So kurz vor dem 67. Geburtstag darf man sich ein Facelifting gönnen, oder? Wir finden: Operation ist gelungen, der Hubdach-Klassiker ist hübscher, aber auch teurer denn je. Ist er sein Geld auch wert?
So kurz vor dem 67. Geburtstag darf man sich ein Facelifting gönnen, oder? Wir finden: Operation ist gelungen, der Hubdach-Klassiker ist hübscher, aber auch teurer denn je. Ist er sein Geld auch wert?
Auch an einem Eriba Touring geht der Zeitgeist nicht spurlos vorbei. Sein Alu-Kleid, das sich seit Anfangstagen über einen stabilen selbsttragenden Käfig aus Vierkant-Stahlrohren spannt, trug schon diverse Farben: Dem Diktat der Mode folgend waren das Braun und Beige, Bronze, es gab Rallyestreifen und edles Silber zum 60. Geburtstag und zuletzt sogar Rot und Blau als Kontrast zur Grundfarbe Weiß.
Anfang der 2000er-Jahre versündigte man sich am ehrwürdigen Touring, als ihm ein Plastik-Popo mit integrierten Leuchten ans Heck gedübelt wurde. Dieser Fauxpas wurde jetzt wiedergutgemacht. Der Touring Facelift (so steht’s wirklich auf dem Typenschild) trägt mit LED bestückte Rundleuchten unter der polierten Vollmetall-Rangierstange, das Kennzeichen rückt ebenfalls ein Stück nach oben.
Verschwunden ist auch ein unscheinbares, aber Jahrzehnte stilprägendes Merkmal: der im hinteren Bereich ansteigende Boden. Der Stauraum unter dem Längs-Heckbett mit der für Eriba typischen V-Form ist darum jetzt durchgehend flach. Für 370 Euro gibt es sogar eine Heckklappe, die im Testwagen allerdings nicht verbaut wurde.
Auf den Charakter des Touring hat die Schönheits-OP keinerlei negative Auswirkungen, auf den Preis indes schon. Weil fünf der sieben Grundrisse in drei Aufbaulängen (3,71, 4,21 und 4,71 Meter) erhalten bleiben, lässt sich der Vergleich ziehen: 2022 kostet der Touring 542 noch 22.990 Euro, jetzt sind es 27.690.
Dafür, dass es dabei nicht bleibt, sorgt die spärliche Grundausstattung. Freilich kann man diese Reduzierung aufs Wesentliche als Teil des Konzepts sehen: Globetrotter sind mit tragbaren Wasserkanistern für Küche und Bad gut bedient, Sommercamper brauchen nicht zwingend ein Heizungsgebläse oder eine Therme.
Positiv formuliert ist es möglich, den Touring sehr feinstufig an individuelle Bedürfnisse anzupassen. Vor allem, wenn man nicht Pakete, sondern Einzeloptionen wählt. Kritisch betrachtet kostet eigentlich alles Aufpreis.
Was passiert, wenn man "all in" geht, zeigt der Testwagen drastisch: Die Ausstattungslinie "Urban" mit Bicolor-Glattblech, weißen Möbelfronten und empfehlenswerter indirekter Beleuchtung kostet 1.490 Euro (die schlichtere Basisausführung "Legend" trägt weißes Hammerschlagblech und Möbel im Holzlook); im Design-Paket für ebenfalls 1.490 Euro stecken verchromte Anbauteile, Steinschlag-Schutzbleche am Bug, Alufelgen und die stabile Edelstahl-Stoßstange.
Das Komfort-Paket mit etlichen sinnvollen Ausstattungsdetails (z.B. Fliegenschutztür, Plisseerollos, zusätzliche Steckdosen) kostet 990 Euro. Media-Paket (DAB-/Internet-Radio mit Lautsprecher, 1.250 Euro), Autark-Paket (830 Euro), Mover (2.290 Euro), Duschausrüstung (220 Euro), 30-Liter-Tank (225 Euro), Komfortmatratzen und -sitzpolster (320/290 Euro) so wie Fahrradträger und Markise (500/1.490 Euro) schrauben den Preis auf 40.640 Euro.
Das Gewicht steigt etwas weniger drastisch um 181 auf 1.131 Kilogramm. Gut, dass die 1,4-Tonnen-Achse (455 Euro) trotzdem keine Notwendigkeit ist.
Was aber wird geboten fürs Geld? Platz in Hülle und Fülle schon mal nicht. Aber dem Touring das anzukreiden wäre, wie einen Sportwagen für seinen kleinen Kofferraum zu tadeln. Wer einen Touring kauft, will einen wuseligen Reisekumpel und keinen Klotz am Haken und nimmt dafür eben Kompromisse in Kauf. Was also dann?
Einen blitzsauberen Aufbau zum Beispiel, der auch für die nachweisliche Wertstabilität mitverantwortlich ist und der nur einen kleinen Makel zeigt: Das Dachprofil, das die Markise hält, wird mit sehr viel Klebe- bzw. Dichtmasse auf dem Dach montiert. Elegant ist anders. Ähnliches gilt auch für die Kurbelstützen, deren Gewindewellen zwar leicht erreich- und drehbar sind, aber bereits beim Neuwagen wegen billiger Stahlunterlegscheiben Rostansätze zeigen.
Hat man die niedrige und schmale Tür durchschlüpft, wobei die ausklapbare Trittstufe assistiert, wird das Hubdach mit vier Spannhaken entsichert und hochgedrückt, wobei Federn in den Scherenaufstellern helfen.
In rund 30 Sekunden vergrößert sich so die Innenhöhe im Zentrum von 1,75 auf 1,95 Meter, auch Licht und Luft fallen durch den Zeltstoff mit seinen vier Lüftungsdreiecken ins frische Interieur – für Ganzjahres-Touristen und Frostbeulen gibt es ein Hubdach-Isolierset für 229 Euro; mit geschlossenem Deckel ist der Wagen aber auch so wintertauglich.
Dass nur die Zwischenräume des Stahlkäfigs mit EPS-Schaum ausgefacht sind, der Käfig selbst also eine Wärmebrücke darstellt, fällt bis knapp unter null Grad nicht auf. Die 3-kW-Gasheizung reicht dickstens aus, um das Räumchen aufzuheizen.
Auffälliger ist die akkurate Verarbeitung des Mobiliars. Die schmalen Oberschrankklappen öffnen nach unten, die einfachen, aber robusten Scharniere sind seit der Saison 2023 mit Torx-Schräubchen in Aluprofilen verschraubt. Die Möbelkorpusse selbst halten sich am Stahlskelett fest. Da verstellt sich nichts, da wackelt nichts.
Auch die Hakenschnappverschlüsse der Dachschrankklappen rasten sicher ein, perfekt eingepasste Filzmatten auf den Fachböden sorgen für Geräuschdämmung und sicher haftende Klamotten und zeugen ebenso von Liebe zum Detail wie die tadellosen Umleimer und die akkuraten Spaltmaße. Viel besser geht wirklich nicht.
Der 542 ist der einzige Touring-Grundriss mit festen Längsbetten. Den größeren Raumbedarf dieser Bettform gleicht Eriba durch den Verzicht von Wäschefächern neben dem Kleiderschrank sowie schmale Sitztruhen für die Bugsitzgruppe aus. Vor allem in der Nische zwischen Bad und Bug wird es für Größere kuschelig, unbeengter sitzt man auf der Bank neben dem Eingang.
Durch die hohen Rückenlehnen ist der Sitzkomfort dennoch passabel, für bequemes Lümmeln fehlt aber einfach der Platz. Wem eine möglichst große Sitzgruppe wichtig ist, sollte sich den Touring 540 anschauen. Statt der festen Betten hat er eine Umbausitzgruppe, alles andere ist identisch.
Zurück zum 542, dessen Tisch wackelfrei, aber verschiebbar in einer Metallschiene hängt und sich auf einem höhenverstellbaren Klappbein abstützt. Er kann abgesenkt werden, um mit beigelegtem Zusatzpolster ein flaches Zusatzbett im Bug zu basteln, und, besonders nett, auch draußen über dem Radlauf eingehängt werden.
Links, knapp oberhalb der Sitzfläche, baut Eriba das hochwertige Radio ein, wenn man das Media-Paket bestellt. So dreht man neben dem Oberschenkel am Lautstärkeregler, sieht das Display kaum, kann freilich auch über die App des Geräteherstellers zugreifen – oder nutzt gleich das Smartphone und einen guten Bluetooth-Speaker und spart sich das viele Geld.
In der Sitzgruppe über dem Bug hängt eine von drei schweren Akku-Leuchten an einer magnetischen Halbkugel, an der die Lampe auch lädt. Durch den Teleskop-Lampenschirm kann ihr Licht zum Lesen fokussiert oder breiter gestreut werden, was nett ist. Wenig nett sind das hochfrequente Pfeifen, das die Lampen beim Laden absondern, sowie der winzige, fast unsichtbare Ein-/Aus-Taster am Magnetfuß.
Man liegt übrigens sehr gut im Eriba Touring 542. So gut, nutzt einfach ihn. Schlau für kühle Nächte ist, dass das 12-V-Heizungsgebläse nicht mit abschaltet. Das birgt andererseits die Gefahr, dass es unbemerkt läuft und Strom frisst.
Stichwort Strom: Einzige Steckdose in Bettnähe ist jene auf dem Kleiderschrank. Auch USB-Buchsen gibt es nur in der Sitzgruppe – als Extra. Ansonsten lässt sich auch die Heizung bequem aus dem Bett regeln und die Therme schalten.
Durch das Steckdosen-Paket bekommt auch die Küche eine Zapfstelle mehr. Mit der klappbaren Verbreiterung und dem Schneidebrett auf der Rückseite der Spülenabdeckung erfüllt die Kochinsel alle Erwartungen, die man an eine so kompakte Küche nur haben kann.
Weil das auch fürs Bad gilt, ist die Überleitung perfekt. Wird das Hubdach aufgeklappt, fährt der Badspiegel nach oben. Auf ihm haftet ein magnetischer Vergrößerungsspiegel. Innen an der Tür warten Metallbügel auf Handtücher, zwei Waschbeckenunterschränke und diverse Ablagen, die meisten mit Gummibändern, auf andere Hygieneartikel.
Der Platz auf und um die Toilette genügt und wer mag, kann sich sogar mit einem Vorhang eng umhüllen und eine Dusche nehmen – wie gesagt, der Touring ist für alles gerüstet. Sogar für die Zukunft. Denn zeitloses Design, kompakte Abmessungen und lange Haltbarkeit sind aktueller denn je. Es dauert gar nicht mehr so lang und der Eriba-Caravan, aus dem die ganze Firma Hymer hervorging, feiert 100. Geburtstag. Dann halt hinter einem E-Auto. Aber sogar da steht der Klassiker sicher drüber.
Grundpreis: 27.690 Euro
Testwagenpreis: 40.790 Euro
✘im Testwagen enthalten; ✔empfehlenswert
Bordtechnik
Rangierstange/-griffe und Schriftzüge aus Vollmetall, hübsche (Kunststoff-)LED-Rückleuchten.
Teures Radio mit umständlicher Bedienung behindert das Aufklappen der linken Sitztruhe.
Eine Kleinigkeit, trotzdem hässlich: Streusalz lässt die Distanzscheiben an den Kurbeln rosten.
Kostet 100 Euro extra und war beim Neuwagen schon defekt: die Waage im Stützrad.
maximal 5 Punkte möglich
Campingbus ohne Motor: Einzigartig ist der Touring – und wird das wohl noch lange bleiben. Gemessen an der hervorragenden Verarbeitung, der hohen Wertstabilität und am Wettbewerbsumfeld ist noch nicht mal der Preis übertrieben – auch wenn der Testwagenpreis etwas anderes suggeriert. Ein Touring ist ein Campingbus ohne Motor: Er mag flottes Reisetempo genauso wie ein paar Nächte im Nirgendwo. Er ist sympathisch, braucht wenig Platz und noch nicht einmal ein großes Auto. Mit wenigen Hängern macht das Fahren mehr Spaß.