Rempler oder Spannungsrisse? Welche Kunststoffe lassen sich überhaupt reparieren? Wer führt Kunststoffreparaturen durch? Wie funktionieren sie und was kostet das Ganze? CARAVANING klärt auf und zeigt die Reparatur in 12 Schritten.
Rempler oder Spannungsrisse? Welche Kunststoffe lassen sich überhaupt reparieren? Wer führt Kunststoffreparaturen durch? Wie funktionieren sie und was kostet das Ganze? CARAVANING klärt auf und zeigt die Reparatur in 12 Schritten.
Anbauteile aus Kunststoff sind dünn. Das macht sie bruchanfällig. Um kostenintensiven Reparaturen vorzubeugen, statten einige Caravanhersteller ihre Wohnwagen mit sogenannten Opferecken aus. Die liegen auf Chassishöhe an Front und Heck. Bei Opferecken handelt es sich um Sollbruchteile. Damit ist sichergestellt, dass bei kleinen Remplern nur das Kunststoffteil und nicht der Caravan-Aufbau beschädigt wird. Im Falle eines Schadens lässt sich die Opferecke mit geringem Aufwand für kleines Geld ersetzen.
Anders sieht es bei komplexen Kunststoffteilen wie dem Heckleuchtenträger, der Frontverkleidung oder den Seitenschürzen aus. Kracht es hier, geht es schnell ins Geld, weil oder wenn das komplette Bauteil getauscht werden soll. Dazu muss es jedoch nicht zwangsläufig kommen. Denn es gibt Alternativen – Reparatur statt Komplettaustausch.
Prinzipiell gilt: Ist ein Kunststoff schmelzbar, lassen sich Risse und Löcher immer reparieren. Dies gilt auch für Spannungsrisse. Zu den schmelzbaren Kunststoffarten zählen ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer), ABS/PC (Mischpolymer), PC (Polycarbonat), PE (Polyethylen), PP (Polypropylen), PP-flex (Polypropylen weich), PS (Polystyrol), TPE (Thermoplastisches Elastomer) sowie GfK (Glasfaserverstärkter Kunststoff) und CfK (Carbonfaserverstärkter Kunststoff).
Eine Einschränkung gibt es bei Teilen, die aus einem Kunststoffmix bestehen. Hier lässt sich der entscheidende Schmelzpunkt für das Verschweißen von Rissen und Löchern nicht klar ermitteln, da die unterschiedlichen Bestandteileverschiedene Schmelzpunkte haben. Somit lässt sich auch das wichtige Bewehrungsnetz nicht mit dem Kunststoff verschweißen. Das Bewehrungsnetz, ein dünnes Metallgitter, ist wichtig, denn es verstärkt den geschwächten Schadensbereich und verhindert, dass der Riss erneut aufreißt. Zudem dient es als Basis für den Materialneuaufbau der beschädigten Stelle. Ist die Kunststoffart unbekannt, prüft die Werkstatt zunächst den Schmelzpunkt. Lässt er sich nicht ermitteln, gibt es aber auch hier Alternativen zum Teiletausch. So ist eine Abschnittsreparatur denkbar, bei der die beschädigte Stelle ausgeschnitten, ein passendes Stück eingeklebt und abschließend mit GfK-Gewebeüberzogen und stabilisiert wird. Ist der Schmelzpunkt des Kunststoffs klar (ABS, PE, PP etc.), steht der Reparatur beim Händler oder in der Fachwerkstatt nichts im Wege.
Die Kosten für einen fünf Zentimeter langen Riss am Heckleuchtenträger oder einem anderen als Ersatzteil sehr teuren Formteil belaufen sich nach Angaben von Matthias Welchner, Mitinhaber eines Karosserie- und Lackierbetriebes in Zell unter Aichelberg, auf etwa 600 Euro. Die Reparatur umfasst das Verschweißen des Risses, die Einarbeitung des Bewehrungsnetzes in den Kunststoff, die Abdeckung des Schadensbereichs mit GfK-Gewebe sowie Spachteln, Füllern und die abschließende Lackierung. Für die Reparatur inklusive Lacktrocknung muss man etwa acht Stunden einplanen.
Wurde ein GfK- oder ein CfK-Teilbeschädigt, kommt kein Bewehrungsnetz zum Einsatz. Stattdessen wird nur ein GfK-Gewebe aufgesetzt, geklebt und geharzt.
Schritt 1 und 2: Als Erstes werden alle losen Teile entfernt. Um zu verhindern, dass sich der Riss weiter ausbreitet, muss am Ende und gegebenenfalls an Stellen, an denen sich der Riss verzweigt, angebohrt werden.
Schritt 3 und 4: Dann wird der Schadensbereich angeschliffen. Nun folgt das Verschweißen des Risses. Hierzu wird auf das Schweißgerät eine flache, breite Spitze aufgesetzt, um die Risskanten Stück für Stück miteinander zu verbinden. Das Glätten der dabei entstandenen Unebenheiten erfolgt am Ende durch nochmaliges Darüberstreichen mit dem Schweißgerät.
Schritt 5 und 6: Im nächsten Schritt wird der Bereich mit einem Spachtel begradigt. Dann schneidet der Karosseriebauer das Bewehrungsnetz streifenweise zu. Wichtig dabei: Das Netz muss die Randbereiche des Schadens überspannen. Nur so ist gewährleistet, dass der Riss bei eventuell später auftretenden Spannungen nicht erneut aufreißt.
Schritt 7 und 8: Anschließend wird das Bewehrungsnetz mit dem Kunststoff verschweißt. Der Prozess wird so lange wiederholt, bis die gesamte Rissfläche abgedeckt ist.
Schritt 9 und 10: Dann werden Grate und Kanten mit einem Spachtel entfernt und der vollständige Bereich mit der Karosseriefeile bearbeitet, um alle Unebenheiten zu beseitigen.
Schritt 11 und 12: Im nächsten Schritt streicht der Karosseriebauer die Fläche mit Epoxidharz ein. Dann werden die zuvor passend geschnittenen GfK-Streifen aufgelegt und angedrückt. Auch die GfK-Streifen müssen den Schadensbereich überspannen. Der Schritt wiederholt sich, bis die gesamte Fläche überzogen ist. Im Anschluss wird das GfK-Netz mit Epoxidharz bestrichen.
Nach vollständiger Durchtrocknung folgt die Bearbeitung mit einem Exzenterschleifer und Schleifpapier. Als Nächstes schließt sich die Lackvorbereitung an. Hierbei werden Spachtel und Füller – jeweils mit Zwischenschliff – aufgetragen und lackiert.
Risse, Löcher bis hin zu Spannungsrissen an Kunststoffteilen aus ABS, ABS/PC, PC, PE, PP, PP-flex, PS sowie GfK und CfK lassen sich häufig kostengünstig reparieren, ohne gleich ein teures Neuteil einbauen zu müssen. Deshalb lohnt sich bei einem Kunststoffschaden immer der Weg zum Händler oder in die Fachwerkstatt. Die Experten begutachten den Schaden vor Ort und können so den kostengünstigsten Reparaturweg empfehlen.