Der Blick aufs Dach lässt den Caravaner erstarren: Lauter kleine Dellen. Glaubt man den Unkenrufen über zunehmende Extremwetterlagen im Zuge des Klimawandels, werden sich solche Szenen wohl häufiger abspielen. Es sei denn, man hätte ein Dach aus GfK. Dass Dächer aus elastischem faserverstärktem Polyester weit weniger stark von Elementarschäden betroffen sind, haben mittlerweile auch einige Caravanhersteller erkannt. Adria-Dächer sind prinzipiell aus GfK. Wie Knaus für Südwind und Azur bieten LMC und TEC bei einigen Typen optional GfK-Dächer an; beim TEC Weltbummler ist GfK sogar Serie. Viele namhafte Hersteller wie Bürstner, Dethleffs, Fendt, Hobby oder Hymer setzen indes weiter Aluminium ein. Wegen des etwas niedrigeren Gewichts und der optisch attraktiveren, weil glatteren Oberfläche.
Das etwas pflegeintensivere GfK neigt, wenn nur gelcoatbeschichtet und nicht lackiert, zu Auskreidungen und zum Vergilben. In vielen Hinterköpfen spuken wohl auch noch frühere Aufbauschäden durch Rissbildung in Kunststoff-Wänden. Mancher Hersteller hat hier Lehrgeld zahlen müssen. Doch mittlerweile hat man solche Probleme im Griff. Nur in seltenen Fällen, bei Materialfehlern, kommt es bei GfK zu Hagelschäden in Form feiner Spinnenrisse, die strahlenförmig um den Einschlag entstehen. Unter Laborbedingungen kapituliert GfK erst bei Beschussgeschwindigkeiten von über 360 Stundenkilometern. Realer Hagel schlägt abhängig von der Korngröße mit rund 50 (10 mm) bis 90 km/h (30 mm) auf. Eine flächig verklebte Alu-Dachhaut zeigt dagegen schon bei Geschwindigkeiten ab 9 km/h Deformierungen. Etwas besser schneiden lose aufgelegte Dachbahnen aus Alu ab.
Die Bilanz spricht eindeutig für faserverstärkten Kunststoff. Einige Versicherungen, wie die RMV, gewähren deshalb sogar Rabatte für GfK-Dächer. Denkbar, dass im Gegenzug für Wohnwagen mit Alu-Dächern zukünftig höhere Prämien fällig werden, denn Hagelschäden sind zumeist aufwendig zu reparieren. Die Kosten übersteigen die Beiträge in der Regel bei Weitem. Ein hoher Prozentsatz zumindest der leichten Schäden wird gegebenenfalls über die Teilkasko lediglich abgerechnet, aber nie behoben. Allerdings zahlen bei einer fiktiven Abrechnung nur wenige Versicherer den vollen Betrag, manche nur 50 Prozent. Auch schwankt die Selbstbeteiligung beträchtlich, von niedrigen 150 bis stolzen 1500 Euro. Und aufgepasst, Gebrauchtkäufer: Bei einem nicht behobenen Vorschaden kann ein zweiter bei der Versicherung nur schwer geltend gemacht werden.
Repariert werden vor allem schwerere Schäden; besonders bei höherwertigen Caravans ist der Wertverlust beim Wiederverkauf hoch. Schon eine leichte Ondulierung kann den Verkaufswert eines Caravans um gut und gern 2500 Euro mindern, eine üble Dachkraterlandschaft den Anhänger gar unverkäuflich machen. Wie groß der Schaden ist, kann bei oberflächlicher Betrachtung selbst ein erfahrener Caravantechniker nicht genau beziffern. Klarheit schafft ein Gutachten, das auch bei Uneinigkeiten über das Ausmaß oder die richtige Reparaturmethode hilfreich ist und von den Versicherern üblicherweise ohnehin gefordert wird.
Dem Kfz-Sachverständigen Gerolf Happel ist der Anblick verbeulter Reisemobil- und Caravandächer von jährlich mehreren hundert Gutachten vertraut. Trotz aller Routine nimmt Happel Hagelfälle gründlich unter die Lupe. Die Anzahl und die Tiefe der Einschläge seien zur Begutachtung besonders wichtig. Auf einem eingegrenzten Quadrat werden die Dellen ausgezählt und dann auf die gesamte Dachfläche hochgerechnet. Dachhauben und andere Dachaufbauten werden abgezogen. Für die Tiefenmessung braucht man ein spezielles Messgerät – mit bloßem Auge lässt sich das nicht abschätzen.
Die Einschlagtiefe der Hagelkörner entscheidet nicht nur über die Schwere des Schadens, sondern auch maßgeblich darüber, welche Reparaturmethode in Frage kommt. Bei nur oberflächlicher Beschädigung ist ein extrem aufwendiger Komplettaustausch des Dachs mitunter gar nicht nötig. Eine Instandsetzung durch Spachteln und Lackieren kann ein ebenso befriedigendes Ergebnis erzielen. Und auch die Haltbarkeit dieser Maßnahme ist kein Streitfall mehr. Seit einigen Jahren überprüft Happel im Rahmen einer Studie die Langlebigkeit von Instandsetzungen – bislang ohne Beanstandungen. Fast alle Hersteller erkennen diese Reparaturmethode an; gelegentlich ist auch der eigene Fahrzeugbestand betroffen.
Die Kostenersparnis ist beträchtlich. Im Fall eines Reisemobils von 1997, dessen Begutachtung die CARAVANING-Schwesterzeitschrift promobil dokumentierte, stehen der mit 3500 Euro kalkulierten Instandsetzung rund 7000 Euro für den Kompletttausch gegenüber – ohne Transportkosten. Die große Differenz verwundert kaum, wenn man die hohen Arbeitszeiten von 50 bis 65 Stunden für den Tausch eines Dachs betrachtet. Möbel müssen ausgebaut, verklebte Kantenleisten demontiert und meist auch erneuert werden. In schweren Fällen, wenn große Hagelkörner tiefe Krater hinterlassen haben, führt am Tausch freilich kein Weg vorbei.
Heftig diskutiert wird die Reparatur durch Blech-Aufdopplung. Dabei wird eine zweite Alu-Haut auf die beschädigte aufgeklebt. Viele Experten und Hersteller lehnen diese Methode als nicht fachgerecht ab. Von einigen Gutachtern wird sie jedoch nach wie vor als billige Lösung empfohlen. Die Nachteile überwiegen hingegen bei Weitem. Das Gewicht des Wohnwagens erhöht sich beträchtlich – an der ungünstigsten Stelle. Durch Reparaturmängel kann sich das Dach sogar absenken. Auch die Kantenabdichtung bereitet immer wieder Probleme. Alternativ die Dachhaut von der Unterkonstruktion abzuschälen führt meist ebenso zu keinem befriedigenden Ergebnis, weil dabei oft die Dämmung beschädigt wird.
Zum Instandsetzen der gelegentlich auftretenden feinen Spinnenrisse auf GfK-Dächern muss die Oberflächenversiegelung (Gelcoat) abgeschliffen, zum Nivellieren Spezialspachtel und -füller aufgetragen und anschließend beilackiert werden. Optisch mögen Kunststoffdächer gegenüber dem hochglänzenden Aluminium im Nachteil sein. Doch nur solange kein Hagelschauer aufzieht.
CARAVANING-TIPP
Schutzdach-Montage: Einfache Varianten lassen sich auch vom Laien installieren. Bei aufwendigeren Konstruktionen sollten Hersteller oder deren Partner die Montage übernehmen. Achten Sie auf genügend Abstand, so dass Dachluken noch geöffnet werden können.
Vorbeugen ist besser – so schützen Sie Ihren Wohnwagen
Die Witterung können Caravaner nicht beeinflussen. Doch mit einigen Methoden kann man Alu-Dächer zumindest unempfindlicher gegen Hagelschäden machen. Die gängigste Methode für Caravans, die länger auf ein und demselben Fleck stehen, sind Schutzdächer. Sie bestehen aus einer Unterkonstruktion aus Aluminium-Profilen, die fest auf dem Wohnwagen montiert werden. Darüber spannt sich eine strapazierfähige Plane aus PVC. Sie bieten neben dem Hagelschutz auch Sicherheit vor hohen Schneelasten und mindern Regengeräusche. Rund 20 Hersteller bieten bundesweit Schutzdächer an. Die Kosten liegen zwischen 730 und 3000 Euro. Kostengünstig ist ein Auftrag mit Elastometall, ein elastisches, dickschichtiges Acrylat, das auch zum Schutz von Gebäudedächern eingesetzt wird. Der Auftrag auf das gereinigte Caravandach mit Rolle, Pinsel oder Sprühpistole ist auch für den Laien machbar. Bei zweimaliger Anwendung erreicht man mit rund 1 Kilogramm je Quadratmeter etwa 0,5 Millimeter Schichtdicke. Trocken entspricht das knapp 150 Gramm Mehrgewicht. Der Preis je Kilogramm Elastometall liegt bei rund 12 Euro (Info: Telefon 07731/912730, www.aqualock.de).
Vor allem für die Sanierung leichter Schäden auf Wohnwagendächern wurde das strapazierfähige EPDM Dachsystem entwickelt, das Lilie über Campers Online (Telefon 07042/848888, www.campers-online.de, www.lilie.com) vertreibt. Die gut 1 Millimeter dicke Gummihaut lässt aber genauso auch eine prophylaktische Wirkung gegen Hagelschäden erwarten. Zum Lieferumfang des knapp 800 Euro teuren Systems gehören auch Kleber und Dichtmasse. Die Verlegung auf dem Dach ist relativ anspruchsvoll und eher ein Fall für eine Fachwerkstatt. Um etwa 2,2 Kilogramm je Quadratmeter Dachfläche nimmt das Fahrzeuggewicht dann zu. Auf ein ähnliches Prinzip setzt das patentierte Schaumdach von Waru (Telefon 05751/95200, www.waru.de). Die 3 Millimeter dicke, von einer PVC-Plane geschützte PU-Schaumbahn, die auch eine Wärme- und Geräuschisolation darstellt, wird nach Demontage der Dachaufbauten flächig verklebt. Das System kostet zwischen 2000 und 3000 Euro und schlägt mit 1,4 Kilogramm je Quadratmeter zu Buche.
Instandsetzung: Eine günstige Alternative
Nicht bei jedem Hagelschaden ist es erforderlich, für viel Geld das komplette Dach zu erneuern. Der immense Aufwand lohnt sich bei leichten Schäden nicht. Meist lässt sich auch mit einer kostengünstigeren Instandsetzung der ursprüngliche optische Zustand des Caravans wieder herstellen. Bei der Instandsetzung wird das Dach nicht ausgetauscht; der Wohnwagen muss nicht auseinandergebaut, Möbel nicht demontiert werden. Das senkt nicht nur die Kosten, sondern auch das Risiko, dass durch mangelnde Sorgfalt Undichtigkeiten entstehen könnten. Bei der Instandsetzung werden die Hageleinschläge mit Spachtelmasse und Füller geglättet und das Dach anschließend lackiert. Bei korrekter Ausführung lässt sich das Ergebnis vom ursprünglichen Zustand nicht unterscheiden. Qualitativ steht eine Instandsetzung dem Komplettaustausch des Sandwich-Dachs nicht nach. Auch der Caravaning Industrie Verband (CIVD) stuft diese Reparaturmethode als fachgerecht ein.
An das Euro-Garant-Werkstättennetz angeschlossene Lackierbetriebe (Telefon 06101/984941) geben sogar drei Jahre Gewährleistung auf die Arbeit. Allerdings lässt sich eine Instandsetzung nicht beliebig oft wiederholen. Dächer mit lose aufgelegtem Blech können so generell nicht repariert werden. Sind die Einschläge zu groß und zu tief, kann dies die fachgerechte Instandsetzung ebenfalls vereiteln. Rund vier Millimeter Tiefe gelten als Grenze. Bei mehr würde die Spachtelschicht zu dick werden und könnte nach einiger Zeit wieder abplatzen. In unsere Fotostrecke finden Bilder einer Instandsetzung für knapp 6000 Euro am Beispiel eines Reisemobils von Concorde. Der Komplettaustausch des Dachs hätte 15.000 bis 17.000 Euro gekostet.
Einstufung von Hagelschäden
Hagelschäden werden in drei Kategorien eingestuft, die durch die Anzahl der Einschläge, deren Durchmesser und Tiefe charakterisiert sind.
A: Sehr leichter und leichter Hagel
Durchmesser Einschlagkrater 5 mm–10 mm, Einschlagtiefe 0,1 mm–0,5 mm.
B: Mittlerer Hagel
Durchmesser Einschlagkrater 10 mm–30 mm, Einschlagtiefe 0,5 mm–max. 1,5 mm.
C: Schwerer Hagel
Durchmesser Einschlagkrater 10 mm–50 mm, Einschlagtiefe 1,5 mm–3,5 mm.
Von Gerolf Happels Kfz-Prüf- und -Schätzstelle im hessischen Bad Endbach werden jährlich etwa 2500 Hagelschäden an Caravans und Reisemobilen begutachtet, davon 10% sehr leichte, 40% leichte, 20% mittlere und immerhin 30% schwere Fälle. Tendenz steigend.