Impressionen eines ungewöhnlichen Traktor-Gespanns

Impressionen eines ungewöhnlichen Traktor-Gespanns Mit 20 km/h durch Deutschland

Viele Männer träumen von einem Traktor – Bernd Düker fährt mit seinem sogar in den Urlaub. Und das gerne und regelmäßig. Ein alter Bauwagen dient ihm dabei als famoses Zuhause auf Rädern.

Traktor-Gespann Heiko P. Wacker
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Traktor-Gespann 11 Bilder

Keine Frage: Bernd Düker hat viel gesehen von der Welt, mit seinen 83 Jahren schaut er auf ein schwer zu überbietendes Repertoire an Lebenserfahrung. Seine Freizeit indes reservierte er für eher "erholsame Hobbys", wie er sie nennt. Als Rentner weilte er zehn Jahre in Griechenland, segelte ein halbes Jahr mit einer Replik der Santa Maria über das Mittelmeer.

"All meine Schiffe waren Oldies oder mit einem Oldie vergleichbar", betont er. "Ich bin sehr gerne mit diesen ruhigen Vehikeln unterwegs gewesen." Ein zwischenzeitlich verstorbener Freund, seines Zeichens bayerischer Schiffsbauer, hatte die Kopie von Christoph Kolumbus’ Flaggschiff erschaffen. Warum? Das weiß niemand.

Unterwegs mit "le tracteur" – dem Renault-Oldie

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Heiko P. Wacker
Den schicken Renault gibt er nicht mehr her, auch den Bautz besitzt er noch. Etliche andere Oldies hingegen hat er jüngst verkauft.

Vor diesem Hintergrund versteht man auch den Sinn des aktuellen Gespanns, das optisch vom Renault 461D dominiert wird, schmuck steht der französische Oldie in tadellosem Erstlack auf den rustikalen Pneus. Schon während der letzten Segeltörns begann die Idee zu einem Traktorgespann zu wuchern, "in meinem gesetzten Alter wollte ich aber auch wieder heim", betont Bernd Düker, der die Rhön ebenso liebt wie Mainfranken.

Regionen ohne Extreme also, die er bald mit einem Bautz 200 bereiste, einen knuffigen Eriba Puck am Agrarhaken. Den einst im oberschwäbischen Saulgau gefertigten Schlepper besitzt Bernd Düker heute noch, auf Reisen geht er jedoch lieber mit dem französischen Glücksfund. "Der Renault hatte die meiste Zeit in einer trockenen Scheune zugebracht und war tadellos in Schuss", freut sich der stolze Besitzer, wobei betont sei, dass es auch "le tracteur" kaum besser hätte erwischen können.

Wirklich schwer arbeiten muss der 1980 gebaute Oldie nämlich nicht, den Bauwagen zieht er locker durch die Landschaft. "Den Hänger hab ich mir vor fünf Jahren nach meinen Bedürfnissen ausgebaut", mit Freude bittet er zur Besichtigung. Vorne quer ein formidables Bett in Hotelqualität, links ein Sessel, wie er einem Großvater gebührt, rechts das kleine Bistro für zwei Personen am Fenster – und wachend über all der Pracht "mein Lüsterweib aus dem Hotel Schwane in Volkach", freut sich der Mann im Hause und gibt der schwebenden Holzfigur einen kleinen Schubs.

Ob die Dame im Hotel vermisst wird, sei einmal dahingestellt. Ohnedies hat Bernd Düker hier gewisse Heimvorteile, das Romantik Hotel "Zur Schwane" mit seinen beiden Restaurants wird von Sohn Ralph und dessen Gattin Eva geführt, auch die Geschicke des Weinguts Schwane obliegen den beiden.

Und natürlich legt auch der Traktorist Wert auf gediegene Kulinarik, ganz besonders große Freude hat er am fränkischen Silvaner, mitgeführt selbstverständlich im Bocksbeutel, jener charakteristischen Flaschenform besonders hochwertiger Frankenweine. "Aber gut gekühlt sollte er sein", betont Bernd Düker und nimmt eine Flasche aus der Kompressor-Kühlbox, die ebenso aus der 100 Ah großen Aufbaubatterie gespeist wird wie die Innenbeleuchtung oder die Bose-Musikanlage, mit der sich wohl auch ein Dorffest beschallen ließe.

Nachgeladen wird via Solarpanel auf dem Dach, wahlweise auch immer dann, wenn der Bauwagen am Landstrom hängt. "Dann ist auch der Elektro-Heizlüfter am Start, auf eine Gasanlage habe ich ganz bewusst verzichtet."

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Heiko P. Wacker
Welch eine lauschige Stube auf Rädern! Dem vielleicht 1100 Kilo schweren Bauwagen fehlt nur noch ein offener Kamin als Ergänzung zum Sessel, wie er einem echten Großvater gebührt.

Ohnedies tingelt Bernd Düker während seiner zumeist zwei Wochen dauernden Reisen über kleine Campingplätze auf dem Land, auch auf eine Wasseranlage konnte er deshalb verzichten, für unterwegs ist immerhin ein Porta Potti an Bord. Und auch eine normale Küche fehlt. Für sommerliche Abende lagert ein veritabler Grill im Bugkasten, dessen Platte aus feuerfestem Material besteht, auf dass der Grill einen soliden Stand habe.

Sein Motto: Langsames Reisen

Nach dem Rundgang setzen wir uns ein wenig vor den Bauwagen, genießen den Spätsommer. Bernd Düker wird nachdenklich. "Wissen Sie, ich war mein ganzes Leben unterwegs, habe auch beruflich die ganze Welt gesehen." Der gelernte Eisengießer berichtet ein wenig von seiner ebenso vielschichtigen wie interessanten Arbeit als Teilhaber der Eisenwerke Friedrich Wilhelm Düker GmbH. "Nach einem Firmenwechsel war ich dann CEO bei einer Division der britischen Firma Burmah-Castrol und dort verantwortlich für fünf Firmen im entfernten Ausland und in Europa.

Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass mir meine Heimat dann doch am besten gefällt. Wir haben ein wunderschönes Land, eine phantastische Gastronomie. Und deshalb gibt es im Bauwagen auch höchstens mal ein Frühstück oder eine Brotzeit." Er streckt die Beine aus, schließt die Augen: "Wenn ich mit dem Gespann unterwegs bin, dann steht der Genuss im Vordergrund – das passt zum Konzept einer langsamen Reise", meint der Diplom-Ingenieur.

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Sylvia Mutter
Der 83-Jährige liebt das Tingeln über kleine Campingplätze. 2022 plant er eine Reise entlang der Romantischen Straße.

Diese läuft in einem Tempo ab, die man euphemistisch als die "Hektik der Fruchtfolge" bezeichnen könnte. Und dank der enormen Bodenfreiheit dürfen die Wege auch mal schlechter sein, der Renault kämpft sich durch. Die Winde an der Front allerdings, die wurde für andere verbaut: "Was meinen Sie, wie viele festgefahrene Wohnmobile ich schon aus feuchten Wiesen gezogen hab! Da hab ich mir vor einer Weile diese Seilwinde gegönnt."

Die ist in mehrfacher Hinsicht sinnvoll. Zum einen sind pro Bergung zehn Euro fällig, die Düker komplett dem Volkacher Waldkindergarten spendet. Zum anderen würde es kaum ins Konzept dieses Gespanns passen, artete eine so schnöde Tätigkeit wie ein Bergevorgang in Stress aus. "Das sehen Sie doch auch so, oder?", fragt Bernd Düker und zwinkert. Und greift endlich zu Bocksbeutel und Korkenzieher.

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