Sonderlich viel Pflege brauchen sie nicht. Wer sie allerdings komplett vergisst, dem rufen sie sich gern in völlig unpassenden Situationen drastisch in Erinnerung: die Reifen unserer Wohnwagen. Da muss es gar nicht so weit kommen, dass das angehängte Feriendomizil nach einem Reifenplatzer in wilde Schlingerbewegungen verfällt. Auch ein simpler Plattfuß im dicht gepackten Urlaubsverkehr auf einer Autobahn allein kann schon gehörig an den Nerven zerren.
Ein moderner Reifen hält tausende von Kilometern, steckt Bordsteinkanten, Umwelteinflüsse, Temperaturunterschiede und in einem gewissen Maße auch Luftdruckschwankungen klaglos weg. Bei Regen schippt er den Wasserfilm von der Straße, überträgt beim Bremsen die nötigen Kräfte auf den Asphalt und federt Bodenunebenheiten aus. Ein Multitalent, das – mit Ausnahme der manchmal integrierten Reifendruckkontrollsysteme – zwar noch ohne Elektronik auskommt, aber dennoch ein Hightech-Produkt ist, das den hohen Ansprüchen an Geradeauslauf, Kurvenstabilität und Wasserverdrängung, aber auch Aspekten wie Haltbarkeit, Abrollgeräusch und Energieeffizienz gerecht werden muss. Die Ansprüche des Anhängerbetriebs sind zwar weniger fordernd, unterscheiden sich aber nicht grundlegend.

Reifen bestehen aus einem bunten Materialmix, in dem der aus Gummibäumen gezapfte Naturkautschuk noch immer eine Rolle spielt. Dazu kommen synthetisches Gummi, Füllstoffe wie Ruß oder die für die Nasshaftung wichtige Kieselsäure sowie Öle und Harze als Weichmacher. Das Skelett eines Reifens ist seine Karkasse. Stabilität verleihen ihr in Gummi gebettete Gewebelagen aus Rayon, Nylon oder Aramid, verstärkt wird sie durch Gürtellagen aus feinen, verwobenen und mit Kautschuk ummantelten Stahlseilen.
Wann ist wirklich Zeit für einen Reifenwechsel?
In Aktion opfert sich ein Reifen auf. Abnehmende Profiltiefe durch den unvermeidlichen Abrieb ist davon nur der sichtbare Teil. Die Mindestprofiltiefe liegt in Europa bei 1,6 Millimetern, angezeigt durch die sogenannten Tread Wear Indicators (TWI) – kleine Gummihöcker in den Profilrillen, die die entsprechende Grenze markieren.
Reifenhersteller dagegen empfehlen einen Wechsel bei Sommerreifen schon ab zwei, bei Winterreifen ab vier Millimetern Restprofil. Keine Überraschung, meinen Sie, schließlich verkaufen die die Dinger? Stimmt. Skeptisch machen sollte notorische Zweifler aber, dass auch der TÜV diese Empfehlung ausspricht. Die Erklärung ist einfach: Mit abnehmendem Profil lässt die Verzahnung der Profillamellen mit dem Asphalt nach und der Grip sinkt, die Bremswege werden länger und die Wasserverdrängung funktioniert immer weniger gut.

Auch im Gummi selbst laufen Alterungsprozesse. Weichmacher verflüchtigen sich mit der Zeit, die Flexibilität nimmt ab, das Material verliert seine Haftungs- und Dämpfungseigenschaften. Im Extremfall versprödet es und wird brüchig, was sich auch von außen erkennen lässt. Eine Nutzungsdauer für Reifen gibt der Gesetzgeber nicht vor. Hersteller und TÜV empfehlen, Pneus nach sieben, allerhöchstens zehn Jahren zu tauschen. Hier lesen Sie alles dazu, wie man einen Caravan richtig aufbockt und den Reifen wechselt.
Sonderregelung bei 100-km/h-Gespannen
Ausnahme ist die 100-km/h-Zulassung von Gespannen. Hier darf das Gummi nicht älter als sechs Jahre sein, maßgeblich ist die in die Reifenflanke eingeprägte sogenannte DOT-Nummer (Department of Transportation). Mittels vier Ziffern – die ersten beiden offenbaren die Woche, die letzten beiden das Jahr – gibt sie das Produktionsdatum an. Doch Vorsicht: Da eine gewisse Lagerhaltung unvermeidlich ist, dürfen Reifenhändler ihre Pneus auch dann noch als neu verkaufen, wenn sie bereits drei Jahre alt sind. Dem Polizisten aber, der Ihr Gespann kontrolliert, bleibt kein anderer Anhaltspunkt als eben diese DOT-Nummer. Machen Sie Ihrem Reifenhändler beim Kauf also klar, dass Sie aus diesem Grund keine Ladenhüter brauchen können.
Muss ich den Reifen am Wohnwagen regelmäßig prüfen?
All das oben genannte zeigt: Ein Restprofil oberhalb des gesetzlichen Limits reicht als alleiniges Kriterium für die Tauglichkeit eines Reifens bei Weitem nicht aus. Auch bei noch halbwegs frischen Pneus kann hin und wieder ein prüfender Blick nicht schaden. Bei liebloser Nutzung nämlich – Stichworte Bordsteinkanten und Luftdruck – können Schäden auch innerhalb der empfohlenen Nutzungsdauer auftreten.
Durch Überfahren ausgeprägter Kanten mit zu hoher Geschwindigkeit oder im falschen Winkel werden Karkassen sehr hoch beansprucht, ihre Cordfäden können brechen. Ausbeulungen in der Seitenwand weisen auf sogenannte Stoßbrüche hin. Liegt solch ein Schaden vor, kommt man um den Austausch des Reifens nicht herum.

Die gute Nachricht: Manchmal wird das Schadensbild auch mit einer ungefährlichen Einschnürung der Karkasse verwechselt. Die zeigt sich durch leichte Vertiefungen in der Seitenwand und ist in der Regel harmlos. Sie entsteht durch eine bisweilen im Produktionsprozess auftretende Überlappung von Karkassfäden, die erst beim aufgezogenen und aufgepumpten Reifen sichtbar wird. Klarheit bringt hier im Zweifelsfall nur die Untersuchung durch den Reifenfachmann. Um die innere Struktur der Pneus zu schonen, sollte man beim Überfahren von Kanten immer sehr langsam fahren und einen möglichst stumpfen Winkel wählen.
Welcher Reifen eignet sich für den Wohnwagen?
Grundsätzlich kann jeder Reifen mit dem erforderlichen Lastindex auch auf die Caravanfelgen gezogen werden. Reifenvarianten mit dem zusätzlichen Kürzel CP oder C sind in der Konstruktion verstärkt und setzen oben genannten Misshandlungen eine höhere Widerstandskraft entgegen.
Das CP steht für "Camping" und damit für eine höhere Überlastreserve, die eine mögliche Überladung besser abfängt. C dagegen steht für "Commercial". Diese Reifen sind für den harten gewerblichen Einsatz ausgelegt und vertragen nicht nur unsanfte Behandlung besser als Pkw-Reifen, sondern auch höhere Drücke. Während CP-Gummimischungen weicher sind und lange Standzeiten besser wegstecken als C-Reifen, können Letztere besonders bei der Laufleistung punkten.

Aufgepasst bei der Caravan-Überwinterung
Großen Einfluss auf Alterung und Unversehrtheit seiner Reifen hat nicht zuletzt der Fahrer oder die Fahrerin selbst – im Einsatz, bei der Lagerung und auch während der Standzeiten. Steht der Hänger im Winterquartier, besteht die Gefahr, dass sich durch schleichenden Druckverlust (Faustformel 0,5 bar pro Monat) Standplatten bilden. Das sind irreversible Verformungen der Karkasse, die den Rundlauf empfindlich stören können. Schon ein um 0,3 bar erhöhter Druck hilft dabei, sie zu vermeiden.
Richtiges Aufbocken im Wohnwagen-Winterlager
Ganz auf Nummer sicher geht man mit dem Aufbocken des Caravans, denn so werden die Räder zu hundert Prozent entlastet. Mit speziellen Böcken mit Kippsystem ist das ohne größeren Aufwand machbar. Sind die Stützen erst an der Achse angesetzt, bockt sich der Wohnwagen ganz ohne den Einsatz eines Wagenhebers beim Rückwärtsfahren von alleine auf.
Das simple Ausfahren der Caravanstützen verschafft den Pneus keine Erleichterung, dafür müssen schon Luftkissen oder Keile mit runder Standfläche unter die Räder. Soll der Wagen auch im Winterlager stets rangierfähig bleiben, kann man sich alternativ ein paar verbrauchte Kompletträder günstig anschaffen − immer vorausgesetzt, im Winter wird nicht getourt.
Wer auch in der kalten Jahreszeit unterwegs sein will, der sollte zu Winterreifen greifen, denn unter sieben Grad funktioniert eine Sommermischung in Sachen Grip nicht mehr vernünftig. Die deutsche Gesetzgebung schreibt sie für Anhänger zwar nicht vor, Sinn machen sie bei Schnee und Eis trotzdem. Zudem kann man sie problemlos auch das restliche Jahr über nutzen.
Richtige Lagerung von Wohnwagen-Reifen
Werden die Räder separat zwischengelagert, haben es die Pneus gern trocken, dunkel und kühl. Stapelt man sie, sollte auch hier der Luftdruck erhöht werden. Ideal aber ist die hängende Lagerung an der Wand oder auch auf einem Felgenbaum. Stehen Wohnwagen im Freien, schützt eine Folie oder ein einfacher Karton vor UV-Licht – und das nicht nur im Winter, sondern gerade auch bei längeren Standzeiten unter der sengenden Sonne südlicher Campingplätze.

Auch im Einsatz ist die Beobachtung des Luftdrucks entscheidend. Hierbei sollte man sich immer auf die Herstellerangaben verlassen, denn der ideale Druck hängt von diversen Faktoren ab, darunter die Reifendimensionen und -spezifikationen sowie das Gewicht des Anhängers. Das ist der Grund dafür, dass die empfohlenen Drücke der Wohnwagenhersteller stark variieren. Von 2,5 bis weit über 4 bar reicht die Bandbreite hier. Ist der Reifendruck zu hoch, nutzt sich die Lauffläche mittig ab, und durch die geringere Aufstandsfläche verlängert sich der Bremsweg, Dämpfungseigenschaften und Haftung in Kurven nehmen ab.
Ist der Druck dagegen zu niedrig, wirkt sich das zunächst erst mal nur auf die Fahrstabilität aus. Bei längerer Fahrt aber kann es kritisch werden. Dann kann sich die walkende Karkasse derart aufheizen, dass die innere Struktur des Reifens sich aufzulösen beginnt. Im Extremfall endet das im Ablösen der Lauffläche oder auch in plötzlichen Reifenplatzern.
Platter Reifen
Selbst größte Sorgfalt im Umgang mit Kollege Kautschuk aber kann nicht immer vermeiden, dass einen unterwegs ein Plattfuß ereilt. Wer einen Platten hat, muss meist zur Werkstatt. Um in die nächste Werkstatt zu kommen, bleibt dann nur das Abschleppen durch die Pannenhilfe oder die provisorische Pannenreparatur mittels Pannenspray oder Reparaturset.
Am wenigsten Zeit verliert man, wenn man den passenden Ersatzreifen an Bord hat. Der allerdings ist in den letzten Dekaden zu einem immer selteneren Begleiter mutiert. Erst haben uns die Hersteller kaum brauchbare Noträder ins Auto gepackt, mittlerweile sind es in den meisten Fällen nur noch Pannensets in Form von Sprays und einem kleinen Kompressor. In Wohnwagen findet man serienmäßig oft nicht nur kein Ersatzrad mehr vor, manchmal sind nicht mal mehr entsprechende Transportmöglichkeiten vorhanden.
Das bedeuten die Abkürzungen auf der Reifenplanke

- 215 als Reifenbreite: Sie wird in Millimetern angegeben. Bei Caravans liegt sie meist unter 200 Millimeter.
- 75 als Reifenquerschnitt: Das Verhältnis von Höhe und der Breite in Prozent. Je größer die Zahl, desto höher ist der Reifen. Das mindert das Durchschlag- und Schadensrisiko.
- R als Reifenbauart: R steht hier für Radial- oder Gürtelreifen, heute Standard. Ihre Vorgänger waren Diagonalreifen (D), die man noch in der Landwirtschaft oder an Oldtimern sehen kann.
- 16 als Innendurchmesser: Der Wert entspricht dem Felgendurchmesser in Zoll. Die Angaben auf Felge und Reifen müssen übereinstimmen.
- CP als Zusatzangaben für erhöhte Tragfähigkeit: CP steht für Camping, C für Commercial; weitere Kürzel für höhere Tragfähigkeit sind RF (reinforced) oder XL (Extraload).
- Lastindex (unter CP in klein): Er steht für die Last, die ein Reifen tragen kann. Die 113 im Bild steht für 1150 Kilo. Addiert müssen die Werte der Reifen einer Achse mindestens die Achslast ergeben. Der Buchstabe steht für die zugelassene Höchstgeschwindigkeit – im Falle des Q 160 km/h.
- DOT-Nummer: Die ersten beiden der letzten vier Ziffern geben die Kalenderwoche, die letzten das Produktionsjahr des Reifens an.
Fazit
Reifen werden beim Wohnwagen oder Caravan häufig wenig beachtet. Sehr ärgerlich ist es aber, wenn sie während der Urlaubstour Probleme machen. Deshalb sollten Sie schon vorher ein Auge auf die Reifen werfen. Mit wenigen Checks stellen Sie sicher, dass noch genug Profil und Druck vorhanden ist und schützen ihren Reifen vor Beschädigung bei der Lagerung. Wir verraten die Tipps, dank derer Sie wenig Pannen unterwegs haben werden.