Und das ist wieder so ein magischer Augenblick: Von der Marzoner Alm sind wir nur ein paar Minuten gegangen und müssen schon wieder anhalten. Es sind diese Ausblicke, die uns immer wieder begeistern: Tief unten dehnt sich das Tal. Die Apfelplantagen werden aus vielen Regnern bewässert, drunten liegen die schönen Dörfer Tschars und Kastelbell, auf der anderen Seite der Sonnenberg.
So ist das hier im Vinschgau: Es gibt auf der einen Seite den Sonnenberg, auf der anderen den Nörderberg – und dort und dazwischen viele magische Augenblicke – immer toll, immer besonders und immer lecker. Vor nun fast 30 Jahren haben wir den Vinschgau lieben und schätzen gelernt – und das ganz besonders bei den Touren mit unseren Freunden Udo und Karin Bernhart.
Der Südtiroler Fotograf und seine Frau aus Kastelbell haben uns für ihre Heimat begeistert. Seitdem sind wir fast jedes Jahr hier und gehen mit den beiden auf Tour. Wir waren wandern auf dem Meraner Höhenweg, sind an den Waalwegen entlangspaziert, waren im Martelltal und haben im eiskalten Plimabach gebadet, wir sind zu den Kofelraster Seen gewandert, haben geheime Aussichtswege am Sonnenberg und am Nörderberg entdeckt.
Pasta mit Schwammerl-Sugo
Und jedes, aber auch wirklich jedes einzelne Mal hatten wir gemeinsam großartige Augenblicke beim Essen. Mal bei einem Picknick auf einer Wiese mit Ausblick auf das weite Etschtal, mal bei einer Jause auf einer verwunschenen Alm, bei der uns nur das Bimmeln der Kuhglocken begleitete, mal bei einer selbstgekochten "Pasta mit Schwammerl-Sugo", in dem die selbstgesammelten Steinpilze gelandet sind. Kein Sternelokal, ich schwöre es, hätte auch nur entfernt mithalten können. Übrigens: Ja doch, das darf man auch als Urlauber, Pilze sammeln – aber nur, wenn man vorher bei der Gemeinde eine Tagesgebühr entrichtet.

Nicht weit von unserem Aussichtspunkt bei der Marzoner Alm entfernt führt die Straße ins Schnalstal, an dessen Eingang Schloss Juval liegt. Hier lebt und arbeitet oft im Jahr Reinhold Messner, und er hat am Burgberg seine eigene Vision vom nachhaltigen Tourismus aufgebaut: Die Burg hat er zum interessanten Museum ausgebaut. Unten ist ein großer Parkplatz, von dem aus ein Shuttle-Bus die Gäste zum Schloss fährt.
Am Burgberg liegt ein Biobauernhof, der produziert Käse, Gemüse, Fleisch – und das wird serviert beim Schlosswirt Oberortlhof – und unten beim Parkplatz gibt es noch den Vinschger Bauernladen, in dem Produkte der Bauern der Region verkauft werden. Ein nahezu perfekter Kreislauf, der Urlauber und Einheimische glücklich macht.
Radtour entlang des Etschradweg
Am nächsten Tag machen wir eine Radtour von Latsch nach Glurns, immer schön an der Etsch entlang auf dem Etschradweg. Wir fahren Richtung Reschenpass, aber nur bis nach Glurns. 30 Kilometer, schon ein bisschen bergauf, auch mal auf nichtasphaltierten Strecken. Schön ist es heute, bei perfekten 23 Grad, ein paar Wölkchen am Himmel, entlang der Etsch zu radeln. Und auch mal anzuhalten auf einer Brücke, ins schäumende, gurgelnde, milchig-türkisfarbene Wasser zu sinnieren.
Die Etsch entspringt am Reschenpass, nach 415 Kilometer fließt sie in die Adria, sie ist der zweitlängste Fluss Italiens. Und im Moment unser Lieblingsfluss. Sie macht die Luft so schön kühl und frisch.
Jetzt gerade geht’s an Apfelwiesen vorbei. Die Äpfel hängen schon groß und zahlreich an den Bäumen, in ein paar Wochen werden sie prall und rotbackig geerntet werden. Der Weg ist durchgängig gut ausgeschildert. Unter anderem streifen wir Laas, das Marmordorf. Hier wird blütenweißer Marmor abgebaut, in die ganze Welt exportiert. Auch nach New York für den neuen U-Bahnhof am Ground Zero – das neue helle, weiße Zeichen für den Frieden, das an der Stelle gebaut wurde, an der sich eine der dunkelsten Stunden neuerer Geschichte ereignet hat. Es sieht großartig aus.

Glurns, unser persönlicher Point of Return und Mittagessenspausenstädtchen, ist ein mittelalterliches Juwel, mit einer vollständig erhaltenen Stadtmauer, um die wir sogar komplett rumradeln können. Es gibt Tore, Wehrtürme, historische Laubengänge und kleine Gassen. Und natürlich gute Restaurants mit Schlutzkrapfen, Knödeln (Leber-, Kas- oder Spinat-) mit brauner Butter und Parmesan, Kaiserschmarrn – die Liste ließe sich fortsetzen.
Wir landen aber im Garten des Flurinturms, der früher auch schon mal der Kerker des Landesgerichts war. Heute ist das Flurin ein ungewöhnliches Restaurant, in dem ein junges Team regionale Spezialitäten modern interpretiert. Heute gibt’s Hanf-Gnocchi mit Pfifferlingen und Vinschger Wild und Matscher Saibling mit Fenchel und Pfirsich. Wieder so ein magischer Moment.
Ob wir morgen wohl den Etschradweg in die andere Richtung, nach Meran, fahren werden? Oder etwas ganz anderes machen? Es gibt noch viel zu entdecken und erleben im Vinschgau.
Vinschgau-Highlights im Überblick

Entlang des Etschtals vom Reschenpass bis nach Meran erstreckt sich eine der beliebtesten Urlaubsregionen der Deutschen. Starfotograf Udo Bernhart und seine Frau Karin aus Kastelbell zeigen hier ihre persönlichen Favoriten.
1. Der Reschensee liegt auf rund 1.500 Meter Meereshöhe am Reschenpass im Oberen Vinschgau an der Grenze zu Österreich. Der Stausee dient der Stromerzeugung. Nur noch der Kirchturm ragt aus den Fluten und gilt heute als Wahrzeichen des Vinschgaus. Kiter lieben den See.
2. Glurns Die kleinste Stadt Südtirols wirkt wie aus dem Märchenbuch. Umschlossen von einer wehrhaften Ringmauer, erreicht man den mittelalterlichen Ortskern durch drei Stadttore. Auf der Piazza mit dem alten Dorfbrunnen ist immer viel los.
3. Ortler Mit mehr als 3.900 Metern ist der Ortler der höchste Berg Südtirols. Einen der schönsten Blicke auf diesen massigen Eisriesen hat man von der Furkelhütte in Trafoi aus, die man bequem per Sessellift erreichen kann, oder von der Kanzelhütte in Sulden, ebenfalls erreichbar mit dem Lift.

4. Waalwege dienten einst der Bewässerung des extrem niederschlagsarmen Tales. Viele dieser historischen Waalwege sind bis heute erhalten und bei Einheimischen wie Gästen gleichermaßen beliebte Spazierwege. Einer der schönsten und abwechslungsreichsten Waalwege verläuft zwischen Latsch und Juval.
5. Martelltal, Schluchtenweg Das Martelltal gilt als eines der schönsten Seitentäler des Vinschgaus. Der neu errichtete Schluchtenweg beginnt beim Parkplatz am Talschluss und führt in mehreren Stationen über eine Hängebrücke zur Zufallhütte. Der gemütliche Weg bietet ein fantastisches Naturerlebnis und abenteuerliche Ausblicke – auch für Familien mit kleinen Kindern oder weniger konditionsstarke Bergfreunde.
6. Juval Imposant thront die Burg von Reinhold Messner über dem Tal bei Naturns. Gefüllt mit Reiseerinnerungen aus der ganzen Welt und einer beeindruckenden Masken-Sammlung, ist die Burg ein Publikumsmagnet. Man erreicht sie am schönsten zu Fuß über den Waalweg von Tschars oder bequem vom Parkplatz mit dem Shuttle-Bus.
7. Der Vernagtsee liegt auf fast 1.700 Metern im Schnalstal. Von hier aus erreicht man auch die Similaunhütte und das Hauslabjoch, Fundort von Ötzi. Top ist die Wanderung um den See im Herbst, wenn der See voll Wasser ist und die Lärchen sich golden färben. Zwei Bauernhöfe hoch über dem See, der Finailhof und der Tisenhof, bieten Seeblick und bodenständige Bauernkost.
8. Aussichtsplattform Naturns Die spektakuläre Aussichtsplattform hoch über Naturns sorgt bei Menschen mit Höhenangst sicher für Gänsehaut, denn der Boden aus Gitterrost macht auch den Blick direkt nach unten möglich. Erreichbar ist die luftige Plattform mit der Seilbahn Unterstell. Vom Gasthof aus sind es nur wenige Minuten zu Fuß.

9. Der Meraner Höhenweg gehört zu den beliebtesten Wegen in den Alpen. In mehreren Tagesetappen umrundet er die Texelgruppe. Er ist fast 100 Kilometer lang – und da der niedrigste Punkt auf 790 Metern liegt und der höchste auf 2.898, sind auch viele Höhenmeter zu überwinden. Ein Glück, dass es nicht an Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten mangelt.
10. Schloss Tirol Als Namensgeberin für das Land Tirol gebührt dem Schloss oberhalb von Meran ein Ehrenplatz in der langen Liste der Südtiroler Schlösser. Herrliche Ausblicke über die Stadt Meran genießt man von hier aus, und auch der Spazierweg von Dorf Tirol zur Burg ist empfehlenswert.
11. Therme Meran Als Kurort hat Meran eine lange Tradition – Wandelgänge, Promenaden, Parks und das Jugendstil-Kurhaus belegen das. Die moderne Therme und der Thermenpark im Herzen der Stadt bieten Ruhe, Erholung – und ein Schwimm-Erlebnis mit Blick auf die rund 3.000 Meter hohen Gipfel der Texelgruppe. Außerdem gibt’s Spa-Angebote, verschiedene Saunen und einen großen Fitnessbereich.
12. Gärten von Trauttmansdorff Bedingt durch die besonders günstige klimatische Lage von Meran ist hier, auf der Südseite der Alpen, eine Fauna aus fast allen Regionen der Welt zu Hause. Schon immer zierten die Gärten der Meraner Villen exotische, blühende Reisesouvenirs. Dieser Tradition zollen die Gärten von Schloss Trauttmansdorff auf rund zwölf Hektar Tribut. Die überaus gepflegten Gärten sind thematisch in vier Gartenwelten aufgeteilt und für jeden Blumen- und Pflanzenfreund ein Highlight.