminantem Bestzustand, die Möbel mit einer wirklich guten Politur zu bearbeiten genügte.
„Und das war auch ein Glück, denn im Notin braucht man nicht mal daran zu denken, eine Klappe zu tauschen.“ Das liegt an der kunstvollen Schreinerarbeit: Die Klappen wurden aus dem Gesamtstück herausgesägt, weshalb auch die Maserung des Furniers durchgehende Flächen bildet. „Darum passen die Klappen niemals in den Ausschnitt einer anderen Klappe“, erklärt Jürgen den charmanten Fanatismus, der sich in diesem Original so eindrucksvoll zeigt.
Dass von Anfang an auf Qualität geachtet wurde, das sieht man auch an der Bordtechnik: Weder die elektrische Wasserpumpe noch der Kühlschrank oder die Heizung mussten ersetzt werden, es reichte eine gründliche Reinigung. „Bei der Bremse habe ich jedoch schon aus Sicherheitsgründen eine Generalsanierung durchgeführt. Jetzt verzögert die Hydraulikbremse wieder wie am ersten Tag.“
Moment, Hydraulikbremse? Jawohl, Hydraulikbremse! Dieser Notin ist alleine darum eine Rarität, weil das original verbaute Bremssystem sowohl zugelassen als auch voll funktionsfähig ist. Die Funktion ist genial: Am Zugfahrzeug sitzt ein Geberzylinder mit einer Betätigungsstange, die ausfährt, sobald das Bremspedal getreten wird. Ist das passende Gegenstück des Notin eingerastet, entsteht im Nehmerzylinder der identische Bremsdruck, der durch ein eigenes Hydrauliksystem Wirkung entfaltet. Es werden also keine Flüssigkeitskreisläufe zusammengeschlossen, sondern mittels einer Mechanik gekoppelt. „Das System funktioniert traumhaft“, versichert Jürgen, der etliche Wochen darauf verwenden musste, bis es behördlich freigegeben war. „Zumeist müssen diese Bremsen ausgebaut werden – meine durfte bleiben. Allerdings darf ich ihn nur mit exakt diesem Citroën ziehen.“
Eine Einschränkung, mit der sich leben lässt, seit 2013 waren Marion und Jürgen Czajkowski jedes Jahr unterwegs, und stets auch in Frankreich. „Provence, Mittelmeer, Bretagne, weniger als 6000 Kilometer sind wir in keiner Saison auf der Piste, und das zumeist auf Nebenstraßen.“ Das Sommergespann ist dabei stets ein Blickfang, alleine das recht seltene Zugfahrzeug – ein Citroën ID in der Kombivariante „Break“ mit originalem Dachträger – erregt Aufsehen. Dann noch der Notin, und fertig ist das französische Traumpaar.
Einen Spitznamen hat Jürgen diesem Duo nie gegeben, diese unter Oldiebesitzern verbreitete Sitte findet er obskur. Verliebt hat er sich dennoch in das klassisch-weiße Gespann, das ihm schon viele positive Begegnungen eingebracht hat. „Einmal traf ich auf dem Campingplatz in Auxerre eine Fünfergruppe mit Oldie-Wohnwagen, darunter auch zwei Notin, das war schon drollig“, erinnert er sich, um dann etwas nachdenklich zu werden.
„Bei einer anderen Gelegenheit kam eine ältere Dame auf uns zugestürzt, als sie das Gespann sah. Sie hat dann erzählt, dass sie über Jahrzehnte alle Familienurlaube ausschließlich in verschiedenen Notin-Caravans unternommen hätten. Das war richtig rührend.“ Man merkt es Jürgen an, dass ihm in just jener Begegnung klar wurde, alles richtig gemacht zu haben. Aber so wurde ja auch schon in Panissières gearbeitet: Man hat einfach alles richtig gemacht, damals. Eine größere Auszeichnung gibt es wohl nicht für einen Caravan.
Notin Résidence 400
Seitdem Francis und Joseph Notin 1921 begannen, Reisefahrzeuge zu bauen, wurde auf Qualität geachtet. Den Anfang machten Spezialanfertigungen für Schausteller, 1934 kamen die ersten Wohnwagen mit den berühmten Oberlichtern ins Spiel. 1949 rollt das erste Wohnmobil aus den Werkshallen von Panissières, wo schon Anfang der 70er rund 2000 Campingfahrzeuge wie der Résidence 400 pro Jahr entstehen. Für ein gutes Exemplar muss man heute etwa 15.000 Euro anlegen, mäßig gute Notin liegen knapp fünfstellig: Längst ist die zu Trigano gehörige Marke unter Sammlern ein Geheimtipp.
Citroën DS/ID Break
Am 1. Oktober 1955 wurde ein Auto enthüllt, das die Konkurrenz um 20 Jahre älter aussehen ließ: die ikonische Citroën DS. Bereits am ersten Abend sollen 12.000 Bestellungen eingegangen sein. 1957 folgte mit dem ID quasi die Einsteigerversion, die als Kombi „Break“, eine rare Erscheinung darstellt.