Von Luxus hat jeder Mensch so seine eigene Vorstellung. Weil sich Anbieter von Edelprodukten nicht immer nach den Wünschen Einzelner richten können, orientieren sie sich scharf an der Definition aus dem Lexikon, das Luxus mit "üppige Fruchtbarkeit, Ausschweifung, große Pracht" übersetzt.
Doch wir wollen genau wissen, wie luxuriös ein Caravan wirklich sein kann, wie sehr sich Anspruch und Realität unterscheiden. Wer und was bietet sich als Proband besser an als ein junges Paar mit exakten Vorstellungen von Luxus, das noch nie einen Fuß in einen Caravan gesetzt hat, und ein Wohnwagen, der schon allein durch seinen Namen höchste Erwartungen schürt? Bereits auf der Fahrt zum Date mit dem Fendt Diamant VIP 620 TF geben die Tester Silke und Marcel, beide 27, ihre persönliche Definition von Luxus zu Protokoll.
Auf die Materialien komme es an, sind sie sich einig. Ausgesucht und echt sollten sie sein und bis ins Detail perfekt verarbeitet – am besten von Hand. Plastik hätte, so die einhellige Meinung der beiden Camping-Laien, in luxuriösem Ambiente nichts verloren. Leder, glänzende Edelhölzer und Marmor dagegen seien als Sinnbild für Luxus hoch willkommen.
Luxus bedeute auch Gemütlichkeit und Ästhetik, fährt Silke fort, denn nur dann komme wirklich Wohlfühlstimmung auf. An Letzterer haben auch Beleuchtung, Farben und, nicht zu vergessen, das Raumgefühl maßgeblichen Anteil, fügt sie hinzu. Wichtig sei zudem die hochwertige Technikausstattung, die sich mit einfachen Handgriffen bedienen lasse.
Als Silke und Marcel zum ersten Mal einen Caravan betreten, zeigt der sich beheizt und beleuchtet von seiner besten Seite. Auch die Mienen des Testpaars erhellen sich sofort: Das üppige Raumangebot im Tandemachser scheint sie positiv zu überraschen. Langsam tasten sich die jungen Leute vor. Immer wieder zeichnet das Diktiergerät Ausdrücke des Erstaunens auf, nicht alle davon aber sind zitierfähig.
Die Frage nach dem Preis des Caravans und die Antwort darauf schon. Für den Diamant VIP 620 TF ruft Fendt 29 990 Euro ab. Verhaltene Reaktion bei den Laientestern. Schließlich fehlt ihnen die Vergleichsmöglichkeit mit dem "normalen" Diamant. Der Diamant 590 TF, mit 6,4 Metern Aufbaulänge der nächste Verwandte des VIP 620 TF, ist 5380 Euro günstiger. Was hat der VIP also, was der normale Diamant nicht hat? Obwohl Silke und Marcel es nicht wissen können, bemerken und bestaunen sie jeden einzelnen Unterschied.
Die serienmäßige, cremefarbene Lederpolsterung "Dakota" zum Beispiel, die sich über die Sitzgruppe spannt, fällt voll unter die vor dem Erstkontakt mit dem VIP genannten Luxusattribute und fährt damit den zweiten dicken Pluspunkt ein. Und auch das aufwendige Beleuchtungskonzept gefällt dem Paar. Die Sternenhimmel über Sitzgruppe und Doppelbett halten die beiden für einen netten Gag. Genauso die beleuchtete, an einer Stange befestigte Obstschale in der Küche. Auch die Schrankwand gegenüber der Kombüse ist dem VIP vorbehalten. Doch die begeistert und schockt das junge Paar gleichermaßen: Ernten die dezent hinterleuchteten Michglastüren und der serienmäßige (!) 17-Zoll-Flachbildschirm (ohne Transportsicherung!) Zungenschnalzen, lachen sich die beiden Technikfreaks über das künstliche Kaminfeuer im Heizungsgehäuse und das elektronische Flammenknistern fast kaputt. Ernst, so ihr Urteil, könne Fendt so etwas nicht meinen.Optische Täuschungen hätten mit Luxus nichts zu tun.
Überhaupt stößt die Machart des Mobiliars auf Kritik bei den Testern. Marcel vermisst Feinschliff und Raffinesse. Einfache Verschlüsse, Leimkanten sowie Spaltmaße können den Politikstudenten mit Sinn für das Schöne nicht überzeugen. "Wer was Besonderes sucht, wird auf so etwas schon achten", sagt er. In der Zwischenzeit hat sich Silke die Küche vorgenommen. Sie streicht mit der Hand über die polierte Arbeitsplatte. "Hier hätte ich beim Zwiebelnschneiden immer Angst, dass ich eine Macke reinhaue. Aber schön ist die Oberfläche natürlich schon." Auch der mannshohe Kühlschrank mit separatem Gefrierfach nötigt ihr Respekt ab.
Für gefährlich hält sie den hoch darüber montierten Gasbackofen: "Ich wüsste nicht, ob ich über Kopf eine Auflaufform oder sonst was Heißes balancieren wollte", gibt sie zu bedenken. Und Marcel stimmt ihr zu. Überhaupt stellt sich den beiden Luxus-Inspektoren eine entscheidende Frage: Braucht ein Luxuscaravan wirklich eine so große Küche? Den gesparten Platz, darin sind sich Silke und Marcel einig, könnte Fendt dem Bad zuschlagen. Eng und mit viel Plastik ausgestattet, erfüllt es zumindest ihren Anspruch an Luxus nicht. "Man geht sicher meist auf dem Campingplatz duschen, aber müssen will man das ja nicht unbedingt", mutmaßt die Testerin. "Außerdem", fährt sie fort, "würde ich diese polierte Oberfläche im Bad nicht putzen wollen. Edlere, unempfindlichere Materialien wären mir lieber."
Zustimmung erfährt das Doppelbett. Zumindest lässt die Verweildauer der beiden Turteltäubchen auf der straffen Matratze diesen Schluss zu. Dass sich hinter dem verspiegelten Kopfteil ("Purer Luxus!") Staufächer verstecken, geben beide als Pluspunkt zu Protokoll. Ein kleines bisschen größer, finden sie, dürfte ein Luxusbett aber schon sein. Bei all dem Prunk rücken die technischen Annehmlichkeiten des Diamant VIP fast in den Hintergrund. Die serienmäßige Dachklimaanlage ist für einen Luxuscaravan ein Muss, befinden die Prüfer. Das schlichte Panel mit den Füllstandsanzeigen für den Frischwassertank und dem Radiobedienteil stieße auf mehr Zuspruch, wenn Fendt Lautsprecher montierte, die diesen Namen verdienten. "Bei der Klangqualität hätte man das Radio auch weglassen können", nörgelt Hobby-Musiker Marcel. So kommen die Laientester zu einem eindeutigen Fazit: Der Fendt Diamant VIP 620 TF zaubert mit ausgefallenen Beleuchtungsideen, edlen Oberflächen und viel Ausstattung tatsächlich luxuriöses Ambiente. Im Detail aber erfüllt der VIP den Luxus-Anspruch unserer Tester nicht. Edel verpflichtet mehr, als man denkt.