Fachreport: Sachmängel am Caravan
Ist die Wohnwagen-Qualität gesunken?

Die Freizeitbranche boomt, egal ob groß oder klein – Wohnwagen jeglicher Art stehen hoch in der Konjunktur. Händler und Hersteller freut’s. Doch wie steht es eigentlich um die Qualität der Caravans?

Ratgeber Sachmängel Caravan
Foto: Bernd Thissen

Uns erreichen in jüngster Vergangenheit vermehrt Zuschriften von Lesern, die sich über die Qualität ihres Caravans beklagen. Auch bei der Leserwahlumfrage 2020 von CARAVANING sagten immerhin 54 Prozent aller Befragten, dass sie in den letzten zwölf Monaten ein Problem mit ihrem Caravan hatten. Zum Vergleich: 2006 lag der Wert noch bei 46 Prozent.

Was ist ein Sachmangel?

Von einem Sachmangel spricht man korrekt dann, wenn sich der Kaufgegenstand nicht für die im Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Ein Mangel liegt außerdem vor, wenn sich der Caravan nicht für den bestimmungsgemäßen Gebrauch eignet oder nicht die übliche Beschaffenheit aufweist. Unterscheiden muss man zwischen Mangel und Verschleiß: Verbrauchte Bremsbeläge, alte Reifen und abgenutzte Beläge der Schlingerkupplung sind kein Sachmangel und müssen vom Besitzer allein bezahlt werden.

Anders sieht es aus, wenn ein echter Sachmangel vorliegt. Wer dann für die Reparaturkosten aufkommt, hängt davon ab, wie alt der Caravan ist beziehungsweise wie lange der Kauf zurückliegt. Wichtig ist hier auch die Unterscheidung der Begriffe Garantie und Sachmängelhaftung (früher oft Gewährleistung genannt), die sprachlich immer wieder miteinander vermischt werden.

Der Verkäufer muss dafür geradestehen, dass der verkaufte Gegenstand frei von Mängeln ist – das ist die Sachmängelhaftung. Wichtig: Mängel müssen schon zum Zeitpunkt des Kaufs bei der Übergabe des Caravans bestanden haben, gleichgültig ob sie sofort oder erst später entdeckt werden. Die gesetzlich geregelte Gewährleistungsfrist beträgt 24 Monate. Durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen oder aufgrund gesonderter Vereinbarungen kann diese Frist bei gebrauchten Artikeln auf zwölf Monate verkürzt werden. Im Geschäftsverkehr ist ein vollständiger Ausschluss unzulässig.

Tritt ein Defekt auf, gilt in den ersten sechs Monaten nach Übergabe des Kaufgegenstandes an den Käufer die gesetzliche Vermutung, dass dieser bereits bei Übergabe des Gegenstands an den Käufer vorhanden war. Entdeckt der Käufer nach Ablauf der sechs Monate den Mangel, dreht sich die Beweislast, und nun muss der Käufer beweisen, dass die Sache bereits bei Übergabe an ihn mangelhaft war.

Unterschied zwischen Sachmängelhaftung und Garantie

Die Garantie ist im Gegensatz zur Sachmängelhaftung eine freiwillige Leistung, meistens vom Hersteller an den Kunden. Die Garantie bezweckt, dem Endverbraucher die Funktionsfähigkeit des verkauften Gegenstands für einen definierten Zeitraum zuzusagen. Der Zustand der Ware zum Zeitpunkt der Übergabe an den Verbraucher spielt dabei keine Rolle. Garantie und gesetzliche Sachmängelhaftung sind voneinander unabhängig, das bedeutet, der eine Anspruch hat auf den anderen keinerlei Auswirkungen. Für den Käufer ist immer der Verkäufer Ansprechpartner für Ansprüche aus der Gewährleistung. Geht es um Ansprüche aus der Garantiezusage, ist in der Regel der Hersteller des Produkts in der Pflicht.

Sollte sich bei der Beseitigung von Sachmängeln keine Einigung erzielen lassen, kann der Gang zum Rechtsanwalt helfen. Doch bevor es so weit kommt, hilft in vielen Fällen schon ein persönliches Gespräch mit dem Händler.

Hat die Qualität wirklich abgenommen?
Das sagen die Hersteller.

Es ist kein Geheimnis, dass der Produktionsoutput der Hersteller steigt. So gibt beispielsweise Dethleffs an, dass sich der Absatz von Caravans in den letzten Jahren überproportional zum ohnehin schon steigenden Markt erhöht hat, Adria spricht von einer jährlichen Steigerung von 20 Prozent seit 2014 auf dem deutschen Markt, und bei Knaus-Tabbert wurden über alle Marken hinweg in den letzten fünf Jahren die Verkäufe von 15.140 Fahrzeugen auf 26.196 gesteigert – das entspricht einem Wachstum von 73 Prozent.

Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man nun zu dem Schluss kommen, dass durch die steigenden Produktionszahlen die Qualität leidet und mehr Mängel an Freizeitfahrzeugen auftreten als in früheren Jahren. Anderer Ansicht sind da zumindest die Hersteller. Alle Hersteller von der Hymer-Gruppe über Knaus-Tabbert bis zu Importmarken wie Adria teilte uns mit, dass die absolute Anzahl an Reklamationen zwar steigt, jedoch nicht die prozentuale Anzahl in Relation zu den Zulassungen.

Kurz gesagt: Die Qualität der Caravans sei gleich geblieben oder sogar gestiegen, das Mehr an Reklamationen sei einzig und allein auf die höheren Zulassungszahlen zurückzuführen.

Die Meinung des Sachverständigen

Teilweise ist auch der Sachverständige Gerolf Happel, der bereits seit über 25 Jahren Gutachten für Freizeitfahrzeuge erstellt, dieser Meinung. Er merkt allerdings auch an, dass es aufgrund der hohen Produktionszahlen beispielsweise öfter zu gelösten Klappenteilen und Wellen in der Wand komme. Sein Resümee: "All das ist reparabel, die Qualität der Fahrzeuge ist in den letzten Jahren im Ganzen deutlich besser geworden." Happel sieht noch einen weiteren Grund für steigende Reklamationszahlen:

Die Kunden sind in den letzten Jahren komplizierter und schwieriger geworden. Manche verspüren Kaufreue und wollen das System ausnutzen, indem sie über eingebildete oder tatsächliche Sachmängel Preisnachlässe für ihr Fahrzeug zu erwirken versuchen."

Bernd Eichstedt vom Caravanpark Spannan im schleswig-holsteinischen Osterrönfeld sieht das ähnlich: "Das Klientel hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Ansprüche der Kunden steigen, und es fehlt bei vielen das Verständnis dafür, dass im Produktionsprozess viele Zulieferer mit drinhängen. Das muss man den Kunden erst einmal erklären, aber dann bringen die meisten auch Verständnis auf." Kurt Manowski, Vertriebs- und Marketingleiter beim deutschen Adria-Importeur, sieht ebenfalls den höheren Anspruch der Kunden als Grund für wachsende Reklamationszahlen: "Heute wird schon ein loses Pushlock-Schloss reklamiert, früher drehte es der Kunde mit dem Finger einfach wieder fest."

Lange Wartezeiten für Reparaturtermine

Ein loses Klappenschloss ist zwar lästig, aber verschmerzbar. Anders sieht es da bei Reparaturen aus, die notwendig sind, um den Caravan betriebsbereit zu halten. Lange Wartezeiten auf Werkstatttermine beziehungsweise auf die Lieferung von Ersatzteilen sind vielen Caravanern ein Dorn im Auge. Die Betreuung der Kunden nach dem Kauf klappt offenbar nicht bei allen Herstellern gleich gut. Gerolf Happel: "Es gibt mittlerweile Hersteller, die umgedacht haben und die versuchen, sich diesbezüglich zu verbessern. Die Kunden wollen heute nicht mehr monatelang auf einen Werkstatttermin warten."

Um Wartezeiten zu verkürzen, braucht es vor allem ausreichend Kapazitäten in den Werkstätten. Das hat auch Sören Schaffer erkannt, Inhaber des Handelsbetriebs Schaffer Mobil in Dresden: "Wir haben eine neue große Werkstatt eröffnet, problematisch war es, Fachpersonal zu bekommen." Um Aufenthalte in der Werkstatt zu entzerren, rät er Kunden, notwendige Inspektionen und Reparaturen im Winter durchführen zu lassen. Eine neue Werkstatt hat auch Bernd Eichstedt von Spannan bauen lassen und sieben neue Monteure angestellt. Er meint: "Jeder Handelsbetrieb muss sich der Herausforderung stellen, indem er qualifizierte Mitarbeiter einstellt und die Kapazitäten erweitert." Gutes Fachpersonal ist der Schlüssel zum Erfolg, das weiß auch Heinz Dietz vom Freizeitcenter Dietz im bayerischen Ebern: "Wir bilden selber aus und haben so keine Probleme mit Fachkräftemangel, außerdem wird jeder Mitarbeiter jährlich fortgebildet."

Bei der Beseitigung von Mängeln sind Händler allerdings auf die Hersteller angewiesen, vor allem wenn es um die Lieferung von Ersatzteilen geht. Heinz Dietz: "Mit einigen klappt die Zusammenarbeit tadellos, mit anderen haben wir keine guten Erfahrungen gemacht – dann wird aussortiert! Denn wenn ich Probleme mit dem Hersteller habe, habe ich auch welche mit den Kunden."

Und was machen die Hersteller?

Für einen besseren Service hat Adria zum Beispiel in Slowenien ein neues Logistik-Center errichtet, um Ersatzteile zügig liefern zu können, und beim Importeur Reimo wurde zudem ein Adria-Ersatzteil-Zwischenlager inte- griert. Dethleffs vergrößert derzeit dieArbeitsbereiche für die Abteilungen Ersatzteile und Kundendienst und führt ein effizienteres Kommissionier-Verfahren ein. Hymer setzt unter anderem auf regelmäßige Schulungen der Service-Mitarbeiter.

Trotz aller Bemühungen der Hersteller um eine gute Betreuung der Händler und Qualität bei ihren Caravans: Ein Freizeitfahrzeug besteht aus sehr vielen Komponenten von unterschiedlichsten Zulieferern, da kann es immer mal sein, dass etwas nicht so funktioniert, wie es sollte. Umgangssprachlich ist dann schnell die Rede von einem Sachmangel, doch nicht jede Fehlfunktion ist das auch im juristischen Sinne.

Ratgeber Sachmängel Caravan
Dieter S. Heinz
Das Ersatzteillager von Dethleffs ist an seine räumlichen Grenzen gestoßen, Abhilfe soll ein Umzug schaffen.

Qualitätssicherung der Caravan-Hersteller
Um Produktmängel bereits im Werk abzustellen, führen die Caravan-Hersteller vielfältige Qualitätskontrollen durch. Dethleffs setzt beispielsweise einen ganzen Maßnahmenkatalog um. Dazu gehört eine Materialprüfung, zu der die Erstmuster- sowie die Prototypenprüfung vor dem Serienanlauf gehört. Im Produktionsbetrieb werden Zwischenkontrollen durchgeführt, die vor allem Seitenwände, Bodenplatte und Baugruppen wie Küche sowie Dachschränke betreffen. Am Ende des Bandes findet die Endprüfung statt. Dazu gehört der Check von Optik, Funktionen sowie Sicherheitsaspekten wie Gas und Strom. Außerdem werden Drehmomente geprüft und dokumentiert. Weitere Maßnahmen der Qualitätssicherung bei Dethleffs sind laufende Mitarbeiterunterweisungen und -schulungen.

Ähnlich sieht es bei Knaus-Tabbert aus: Bevor ein Fahrzeug vollständig fertig vom Band läuft, wird eine komplette Funktions- und Sichtprüfung durchgeführt. Zusätzlich werden zu jeder neuen Serie Produkt-Audits durchgeführt, also eine verstärkte Prüfung des gesamten Fahrzeugs sowie speziell der neuen Komponenten und Funktionen. Bevor neue Fahrzeuge auf den Markt kommen, werden sogenannte Fehler-Möglichkeit-Einfluss-Analysen für Neuentwicklungen sowie Erstmusterprüfungen aller verbauten Komponenten durchgeführt, um eventuelle Risiken vorab zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Bei Adria durchlaufen einzelne Komponenten während der Montage bereits verschiedene Prüfprozesse, dazu gehören auch die Gasanlage, Elektrik und Wasseranlage. Am Ende der Produktion wird jedes Fahrzeug nochmal gecheckt, bevor es in den Auslieferungsbereich entlassen wird. Zusätzlich gibt es eine willkürliche Auswahl von fünf Prozent der Fahrzeuge, die eine spezielle Endkontrolle inklusive Dichtigkeitscheck in der Regenkammer erhalten.

Fazit

Steigende Zulassungszahlen bedingen steigende Reklamationsfälle. Solange die Relation nicht steigt, ist das kein Drama. Jedoch wachsen die Kapazitäten der Werkstätten nicht im selben Maße, wie neue Freizeitfahrzeuge auf die Straße kommen. Das führt zu Engpässen bei der Terminvergabe. Wochenlange Wartezeiten bei einer Standardreparatur? Ist mir selbst gerade erst passiert. Da will man gar nicht wissen, wie lange die Wartezeit bei einem aufwendiger zu reparierenden Schaden ausfällt. Im Sinne der Kundenzufriedenheit sollten Händler und Hersteller jedenfalls alles daran setzen, das After-Sales-Geschäft weiter auszubauen.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit Sachmängeln an Caravans? Mussten Sie auch schon mal zur Nachbesserung bitten, oder blieben Sie bisher davon verschont? Wie gut funktionierte die Abwicklung über den Händler, und waren Sie mit der Reparatur zufrieden? Egal welcher Art Ihre Erfahrungen mit dem Thema sind: Schreiben Sie uns eine E-Mail an redaktion@caravaning.de, Stichwort "Sachmängel".

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Erscheinungsdatum 09.05.2023

92 Seiten