Interessantes Gespann: Niewiadów N 126 ET & Suzuki Jimny.

Niewiadów N 126 ET und Suzuki Jimny im Test Campingfahrzeuge oder doch Spielzeug?

Niewiadów N 126 ET und Suzuki Jimny passen bestens zusammen. Sie sind klein, haben Platz für zwei, halten richtig was aus und kosten nicht die Welt. Wir haben die zwei für eine Ausfahrt verkuppelt und fragen uns: Sind das ernstzunehmende Campingfahrzeuge oder doch Spielzeug?

Niewiadów und Suzuki Jimny Bernd Thissen
Niewiadów und Suzuki Jimny
Niewiadów und Suzuki Jimny
Niewiadów und Suzuki Jimny
Niewiadów und Suzuki Jimny 28 Bilder

Seit 1973 werden im polnischen Osiedle Niewiadów äußerlich fast unverändert Caravans mit der Bezeichnung N 126 gebaut. Die Zahl ist kein Zufall: Der kleine GfK-Caravan basierte ursprünglich auf dem Rahmen des Polski-Fiat 126. Auch der Suzuki Jimny hat Tradition: Seit 1968 hüpft der Starrachsen-Floh durch Japan, in Europa landete er 1981 als Suzuki SJ 410.

Die aktuelle Generation des jetzt offiziell Jimny getauften Geländewagens löste einen regelrechten Hype aus: Jäger und Städter kauften die Händler leer. Die einen schätzen die Robustheit und Geländegängigkeit, die anderen Format und Übersichtlichkeit der Westentaschen-G-Klasse.

Niewiadów N 126 ET

Aber fangen wir von hinten an, sprich mit dem N 126 ET, dessen Kürzel "ET" auf einen Toilettenraum und Platz für zwei hinweist. Erstmal die Köpfe einziehen jetzt, die Tür ist gerade einmal 1,43 Meter hoch. Sich drinnen erleichtert aufrichten kann aber nur, wer unter 1,71 Meter groß ist. Entspannung für die Rückenmuskeln schafft das 1,08 x 1,06 Meter große Hubdach: Es vergrößert die Kopffreiheit auf immerhin 1,85 Meter – an der höchsten Stelle in der Wagenmitte wohlgemerkt.

Niewiadów und Suzuki Jimny
Bernd Thissen

Die Umbausitzgruppe im Heck füllt den Großteil der 4,9-Quadratmeter-Grundfläche. An ihr finden im Tagesmodus vier Personen Platz, wobei das schräge Heck samt Gardinen die hinteren Plätze auf Kindergröße schrumpft. Der Sitzkomfort auf den einfachen Polsterteilen ist, sagen wir mal, okay. Gemütlich machen es der komplett mit Stoff ausgekleidete Aufbau und die Möglichkeit, die Beine auf der gegenüberliegenden Bank hochzulegen.

Für Kleinkram gibt es rundum schmale Fächer statt Dachschränke. Zum Bettbau wird der Esstisch einfach zwischen die Bänke gelegt, während die Rückenpolster die Lücken schließen. Dass der Schlafkomfort auf der 1,85 mal 1,24 Meter großen Liegefläche nicht luxuriös ist, liegt aber nicht nur an den zierlichen Abmessungen und den einfachen Polsterquadern. Auch der zerklüftete Unterbau trägt seinen Teil dazu bei. Als Lichtquelle für Sitzgruppe und Bett muss ein einzelner, zentraler Lesespot genügen. Auch die beiden starren Seitenfenster ohne Rollos sind eine Niewiadów-Eigenwilligkeit. Gut, dann macht man eben die Vorhänge dicht.

Platz fürs Urlaubsgepäck findet sich im N 126 ET in den niedrigen, aber soliden Sitztruhen und im Kleiderschrank. In der linken Sitztruhe ist auch der Umformer beheimatet. 230 Volt kommt aus einer einzigen Steckdose.

Kleiner Caravan – gute Ausstattung

Als kleinsten Serien-Caravan mit Bad bewerben die Polen den N 126 ET. Und eigentlich ist auch alles da, was man braucht: eine Banktoilette von Thetford, ein technisch simples, aber funktionales Klappwaschbecken, ein Spiegel, ein Milchglasfenster und eine Lampe, die hauptsächlich den Hinterkopf beleuchtet. Was aber schwerer wiegt, ist die Abwesenheit von Ablagen rund um das Waschbecken.

Ein Zweiflammkocher und eine große Edelstahl-Rundspüle sind die Hauptkomponenten der Küche. Utensilien finden in drei kompakten, aber tiefen Unterschränken sowie einem schmalen Dachschrank Platz. Besteckschublade? Fehlanzeige. Im rechten Unterschrank lagert der Wasservorrat in einem 10-Liter-Kanister. Auch die Gasabsperrhähne für Herd, Kühlschrank und Heizung (wenn an Bord) sind hier untergebracht. Auch warmes Wasser aus Therme oder Boiler gibt es nur gegen Aufpreis. Für Großgewachsene ist die Nutzung der Küche unbequem, da die Arbeitsplatte nur 72 Zentimeter hoch ist. 55 Liter Nutzvolumen offeriert der Unterbau-Kühlschrank. Auf die Fläche darüber könnte man einen Fernseher stellen.

Niewiadów und Suzuki Jimny
Philipp Heise
Die optionale Truma S2200 ist heute selten. Für den N 126 ET reicht sie vollkommen.

Ein Alleinstellungsmerkmal der N 126-Modelle ist ihr handlaminierter Voll-GfK-Aufbau, der sie widerstandsfähig und langlebig macht. Auf dem Gebrauchtmarkt sind Modelle aus den 70er Jahren keine Seltenheit. Kehrseite der Konstruktion: Ihre Dämmung ist spärlich. Ehrlich gesagt beschränkt sie sich auf die Wand- und Dachteppiche mit acht Millimeter dickem Polyurethanschaum-Unterbau.

Der klebt direkt auf den fünf Millimeter dicken GfK-Formteilen. Die Angst zu frieren ist dennoch unbegründet, wenn die optionale Truma- S2200-Heizung für 1.795 Euro geordert wird. Mit 1.850 kW Heizleistung wärmt sie den kleinen Innenraum ruck, zuck auf und hält ihn zuverlässig auf Temperatur.

Vielseitig sind die Gestaltungsmöglichkeiten des N 126: 14 Polster- und drei Gardinenfarben lassen sich auf sechs Wandteppichfarben abstimmen. Des Weiteren stehen zwei Möbel- und zwei Tischplattendekore sowie zwei Fenstertönungsstufen zur Wahl. Der Basispreis von 11.165 Euro ist in der Realität kaum zu halten. Beim Testwagen hat sich Importeur Blyss aufs Wesentliche beschränkt. Mit Fracht und Papieren stünden so 13.709 Euro auf der Rechnung.

Das fiel uns auf

 Im Serienumfang enthalten sind gut erreichbare Kurbelstützen und ein Unterflur-Reserverad.
 Der Aufbau besteht komplett aus GfK, ist extrem robust und rollt auf einem Alko-Chassis.
 Die Edelstahl-Rundspüle und der Zweiflammkocher sind groß und gut nutzbar.

  Schwer erreichbare Sperrhähne sind nicht sinnvoll. Im Gaskasten gibt es einen Haupthahn.

 Verdunklungsrollos fehlen an den beiden seitlichen, nicht zu öffnenden Sitzgruppenfenstern.
 Die Detailverarbeitung und einige Spaltmaße am Möbelbau lassen noch Raum für Verbesserung.

Daten und Messwerte

Karosserie

  • Aufbau: Dach und Seitenwände, Bug/ Heck: GfK-Schale mit stoffbespannter Schaumisolierung (je ca. 15 mm). Boden: GfK-Schale mit Multiplexplatte und PVC-Belag (ca.16 mm). Aufgesetzter Deichselkasten aus ABS. Einteilige Aufbautür 143 x 51 cm Einstiegshöhe 52 cm.
  • Anbauteile: einteiliger Heckleuchtenträger, Rangiergriffe an Bug und Heck.
  • Fenster/Hauben: 3 Ausstellfenster mit Rohraufstellern und Duo-Verdunkelung, 2 Seitenfenster, Aufstelldach mit Moskitonetz 108 x 106 cm.

Möbel

  • Material/Beschläge: Sperrholzmöbel mit Metallscharnieren und Pushlock-Verriegelung, Kleiderschrank und Badezimmertür ebenfalls mit Pushlockverriegelung.

Bordtechnik

  • Gas/Heizung:Gasheizung Truma S 2200.
  • Wasseranlage: 10-Liter-Frischwasser-kanister, Tauchpumpe.
  • Elektrik: Umformer PS276, 270 W. Steckdose an Sitztruhe.
  • Beleuchtung: Schwenkspot für Umbausitzgruppe, Schwenkspot für Küche. Zweistufige Wandleuchte im Bad, Vorzeltleuchte.
  • Küchenausstattung: Zweiflammkocher, Rundspüle mit abgesetztem Hebel-Klappmischer, Glasabdeckung. Kühlschrank Dometic C40/110 mit 55 Litern Nutzinhalt und 5 Litern Gefrierfach.
  • Sanitär:Thetford C 400 Banktoilette mit 15-Liter-Spültank. Klappwaschbecken mit Wandablauf und Hebel-Klappmischer.

Preise und Ausstattung

Grundpreis: 11.165 Euro
Testwagenpreis: 13.709 Euro

TÜV/Zulassungsbescheinigung II: 99 Euro
Überführungspauschale: 450 Euro
Antischlingerkupplung Alko AKS 3004: 200 Euro (im Testwagen enthalten, empfehlenswert)
Heizung Truma S2200: 1.795 Euro (im Testwagen enthalten, empfehlenswert)
Auflastung auf 900 kg zulässiges Gesamtgewicht 330 Euro (empfehlenswert)
USB-Anschlussdose 30 Euro (empfehlenswert)
Truma-Therme 5 Liter 350 Euro (empfehlenswert)
Autarkpaket mit Batterievorbereitung 265 Euro
Gasboiler 10 Liter 1.135 Euro
Vorzelt 715 Euro (empfehlenswert)
Alufelgen 250 Euro

Wertung

  • Wohnen 2,6 von 5 Punkten
  • Beladen 2,4 von 5 Punkten
  • Technik 2,2 von 5 Punkten
  • Fahren 3,5 von 5 Punkten
  • Preis & Service 2,8 von 5 Punkten

Suzuki Jimny

Niewiadów und Suzuki Jimny
Bernd Thissen

Der grüne Sandfloh vor dem Niewiadów zeigt am Ufer des Silbersee II in Haltern, was er am besten kann: nämlich sich mit 21 Zentimetern Bodenfreiheit,Starrachsen, Allradantrieb, zwei Diffrenzialsperren und Untersetzung mit Schmackes durchs Geläuf wühlen. Unter der kantigen Haube versammelt der 1,5-Liter-Benziner die 102 PS bei hohen Drehzahlen, dazu jault das 5-Gang-Schaltgetriebe, das über einen langen Schaltstock befehligt wird. Der zweite, kürzere Hebel aktiviert Allradantrieb und Untersetzung. Man ahnt es: Lange Strecken sind nicht, wofür der Jimny gemacht ist.

Das maximale Drehmoment von 130 Newtonmetern liegt erst bei etwa 4.000 U/min an, bereits knapp über Landstraßentempo steigert sich der anfängliche Wunsch nach einem sechsten Gang zum Flehen. Denn mit den Drehzahlen zieht auch der Lärm ins übersichtliche Blechwürfelchen ein. Nicht nur darum lässt man es im Alltag, durch den der Jimny vergnüglich wuselt, oft bei 100 km/h bewenden.

Zwar schwingt er sich zu 145 Sachen auf, aber dabei fühlen sich erst die beiden weich aufgehängten Starrachsen und dann der Lenker nicht mehr wohl. Das Fahrwerk ist auch der Grund, warum man die 1,3 Tonnen Anhängelast nicht ausreizen möchte: Vertrauen in die Führungsqualität des Jimny will nie recht aufkommen. Sicher spielt dabei auch sein geringes Gewicht von 1,1 Tonnen eine Rolle. Die Leistung des Motors reicht für die Zugaufgabe aus. Und ist dabei sogar genügsam. Trotz eines 2,30 Meter breiten Windfängers im Schlepp will der 1,65 Meter schmale Japaner nur 11,1 Liter Super auf 100 Kilometer.

Dass es den Jimny nur noch als Zweisitzer mit Trenngitter gibt, liegt an seinen Abgaswerten: Um einen Verkaufsstopp in Europa zu umgehen, schmiss Suzuki die Rückbank raus – für Nutzfahrzeuge sind die Abgashürden niedriger. Nun: Ein klassisches Familienauto ist der Zwerg ohnehin nie gewesen.

Antrieb, Fahreigenschaften und Verbrauch

Motor: Vierzylinder-Benzinmotor, 1.462 cm3, max. Drehmoment 130 Nm bei 4.000/min. Abgasnorm: EU 6.
Tankvolumen: 40 L

Fahrleistungen

  • Beschl. 0–100 km/h k. A.
  • Höchstgeschw.145 km/h

Testverbrauch Liter/100 km

  • solo/Gespann 8,5/11,1
  • Norm Stadt/Land/komb. 8,1/6,8/7,7

 Hohe Traktionsreserven durch Allradantrieb, hohe Achsverschränkung und Gelände-Untersetzungen.
 Wenig Reisekomfort durch eingeschränkte Platzverhältnisse, hohe Drehzahl und hohes Geräuschniveau oberhalb von 100 km/h und recht schwammige Fahreigenschaften ab 130 km/h. Im Verhältnis zu Eigengewicht und Leistung recht hoher Verbrauch.

Laderaum, Variabilität und Sitze

Laderaumvolumen: 863 Liter

 Durch den Wegfall der Rückbank ist das Ladevolumen gewachsen. Ein fest verschraubtes Gitter trennt und schützt Passagiere und Ladung.
 Der Laderaum hat keinerlei Verzurrösen. Zwischenboden oder ein Ablagefach für den Steckhaken gibt es ebenfalls nicht. Das starre Trenngitter ist nicht klappbar und beschränkt den Einstellbereich der beiden Sitze.

Gewichte und Abmessungen

Gewichte: Leergewicht gem./zul. Gesamtgewicht: 1.107/1.435 kg; Zuladung abgezogen Stützlast (75 kg): 253 kg. Anhängelast: 1.300 kg. Maximalgewicht des Zuges: 2.735 kg
Maße: Länge/Breite/Höhe: 3.645/1.645/1.705 mm, Radstand: 2.250 mm

 Durch seine großen Fensterflächen und die kompakte Form ist der Jimny handlich und übersichtlich. Der Jimny ist voll B-Führerschein-tauglich.
 Sein geringes Eigengewicht erschwert die 100 km/h-Zulassung.

Anhängekupplung:

  • Preis: 549 Euro (ca. 133 Euro Einbau)
  • Einbau: beim Händler
  • System: steckbar
  • Höhe Kugelkopf: 48 cm
  • Stützlast: 75 kg

Fazit

Das Reisen mit dem leichten Niewiadów macht Spaß, da er kaum Ansprüche an sein Zugfahrzeug stellt. Ein Kleinwagen und der B-Führerschein genügen. Der N 126 ET überzeugt mit seinem vollwertigen Toilettenraum. Im Gegenzug muss man sich natürlich mit der Enge, dem täglichen Bettenbau und ein paar Defiziten bei der Detailverarbeitung arrangieren. Auf der Haben-Seite stehen dafür aber der Exotenstatus, die Gemütlichkeit der stoffbespannten Wände und das luftige Ausstelldach.

Bei aller Sympathie: Ein vollwertiger Zugwagen ist der Jimny nicht. Dafür ist er einerseits zu leicht und andererseits ist sein geländetaugliches Fahrwerk bei Ausreizung der Anhängelast schwammig. Parallel leidet der Reisekomfort unter der vorgegebenen Sitzhaltung und der kurzen Übersetzung des 5-Gang-Getriebes. Anders sieht es für den Einsatz vor leichten Falt-, Mini- oder Offroad-Caravans aus: Wer mit einem Niewiadów verreisen oder mit einem Crawler ins Gelände will, findet im Jimny einen robusten und zuverlässigen Partner.

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