Lackpflege vom Profi
So erstrahlt der Caravan in neuem Glanz

Egal, ob weißer Fendt, Eriba im Retro-Look oder Qek Junior in DDR-Grün: Caravans tragen ihr Lackkleid so stolz wie das Zugfahrzeug. Lack kleidet nicht nur, er schützt auch – und will selbst geschützt werden.

Lack
Foto: Andreas Becker
In diesem Artikel:
  • Wie funktioniert Lack?
  • Lackpflege vom Profi
  • Reinigen
  • Schmutzradierer für Plastikteile
  • Polieren
  • Lackierung von A bis Z
  • Preise im Überblick
  • Fazit

Die meisten werden wissen, wie es sich anfühlt, wenn beim Waschen des Caravans einem unschöne Stellen ins Auge fallen. Schmutz, Streifen, Kratzer – oder im schlimmsten Fall löst sich der Lack schon beim bloßen Anblick des Hochdruckreinigers auf. Was man für einen ärgerlichen Schönheitsfehler halten kann, deutet oft auf größere Missstände hin. Denn Lack hat nicht nur Dekoration, sondern auch Protektion zur Aufgabe. Man denke nur ans Holz des heimischen Gartenzauns, auch dort verantwortet die braune Schicht Schein und Sein gleichzeitig.

Do-it-yourself-Tricks

Nüchtern betrachtet ist das rollende Heim nichts anderes als ein Cocktail diverser Werkstoffe, die allesamt Schutz brauchen – genau wie der menschliche Körper die Haut braucht. Denn nicht nur UV-Licht geht dem Lack an den Kragen, auch Hagel, Äste und umfallende Vorzeltgestänge können ihm Schäden zufügen.

Lack
Ingolf Pompe
Schlieren, ob weiß oder schwarz, setzen dem Aussehen eines Caravans immer zu. Außerdem sind sie ein Zeichen für sich auflösende Werkstoffe.

CARAVANING klärt über die Eigenarten von Lack auf und zeigt, wie Profis den Wohnwagen im neuen Glanz erscheinen lassen: von Pflege über Aufbereitung bis hin zu einem neuen "Anstrich".

Wie funktioniert Lack?

Oberhaut – so bezeichnet Chemiker und Beschichtungsexperte Max Schmidhäuser den Lack von Fahrzeugen. "Caravans sind dünnhäutige Tiere. Das Lacksystem eines modernen Pkw, also Haftgrund, Farblack und Decklack zusammen, ist etwa 120–140 µm dick, das Lackkleid von Wohnwagen ist lediglich um die 35–40 µm stark. Klingt zwar wenig, aber wenn man bedenkt, dass die meisten Lacke schon ab 10 µm decken müssen, ist es eigentlich ausreichend."

Doch wie funktioniert Lack denn eigentlich? "Denken wir doch an Wasserfarben. Trockene Farben im Kasten sind ein Haufen Pigmente. Als Lösemittel wird Wasser verwendet – dadurch ist die Farbe streichbar und dosierbar. Wenn das Lösemittel am Ende verdampft, bleibt wieder trockenes Pigment übrig, das in den Poren vom Papier feststeckt." Bei Caravans sieht das Ganze komplizierter aus. "Fahrzeuglacke enthalten nicht nur Lösemittel und Pigmente, sondern auch eine Art Klebstoff. PU-Lack zum Beispiel enthält Polyurethane, das sind Kunstharze. Sie kleben am Werkstoff, in diesem Fall am Strukturblech des Caravans, und tragen die gewünschte Farbe als Pigmente in sich."

Lackpflege vom Profi

Zur gelungenen Lackpflege gehören Umsicht, Zeit und die richtigen Mittel. Im Grunde wird zwischen zwei Arten von Pflegemitteln unterschieden: den Reinigern und den Versiegelungen. Die Reiniger lassen sich erneut in zwei Kategorien unterteilen: chemische und chemisch-mechanische Reiniger. Doch bevor das hier alles viel zu verkopft wird, möchten wir das lieber in der Praxis sehen.

Lack
Ingolf Pompe
Wenn die Farbe als Staub an den Fingerkuppen klebt, ist der Oxidationsprozess weit vorangeschritten. Eine Politur kann in manchen Fällen noch helfen.

Sascha Penasa, Vertriebsleiter von Sonax, bekannter Hersteller von Fahrzeugpflegeprodukten, und Baha Güner, Profi-Aufbereiter und Inhaber der Firma "Car Barber", luden CARAVANING ein. Wir durften nicht nur die Mittel, Methoden und Maßnahmen einer Profi-Aufbereitung kennenlernen.

Reinigen

Ferdi Fendt, der Redaktionscaravan, bot sich freiwillig an, das Versuchskaninchen zu spielen. Zuerst kommt die Hochdrucklanze, dann Baha Güners Allzweckwaffe, der Flüssigreiniger Multistar. Die dünn aufgesprühte Flüssigkeit löst den Schmutz innerhalb von Sekunden auf – und vom verdreckten Ferdinand läuft innerhalb von wenigen Sekunden auch schon die graue Brühe herunter. "Der Multistar ist ein Reiniger mit Eiweißentferner, der rein chemisch funktioniert – er löst Insekten, Fett und ähnliche Ablagerungen sofort auf, ohne dabei den Werkstoff zu schädigen. Deshalb ist er problemlos am Caravan einsetzbar, sogar im Innenraum. Plastik, Lack, Metall, Gummi – alles kein Thema."

Lack
Andreas Becker
Im Dachbereich gibt es oft ein Sammelsurium an Schmutz – Insekten, Staub und Grünspan.

Der Multistar wird entweder pur aufgesprüht oder dem Wasser beigemischt, dann mit verschiedenen Bürsten eingearbeitet und kann anschließend abgewaschen oder abgetrocknet werden. "Viele unserer Partner möchten auch dann einen Reiniger benutzen, wenn sie keinen Wasseranschluss haben. Natürlich ist es mit dem Tuch umständlicher, bedeutet aber kein schlechteres Ergebnis." Gleich kann es also ans Versiegeln gehen.

Nein, stopp. Seien wir mal ehrlich: Jeder weiß, dass es niemals mit einer Wäsche getan ist – erst recht nicht bei einem Wagen, der übers ganze Jahr hinweg im Freien steht. Dass er obendrein mehr als 20 Jahre alt ist? Diese Tatsache macht die Lage nicht gerade besser. Bevor wir Ferdi also wirklich versiegeln können, muss sich Baha Güner alle Stellen anschauen, die problematisch werden könnten.

Lack
Andreas Becker
Das Arsenal des Profis ist breit gefächert, aber nicht unüberschaubar. Am Anfang der Aufbereitung steht immer eine Wäsche, denn nur so hält die Versiegelung.

Schmutzradierer für Plastikteile

"Plastikteile werden mit der Zeit gelb und matt – aber das ist schnell wieder schneeweiß, wenn man einen Schmutzradierer hat." Und siehe da: In Sekundenschnelle sind die Leisten wieder blendend weiß.

"Man braucht nicht wirklich Druck, nur etwas Reiniger und den Schmutzradierer. Der holt den Dreck aus den Sicken und Poren des Kunststoffs heraus. Einen Schmutzradierer in Kombination mit einer Flüssigkeit nennt man übrigens chemisch-mechanische Reinigung. Der Schmutz wird nicht nur aufgelöst, sondern auch abgerieben. Wie Küchenschwamm und Spülmittel."

Ein weiteres Problem stellen die Regenstreifen dar. Sie entstehen, wenn sich die Weichmacher aus den Dichtgummis verflüchtigen und das Regenwasser den beigemischten Ruß aus den Kedern spült. Dieser setzt sich ab und wird durch Hitze regelrecht in die Fläche eingebrannt. Ein Regenstreifenentferner ist speziell darauf abgestimmt, diesen Ruß aufzulösen. Doch eine Bürste braucht es dazu definitiv auch.

Lack
Andreas Becker
Baha Güner poliert und versiegelt. Das Wasser perlt hier einfach ab.

Polieren

Nach dem Reinigen ist vor dem Polieren. Denn jeder weiß, dass auf sauberem Lack selbst die kleinsten Kratzer sichtbar werden. Sonax-Mastertrainer Baha rückt dem Dach von Ferdi also mit der Exzenterpoliermaschine zu Leibe. Wie der Name schon sagt, wird dabei eine Polierscheibe exzentrisch bewegt, sodass die gefürchteten Hologramme weniger Chancen haben. Dennoch schadet – insbesondere bei der dünnen Lackierung von Wohnwagen – etwas Poliererfahrung mit Maschinen nicht.

Denn bei zu festem Druck oder zu hoher Drehzahl kommt man schnell aufs blanke Blech. Auch die Wahl der richtigen Politur ist keine Nebensächlichkeit – Baha und Sascha beraten sich kurz, bevor sie zu EX 505 greifen. Dieses Mittel ist für Exzentermaschinen gedacht und hat eine besonders feine Körnung. Politur ist nämlich ebenfalls eine chemisch-mechanisch wirkende Flüssigkeit – der Reiniger mit Wachsanteil wird mit feinen Schleifpartikeln angereichert, die die oberste Schicht des Lacks abkratzen, damit das Wachs die Poren füllen und der Fläche Glanz verleihen kann.

Lack
Andreas Becker
Die Versiegelung CC One ist mit allen Werkstoffen verträglich, die man am Wohnwagen findet. Sie verhindert die Ablagerung von neuem Schmutz.

Die Arbeit mit der Exzentermaschine braucht hohe Konzentration und viel Zeit. "Wenn ich einen Wohnwagen aufbereiten muss, plane ich dafür mindestens zwei Arbeitstage ein", sagt der Profi. "Deshalb schlägt die Aufbereitung von einem Wohnwagen mit gut 1.800 Euro zu Buche." Dazu gehört allerdings auch eine Versiegelung, die vor dem Eintrocknen und Einbrennen von Schmutz schützt und das Waschen des Wohnwagens erheblich erleichtert. Dafür eignet sich aus dem Hause Sonax der Polymer NetShield, eine Langzeitversiegelung, die wasserabweisend wirkt und für lang anhaltenden, tiefen Glanz sorgt – laut Hersteller bis zu sechs Monate lang.

Die Flüssigkeit wird mit einem speziellen Schwamm aufgetragen und bildet einen hauchdünnen, transparenten Film. Das überflüssige Material wischt der Profi mit einem sauberen Mikrofasertuch ab – und schon trägt der Caravan eine Schutzschicht mehr. "Die Versiegelung sollte man immer wieder erneuern oder erneuern lassen. Mit der Zeit wird der Film brüchig und dünn. Wie Handcreme, auch dort liegt der Schlüssel des Erfolgs in der Regelmäßigkeit."

Lackierung von A bis Z

Eine Komplettlackierung bei Profis in Auftrag zu geben, ist sicher weniger aufwendig. Dafür sind, wie Krzysztof Wojtarowicz vom Lackierbetrieb Krafa in Herne auf unsere Frage hin erzählte, allerdings mindestens 3.500 Euro einzuplanen. "Nach oben ist der Preis immer offen."

Worauf kommt es denn an? "Es kommt auf die Größe des Caravans, die gewünschte Farbe, auf ein eventuelles Muster und auf den Grundzustand an. Deshalb machen wir gerade bei älteren Fahrzeugen immer einen möglichst genauen Kostenvoranschlag – manchmal lohnt sich der Fahrzeugwechsel mehr als die Reparatur." Wenn man sich für ein neues Lackkleid entscheidet, braucht das in der Regel zehn Arbeitstage, also zwei Wochen.

"Wir lackieren per Hand und lassen den Caravan in der Kabine trocknen. Infrarotstrahler sind nicht empfehlenswert, da Bleche sich verziehen und Kunststoffe spröde werden könnten. Deshalb nutzen wir das Wochenende als Trocknungsphase." Wenn dann die zweite Schicht ebenfalls aufgetragen und getrocknet ist, wird das Ganze mit Klarlack versiegelt. "Die übliche Lackstärke von Caravans und Reiseaufbauten liegt ja bei etwa 35 bis 40 µm. Unsere Lackierung misst etwa 180 bis 200 µm und ist dadurch wesentlich widerstandsfähiger." Am Ende des Prozesses steht der Anbau aller Kleinteile, die zuvor entfernt werden mussten.

Preise im Überblick

  • Reinigen, polieren, versiegeln: ab 1.800 Euro
  • Komplettlackierung vom Profi: ab 3.500 Euro

Fazit

Lack schützt den Caravan. Wie die Haut den Mensch schützt er den Wohnwagen vor Witterungseinflüssen und Verletzungen. Selbstredend, dass man als CaravanbesitzerIn der Lackpflege ausreichend Zeit schenken sollte. Am einfachsten ist es, den Lack von Profis auffrischen und schützen zu lassen. Selbst ein neues Lackkleid ist für Fachmänner und Fachfrauen kein Problem.

Die aktuelle Ausgabe
Caravaning 06 / 2023

Erscheinungsdatum 09.05.2023

92 Seiten