Zelten ist eine Sucht. Die Sehnsucht nach Freiheit und Raum jenseits vom Alltag. Das verstehen viele. Aber seit ich mit Kindern reise, werde ich immer wieder gefragt: "Warum tust du dir das an: auf kleinstem Raum, ohne eigenes Bad und bei Wind und Wetter draußen?"
Und dann erzähle ich, wie wir barfuß am Frühstückstisch den Tag besprechen: Soll es zum Baden oder zum Holzsuchen in den Wald gehen? Wollen die Kinder mit den anderen Kindern umherziehen oder zum Spielplatz? Wer wäscht ab, was brauchen wir noch vom Markt und wer räumt das Matratzenlager auf, sodass wir nach dem Lagerfeuer nur noch hineinfallen brauchen?
Ja, es kann eine Herausforderung sein, muss es aber nicht. Mit Tipps von anderen Eltern und eigener Erfahrung geht es gleich viel entspannter zu. Und ihr bekommt im Gegenzug einen ganzen Sack an unvergesslich schönen Urlaubsmomenten.

Weniger ist mehr
Das Schönste am Zelten ist die gemeinsame Zeit ohne zu viel Ablenkung. Bereits nach zwei Tagen streiten sich die Kinder weniger und sind deutlich relaxter. Schon die Planung ist entspannter. Ihr könnt spontan entscheiden, wohin es gehen soll und wann. Spielen das Wetter oder andere Umstände nicht mit, wird der Plan geändert. Diese Flexibilität nimmt den Stress.
Ihr seid den ganzen Tag an der frischen Luft, bewegt euch viel und könnt so sein, wie ihr wollt: barfuß, in Freizeitkleidung, ungeschminkt, auch mal lauter und wilder als in einem Hotel. Im Kopf dreht es sich um elementare Dinge: Wetter, Kleidung, Essen oder Feuerholz.
Das Leben auf dem Zeltplatz ist ein Abenteuer, das kreative Ideen fordert. Alle lernen, mit weniger auszukommen. Die Kinder denken sich Spiele aus, bemalen Steine oder bauen Staudämme. Das macht es zu einem umweltfreundlichen Urlaub. Vor allem, wenn ihr mit der Bahn anreist und euch die Ausrüstung borgt. Das Tollste für die Kinder sind andere Kinder, mit denen sie Natur und Platz entdecken. Zelten schenkt wunderschöne Kindheitserinnerungen. Im See baden, Nachtwanderungen und das Lagerfeuer mit Stockbrot und Marshmallows werden sie nie vergessen. Mehr Tipps zum Thema Outdoor-Kochen ohne Strom lesen Sie hier.

Ist das nicht verlockend? Probiert es doch aus. Es braucht nicht viel. Eigentlich reichen Zelt, Schlafsäcke, Schlafunterlagen und Lampen. Statt Tischen und Stühlen genügt zur Not eine Picknickdecke für das Frühstück, wenn man ansonsten auswärts essen geht.
Wichtig ist, dass sowohl Schlafsäcke als auch die Schlafunterlagen schön wärmen. Nichts ist schlimmer als bibbernde Kinder. Bei der Zeltauswahl ist die fachliche Beratung unersetzbar. Kauft mindestens für eine Person mehr, als die Personenzahlangabe der Hersteller empfiehlt. Auch an warmer, multifunktionaler Kleidung sollte man nicht sparen. Mein Tipp: ein Ersatzschlafsack sowie Flickmaterial für die Isomatten.
Seid trotzdem auf alles vorbereitet
Ihr wollt nicht minimalistisch zelten oder erwartet viel Regen, dann sollten ein Tarp als Sonnen- und Regenschutz, eine Hängematte, Tisch, Stühle und warme Kuscheldecken nicht fehlen. Bei unseren Teenagern gehört die aufblasbare Couch dazu. Nehmt für jeden eine eigene Stirnlampe mit. So habt ihr die Hände frei, jeder kann abends noch in Ruhe Bücher ansehen und es gibt keine Streiterei.
Viele Spielsachen brauchen Kinder nicht, aber ein paar Bücher, Blöcke und Stifte für die ruhige Beschäftigung und Gemeinschaftsspiele für alle sollten dabei sein. Besonders nützlich auf größeren Campingplätzen sind Laufräder, Fahrrad oder Roller.
Am schwierigsten ist die Kleiderwahl. Gerade in Deutschland sind wetterfeste Kleidung, Gummistiefel, Matschkleidung und genügend Wechselsachen das A und O beim Campen. Wäscheleine und Klammern sind immer dabei. Tipp: Die Funktionswäsche ist perfekt als Schlafanzug geeignet, gerade wenn es nachts auf die Toilette geht.
Wenn ihr mit einem Baby zelten wollt, braucht ihr zusätzlich zur Grundausrüstung für euer Baby eine einseitig isolierte Picknickdecke, ein Camping-Töpfchen und eine große (faltbare) Waschschüssel. Auf vielen Campingplätzen schwankt die Wassertemperatur, da ist das Duschen mit Baby kein Spaß. Eine Thermosflasche sorgt für warmes Wasser am frühen Morgen und man kann damit die Schlafsäcke vorwärmen. Tipp: Es gibt koppelbare Schlafsäcke, die nächtliches Stillen angenehmer machen. Ideal sind auch doppelte Isomatten.
Drei Themen haben Streitpotenzial und sind ideal, um Gelassenheit zu üben: Schlafenszeit, Sauberkeit und Ordnung. Muss das Kind wirklich um halb acht ins Bett? Gegen Helligkeit können zwar abgedunkelte Schlafkabinen helfen, gegen die Geräuschkulisse und das Gefühl, etwas zu verpassen, jedoch nicht. Warum also nicht einfach die Vereinbarung treffen, dass dein Kind aufbleiben darf, wenn es sich selbst beschäftigt oder mit anderen spielt?

Wie bleibt alles sauber?
Dreck gehört zum Zelten dazu, egal ob es sich um das Zelt, die Klamotten oder deine Kinder selbst handelt. Du kannst dich noch so sehr anstrengen, es wird im Zelt und in den Schlafkabinen nie so sauber und ordentlich sein wie zu Hause. Am besten findest du dich gleich damit ab. So ersparst du dir und deinen Kindern ein ständiges Ermahnen und eine Menge Stress.
Damit es für alle erholsam ist, teilt Kochen, Abwaschen und Putzen auf. Das bisschen Haushalt kann den Urlaub verderben, wenn einer alles alleine machen muss. Tipp: Ordnung im Zelt lässt sich am besten halten, indem du alles in durchsichtige Kisten zum Stapeln verpackst oder in Seesäcke mit transparentem Fenster.
Damit es entspannter wird, müssen klare Regeln her. Diese am besten gleich am Anfang und bei jedem Frühstück besprechen, auch wie der Tag aussehen soll. Am ersten Tag lauft ihr am besten den Platz gemeinsam ab, damit die Kinder sich auskennen und danach auch alleine flitzen können – am besten mit einem Armband mit der Handynummer der Eltern.
Macht euch Gedanken, wie ihr dem Lagerkoller entkommt, wenn es regnet: Regentropfen fangen, Steinbrücke über Pfütze bauen oder Pfützen-Boccia. Mit der richtigen Kleidung könnt ihr auch einen Ausflug oder eine kleine Wanderung machen. Nicht alles wird klappen und irgendwas wird vergessen. Das gehört dazu. Zum Glück gibt es die anderen CamperInnen. Seid offen, fragt nach Hilfe und nehmt sie an. Auch, wenn ihr plötzlich zum Essen eingeladen werdet. So lernt ihr am besten andere kennen und findet nicht selten lebenslange Freunde, mit denen man in Zukunft zelten kann.

Für mich ist und bleibt Zelten die entspannteste Art, mit Kindern Urlaub zu machen. Am Ende ist es jedoch nicht nur für mich als Mama ein perfekter Urlaub, sondern es sind die schönen Kindheitserinnerungen, die noch wichtiger sind.
Hier geht's zu Teil 2 "Zelten mit Kindern" mit vielen Praxis-Tipps zur Platzwahl, Planung, Anreise und Campingküche.
Fazit
Mein abschließender Rat für AnfängerInnen: Macht beim ersten Mal ein Camping-Wochenende ganz in der Nähe. So könnt ihr zur Not noch einmal nach Hause fahren und Vergessenes holen. Das Wichtigste ist: einfach machen und eine gute Mischung aus Gelassenheit, Sicherheit und Spaß finden. Dann erlebt ihr unvergesslich schöne Zelturlaube mit euren Kindern.