„This is the End“, singt Jim Morrison mit der Psychedelic-Band The Doors gegen Ende der Sechziger. Und irgendwie will mir der Refrain dieses doch eher düsteren Titels gerade nicht mehr aus dem Kopf. Grund mag sein, dass dies wirklich das Ende ist, das Ende von Norwegen, das Ende von ganz Europa. Na ja – wenigstens eines davon, und zwar das ganz oben. Ich stehe hier bei 71 Grad, 10 Minuten und 21 Sekunden nördlicher Breite am fast 300 Meter abfallenden Klippenrand und blicke mit der Gewissheit hinaus auf die Barentssee, dass es zum Nordpol weitaus näher ist als zurück ins heimische Schwabenland. Und mit dem Auto geht es hier wirklich nicht weiter. Schluss, aus, basta. This is the End.
Ist es diese Finalität, die die Faszination Nordkap ausmacht?
Ist es die fast schon bedrückend karge Landschaft? Ist es die Stille, die Einsamkeit? Tatsächlich ist es die Kombination aus all dem, die den Moment so nachdrücklich prägt. Und es ist vor allem der eindrucksvolle Weg hierher, der das Erlebnis Nordkap definiert.
Noch auf den letzten 200 Kilometern der Anfahrt ändert sich das Wetter fast ebenso spontan wie die Landschaft. Ein paar Kurven entlang der zerklüfteten Küste des Porsangerfjords klatschen noch Tropfen gegen die Scheibe, dann plötzlich reißt der Himmel auf und malt einen Regenbogen auf die Bucht, dessen Enden dank der Polarsonne ganz bis zum Boden reichen. Ein Anblick, der das Herz aufgehen lässt.
Noch wechseln sich prärieartige Wiesen mit dünnen Birkenwäldern ab, deren Bäumchen den Kampf mit dem rauen Klima fast aufzugeben scheinen. Rentiere weiden ohne Scheu direkt neben der Europastraße E67 und fordern die Aufmerksamkeit des Fahrers. Später schafft es gerade noch knorriges Buschwerk, das florale Fähnchen hochzuhalten; bald behaupten nur noch Gras, Moose und Flechten das Terrain und legen im flachen Sonnenlicht ein beeindruckendes, fast greifbar plastisches Farbenspiel an den Tag. Spuren der Zivilisation werden immer seltener. Hier und da mal noch ein einsames Holzhäuschen; das Verkehrsaufkommen tendiert gegen null. Obwohl die Landstraße längst auf eine Mittelmarkierung verzichtet, bleibt dem Wohnmobil- oder Gespannfahrer ausreichend Bewegungsspielraum. Unser Forester mit dem Dethleffs c’trend am Haken, den Subaru auf Tour quer – oder besser längs – durch ganz Europa geschickt hat, arbeitet die Strecke souverän ab.
Schließlich verlässt die Route das europäische Festland und führt durch den Nordkaptunnel hinüber zur Insel Magerøya, auf der das Nordkap liegt. Knapp sieben Kilometer ist die spärlich beleuchtete Röhre lang, roh und rau wie das Klima hier oben. Und er schafft Raum für einen weiteren Rekord: Genau 212 Meter tief führt er unterm Meer hindurch. Da hat so mancher Nordkap-Besucher am Ziel seiner Reise nicht nur den nördlichsten, sondern – im wörtlichen Sinn – den wahren Tiefpunkt seines Lebens hinter sich gelassen.
Der besondere Tipp
Blende auf – in klaren Polarnächten kann es sich lohnen, den Himmel im Auge zu behalten. Oft zaubern Sonnenwind und Erdmagnetfeld beeindruckende Nordlichter ans Firmament. Also Kamera aufs Stativ, Empfindlichkeit rauf und bei offener Blende mit Langzeitbelichtung die sich ständig ändernde Aurora borealis einfangen.
Camping-Tipps
Freies Übernachten in der Natur ist in Norwegen weitgehend gestattet, nicht jedoch auf Privatgrund, nahe Häusern und auf eingezäunten Grundstücken.
N-9763 Skarsvåg: Kirkeporten Camping
Nördlichster, direkt am Storvannet-See gelegener Campingplatz mit 40 Parzellen, 32 davon mit Stromanschluss. Entsorgungsstation, Cafeteria. Ab ca. 30 Euro pro Nacht inkl. Strom und 2 Pers. Saison vom 01.05. bis 30.09.
Standort: Storvannsveien 2, GPS 71°06’28”N, 25°48’48”O, Telefon 00 47/90 96 06 48,
www.kirkeporten.no
N-9751 Honningsvåg: Nordkapp Camping
Straßennah am Skipsfjord gelegen. Rezeption bietet Lebensmittel sowie Heißgetränke. 50 Stellplätze mit Stromanschluss, Ver- und Entsorgungsstation. Sanitärgebäude mit Sauna, Waschmaschine und Trockner. Spielplatz und Grillhütte. Ab 32 Euro pro Nacht für 2 Pers. inkl. Strom. Saison 01.05. bis 01.10.
Standort: Direkt an der E69 rund 8 km nördlich vom Zentrum Honningsvågs, GPS 71°01’37”N, 25°53’26”O, Telefon 00 47/7 84 73 37 70,
www.nordkappcamping.no
N-9713 Russenes: Olderfjord hotell Russenes camping
Von Olderfjord aus Tagestouren zum Nordkap (ca.130 km). Restaurant und Verkaufsshop vorhanden, Gemeinschaftsküche, Sauna, Grillhütte. 100 Stellplätze mit Strom. Ab 23 Euro pro Nacht, jede vierte ist kostenlos.
Standort: Direkt an der E69 nördlich der E6-Einmündung, GPS 70°28’40”N, 25°04’03”O,
Telefon 00 47/78 46 37 11,
www.olderfjord.no
Kompakt-Info
Touristeninformation Nordkap, Fiskeriveien 4, 9750 Honningsvåg oder Nordkapphallen,
9764 Nordkapp, booking.nordkapphallen@rica.no. Info: www.visitnordkapp.net oder www.visitnorway.com/de. Subaru-Reiseblog unter www.7x7im4x4.de