„Gewicht und Zuladung sind ein permanenter Schmerz“, bringt Volker Eckle, Vice President Vorentwicklung bei Alko, die Herausforderung auf den Punkt. Die Konsequenz: Das neue „Leichtbau-Tragstruktur-Konzept für Caravans“, das unter dem griffigeren Namen Vario X zum Modelljahr 2020 wohl in einigen neuen Caravans debütieren wird, musste bei gleicher Gesamtsteifigkeit mindestens 20 Prozent Gewicht verlieren. „Allerdings ohne Achse“, betont Eckle. Denn die bisherigen gummigefederten Achsen werden ohne Änderungen übernommen.

Dieses Ziel wird laut Alko erreicht: Bei einem Caravan mit 1700 Kilogramm zulässiger Gesamtmasse beträgt die Gewichtsersparnis rund 25 Kilogramm beziehungsweise sogar 30 Prozent – in den Rahmenteilen ohne Achse. „Je länger das Chassis, desto größer ist die Gewichtsersparnis“, ergänzt Maximilian Zimmermann, der maßgeblich an der Entwicklung des Vario X beteiligt war. Von bis zu 30 Kilogramm weniger wird bei einem großen Zweitonnen-Chassis gemunkelt.
30 Prozent weniger Stahl dank Bionik
Diese Zahl würde mit einem anderen Wert korrespondieren: Rund 30 Prozent Stahl konnten laut Alko an den vier Rahmenteilen eingespart werden. Und das glaubt man auf den ersten Blick. Denn wo immer möglich, werden die Längsträger ausgestanzt und -gelasert. Form und Muster haben dabei nicht Designer festgelegt, sondern Mutter Natur. Die Stege zwischen Rahmenunter- und -oberkante sind im Bereich der Deichsel einer Bienenwabe, rund um die Achse Ästen nachempfunden. Beides sind Strukturen, die bei geringem Gewicht sehr stabil sind. Diesen Übertrag von Phänomenen der Natur auf die Technik nennt man übrigens Bionik. Zusätzlich zu dieser bionischen Struktur wurde schlicht weggelassen: Die Rahmenzüge hinter der Achse sind bis zu 1,5 Meter kürzer als bisher.
Für Caravanhersteller ist das kürzere Chassis laut Volker Eckle keine Hürde: „Die Aufbaurichtlinien sind einfach ein wenig enger gefasst als bisher.“ Als Beispiel nennt der Leiter der Vorentwicklung, dass die Bodenplatte hinter der Achse einteilig sein muss, weil sie vom Chassis nicht mehr so weit gestützt wird. Bei Materialbeschaffenheit und -dicke darf wohl alles beim Alten bleiben.

Das gilt auch fürs Chassismaterial: Dafür, dass weiterhin Stahl zum Einsatz kommt, haben Eckle und Zimmermann gute Argumente. „Natürlich haben wir Alu, GfK, Kohlefaser und andere Verbundwerkstoffe auf dem Schirm“, erklärt Eckle. Doch weil neben Material- und Fertigungskosten auch die Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielt, spricht fast alles für Stahl. „Jedes ausgestanzte Stück wird in den Recyclingkreislauf zurückgeführt und kann wieder zu Stahl gleicher Güte eingeschmolzen werden. Verbundwerkstoffe können eigentlich nur verbrannt werden“, argumentiert Maximilian Zimmermann. Volker Eckle rechnet vor: „Würden wir das Chassis aus Aluminium bauen, müsste es für die gleiche Biegesteifigkeit bei gleicher Bodenfreiheit 1,4 Zentimeter höhere Rahmenteile haben. Entsprechend höher würden Einstieg und Gesamtfahrzeug.“
Um zu garantieren, dass das Vario X allen geforderten Belastungen standhält, wird heute „Bedingungsleichtbau“ betrieben: Computersimulationen verkürzen die Zeit, bis das echte Chassis auf der Teststrecke und auf dem Prüfstand getestet wird. „Jede Theorie muss in der Praxis mit Versuchen nachgewiesen werden“, konkretisiert Eckle. Der Prüfstand wiederum wird gefüttert mit Daten, die im realen Fahrversuch von hunderten Sensoren aufgezeichnet wurden.
„Durch das Wissen, welches Bauteil des Fahrwerks wie stark belastet wird, können wir das Material exakt auf die typischen Bedingungen hin optimieren“, erklärt Zimmermann. Bedeutet: Material wird dort weggelassen, wo die Belastungen nachgewiesenermaßen gering sind und umgekehrt. „Trotzdem bauen wir natürlich immer Reserven ein“, betont Eckle und schmunzelt, „schließlich weiß man nie, was ein Caravaner mit seinem Fahrzeug macht.“

Übrigens: Der Gedanke, das Chassis durch Materialeinsparung leichter zu machen, ist allerdings nicht ganz neu. Und so rollt auch der bereits 2016 vorgestellte Knaus Travelino (Heft 8/2016) auf einem Power-Axle Chassis aus dem Hause BPW, welches deutliche Parallelen zum neuen Alko X Chassis erkennen lässt. Auch bei dieser Variante sind die Träger zur Gewichtsreduzierung ausgestanzt und enden kurz hinter der Achse.