Tabbert bewirbt den Europa in einem Prospekt von 1975 mit einem gut angezogenen Paar in der offenen Tür, einem Airedale-Terrier auf dem Sofa und einer Mercedes S-Klasse als Zugfahrzeug. Auf dem Tisch in der Küche stehen Rotwein und Aschenbecher, in der Hecksitzgruppe ein Röhrenfernseher. „Im Überfluß vorhanden – Platz“, wirbt der Text unter dem Bild. Die Daten beeindrucken: 6,60 Meter Aufbaulänge und 2,42 Meter Breite. Sechs bis sieben Personen können in drei Betten übernachten – da darf auch mal Besuch kommen. Bei 1700 Kilogramm Gesamtgewicht ist eine Mercedes S-Klasse der damals aktuellen Baureihe W 116 kein übertrieben großes Zugfahrzeug. Auch heute sollte das Auto vor dem Doppelachser nicht zu zierlich sein. Ist das heute der richtige Wohnwagen für eine kleine Familie? Maurers meinen ja. Sie suchten, fanden und renovierten einen Tabbert Europa 660. Einer von acht, die in Deutschland noch zugelassen sind.
In einem Jahr vom Zelt zum Tabbert

Angela und Michael Maurer waren mit ihrem Sohn Lennard vor einem Jahr das erste Mal campen. Zuerst mit einem günstigen Zelt innerhalb Deutschlands, und schon 2 Monate später waren Maurers mit ihrem ersten Miniwohnwagen auf Achse, den sie für kleines Geld selbst herrichteten. Aufgrund der minimalen Platzverhältnisse, den der Wohnwagen bot, bekam der Anhänger den Spitznamen „Wohndose“. Mit diesem kleinen Wohnwagen fuhren Maurers im Dezember 2018 in drei Wochen durch 9 Länder von Deutschland über Koatien der Küste entlang nach Albanien bis Griechenland. Dann ging es mit der Fähre nach Italien und über Österreich wieder nach Hause. Michael Maurer beschreibt „das Zigeunern durch die Welt“ als „unser Ding“.
Die „Wohndose“ war eigentlich zu klein und hatte vor allem keine Toilette. Angela Maurer hatte sich in die alten Tabbert-Modelle verliebt: „und so war klar, dass es ein solches Modell sein soll“, erzählt Michael Mauerer. Bei der Suche half ein Zufall: Auf Facebook war ein Tabbert Europa 660 inseriert, mit TÜV und dicht.
Ein seltener Riese
„Ein Riese allerdings! Nie und nimmer wollten wir einen solchen Riesen haben, aber er war eben der einzig verfügbare Tabbert in einem annehmbaren Zustand, also wurde er gekauft!“, erzählt Michael Maurer, wie er zu einem Europa 660 kam.
Der Plan: Streichen, Boden verlegen, verreisen
Der Plan war: Innen streichen, neuen Boden verlegen, auf Reisen gehen. Drei Wochen sollten dafür reichen. Gereicht hat es dann auch schnell, und zwar Maurers: Der Wohnwagen war innen feucht, das Holzgerippe teilweise schon zu Torf zerfallen. Die „Wohndose“ war verkauft und Maurers hatten stattdessen eine riesige Baustelle mit feuchten Wänden. Verkaufen? Verschrotten? Der Frust saß tief.
Die Wahrheit: frustrierend

Maurers entschieden sich zur Renovierung. Der Tabbert durfte bleiben, musste aber erst einmal dicht werden. Zum Glück ist Michael Maurer Tischler und kann einiges selber machen. Zuerst musste alles raus, was kaputt war: Ein Anhänger voll Abrissmüll kam zusammen, dann war der Überblick da. Bei der Motivation half eine Auskunft vom Kraftfahrt Bundesamt: „Eine Anfrage beim Kraftfahrtbundesamt ergab, dass nur noch 7 weitere Tabbert Europa 660 auf der Straße unterwegs sind“, erzählt Maurer. Er kennt auch die Gründe für die Seltenheit: „Viele von diesen Breitspurmodellen (B: 245cm) fristen ihr Dasein entweder auf Campingplätzen, genutzt als Dauercamper oder sind schon längst abgewrackt weil sie lange Jahre bei Schaustellern oder Zirkusleuten in Betrieb waren. An dieser Tatsache fanden wir immer mehr gefallen, einen Schausteller- oder Zirkuswohnwagen zu haben, auch wenn er noch fast tropfte vor Nässe.“
Der Weg des Wassers in den Wohnwagen
Als klar war, wo das Wasser seinen Weg in Innere gefunden hat, begann Maurer, den Wagen von außen abzudichten. Zuerst wurden die großen umlaufenden, die alten Dichtungen und Dichtmittel entfernt. 6,60 m Länge plus die Aufbauhöhe ergibt auf beiden Seiten eine Strecke von ca. 22 Meter Dichtung. Die galt es zu entfernen, reinigen und neu aufzubringen.
Neben den umlaufenden Kederleisten wurden die seitlichen Gürtelleisten wie auch die Leisten an Stirn und Heck entfernt, gereinigt und mit neuen Schrauben fein säuberlich wieder mit Spezialdichtmittel wieder neu angebracht, ebenso wie die Rangiergriffe. Diese wurden ebenfalls entfernt, gereinigt und neu abgedichtet.
Millimeterweise rutscht der Keder in die Dichtung

Die festen Seitenfenster waren noch sehr gut in Schuss, aber die umlaufenden Dichtungen waren teilweise sehr porös und so haben Maurers auch diese Fenster ausgebaut, gereinigt und mit neuen Gummis versehen. Ein großer Aufwand, denn der weiße Füllkeder rutschte trotz Spezialwerkzeug nur millimeterweise in die Dichtung.
Die zwei Dachluken zu erneuern war laut Michael Maurer keine schwere Arbeit und ging schnell von der Hand. Damit war der Wohnwagen zumindest von außen absolut dicht und bereit für die nächsten 40 Jahre.
Holzgerippe zu Torf zerfallen
Das Holzgerippe war durch die Feuchtigkeit teilweise zu Torf zerfallen. Maurer hat alles entfernt und von Grund auf neu aufgebaut, isoliert und mit Pappelsperrholz wieder verkleidet. Geklebt, gesägt, Schablonen für Rundungen gefertigt und viel geschraubt bis es dann fertig war.
Letzte Arbeiten auf dem Campingplatz

Als der Wohnwagen dann fast fertig war, konnten es Maurers kaum abwarten, zum ersten Mal mit dem Tabbert unterwegs zu sein, und haben einen Teil der Arbeiten kurzerhand auf den Campingplatz verlegt. Die Vorhänge nähte Angela Maurer im Wohnwagen am Tisch, und Michael Maurer verlegte während eines Aufenthalts auf einem Campingplatz bei Boppard den Boden. „Die Campingnachbarn waren Holländer, die haben sich zumindest nicht daran gestört als ich mit einer Rolle PVC, Metermaß und Teppichmesser vor dem Wohnwagen herumturnte. Lustig war es auf jeden Fall und viel cooler als vor dem Haus die Arbeiten zu erledigen“, erzählt Maurer – die Familie ist eben gern unterwegs.
„Wir reisen seit 3 Monaten jedes Wochenende durch Deutschland und haben damit sogar unsere Hochzeit damit gefeiert. Wir waren damit auf Partys, auf Konzerten und Caravan-Oldtimer-Treffen oder einfach nur so zum Chillen auf der fränkischen Seenplatte,“ erzählt Maurer. Ein Verkauf ist zur Zeit kein Thema.