Es war irgendwann im letzten Jahr, als der Sommer noch heiß und vor allem endlos schien, da schreckte die deutschen Winzer eine Meldung auf: „Globale Erwärmung: Klima bald zu heiß für unseren Wein!“ Wenn das so weitergehe mit dem Wetter, hieß es, dann werde es brenzlig für einige Rebsorten. Was war da los in den deutschen Weinanbaugebieten! Unruhe! Nervosität! Hektik überall! Nur in der Pfalz nicht. Zwischen Landau, Bad Dürkheim und Neustadt an der Weinstraße blieb man gelassen. Was denn auch sonst. Der 1. FC Kaiserslautern hatte gerade die Rückkehr in die Bundesliga geschafft. Da gab es wirklich Wichtigeres als Wettervorhersagen. Man nennt die Pfalz ja gerne die Toskana Deutschlands. Tatsächlich kann es passieren, dass man nach einem wunderbaren Essen abends im Hof eines Weingutes sitzt, vor einem violetten Abendhimmel staffeln sich die sanften Hügel Richtung Horizont – es sieht tatsächlich wie in Italien aus und duftet auch so.
Dass man sich als Pfälzer nicht so schnell aus der Ruhe bringen lässt, hat schon Helmut Kohl bewiesen. Und der war da keine Ausnahme. Es muss schon mehr kommen als die Warnung vor noch heißeren Sommern, um den Pfälzer ernsthaft zu beunruhigen.
Die Pfalz ist eine stille Schönheit. Sie hat es nur selten vorne auf Bildbände gebracht und auf die Titelseiten der Reisemagazine schon gar nicht. Die Pfalz gehört nicht zu den dramatischen Regionen Deutschlands, sie ist keine Zugspitze und kein Mittelrheintal und kein Kreidefelsen-Rügen. Die Pfalz prahlt nicht, und Protzen ist ihr fremd. Nein, nein, sie wartet geduldig ab, bis man da ist. Von der Autobahn herunter. Tief ins Herz einer Region, die kaum Ecken und Kanten zu kennen scheint und statt dessen wie hingetuscht vor einem liegt. Eine Region, die vom Klima verwöhnt ist und in der Esskastanien und Auberginen, Melonen und sogar wilde Datteln wachsen – einfach so. In der Fachwerkorte und prächtige Weingüter inmitten eines Rebenmeeres liegen und mittelalterliche Burgen kleine steinerne Ausrufezeichen ins Grün der Wälder setzen. Irgendwann, nach fünf oder neun oder dreißig Kilometern, hat sie einen dann gepackt, die Pfalz. Jede Wette: Es fährt niemand (niemand!) an einem sonnigen Spätnachmittag durch Orte wie Freinsheim oder Deidesheim, ohne einen Satz wie „Ach, ist das schön hier!“ zu sagen. Oder, noch wahrscheinlicher: „Hier sollte man mal öfter hinfahren!“
Sollte man. Müsste man. Muss man. Nach Bad Dürkheim zum Beispiel, sonnigster Ort auf dem deutschen Festland, 1800 Stunden schönes Wetter, jedes Jahr, garantiert. Nach Edenkoben, durch das die Deutsche Weinstraße völlig zu Recht mittendurch führt, eine der größten Weinbaugemeinden Deutschlands. Ein paar Kilometer weiter nach Sankt Martin, einer dieser Orte, die wie von der Postkarte gerutscht in einer beinahe unwirklichen Landschafts-Idylle liegen. Oder in das besagte Deidesheim mit seinen her-ausgeputzten Fachwerkhäusern und Spitzenrestaurants, aus denen man nach Kürbisrisotto mit Petersilienwurzeln oder Perlhuhnbrust mit Maronencannelloni und den korrespondierenden Weinen nur sehr, sehr schwer wieder wegkommt.
Es waren und sind jedoch die Winzer, denen die Pfalz ihren Ruf als Genuss-Destination zu verdanken hat. Menschen wie Georg Wiedemann aus Venningen, der Aperitif-Essige aus Früchten, Kräutern und Blüten kredenzt und in alle Welt liefert. Oder Werner Knipser aus Laumersheim: Beinahe im Alleingang hat der für das gesorgt, was die Fachwelt das „Deutsche Rotweinwunder“ nennt. Knipser hat schon in den Achtzigern Rebstöcke aus Frankreich importiert, heute keltert er sogar Syrah. Winzern wie ihm ist es zu verdanken, dass es in der Pfalz nicht nur Spätburgunder gibt, wenn man heimischen Rotwein bestellt.
Und das Wetter? Ein paar Durchschnittsgrad dazu können dem Pfälzer Wein nichts anhaben (und den Feigen, Melonen und Esskastanien erst recht nicht). Vielleicht können sie in der Pfalz ja demnächst sogar kälteempfindlichere Sorten anbauen, die bislang nür in Südeuropa gedeihen.
Ein Schloss mit großem Erbe
Die Wiege der Demokratie. Im Mai1832 fand in den Ruinen des Hambacher Schlosses mit dem Hambacher Fest eine historisch bedeutende Kundgebung statt, die mit rund 30 000 Menschen schon als Massendemonstration bezeichnet werden darf. Die Bewohner der vom Königreich Bayern verwalteten Pfalz forderten Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit, ein geeintes Deutschland und eine demokratische Staatsordnung. Damit traten sie in direkte Opposition zu den tatsächlich vorherrschenden Machtverhältnissen. Es war die erste öffentliche Versamm-lung dieser Größe für Liberalität und Demokratie in Deutschland.
Heute erfahren Besucher hinter den dicken Mauern alles zur deutschen Demokratiebewegung und ihre Ähnlichkeit zu den Idealen der Französischen Revolution. Das Schloss, im 11. Jh. als Burg errichtet, wurde anlässlich des 150. Jahrestags des Hambacher Festes grundlegend saniert.
Echter Saumagen
Die Füllung ist das Geheimnis beim Pfälzer Saumagen. Ursprünglich galt das Gericht als Resteverwertung, entwickelte sich aber im Laufe der Zeit zu einem echten Renner in der Küche dieser Region. Er wird mit Schweinehack, Esskastanien oder Kartoffeln befüllt und fein gewürzt angebraten. Nach seinem Fan Helmut Kohl wird die Spezialität auch gern als „Kanzlersteak“ bezeichnet.
Faszination Technik
Technikmuseum Speyer. Hier warten auf 180 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche alltägliche und außergewöhnliche technische Errungenschaften darauf, neu entdeckt und bestaunt zu werden: Vom Hausboot der Kelly-Family mit Tonstudio bis zum original „Buran“ Spaceshuttle in der größten Raumfahrtausstellung Europas. Außerdem gibt es dort Oldtimer, Feuerwehrautos, Flugzeuge und das U-Boot U 9 der Bundesmarine. Das Imax Dome Filmtheater auf dem Museumsgelände zeigt Kino mal anders: Die Filme werden nicht auf eine Leinwand, sondern in 3-D auf eine Kuppel projiziert. Und die faszinierende Wunderwelt der Technik gibt es auch als Miniatur-Ausgaben im dazugehörigen Modellbaumuseum zu bewundern.
Die Region im Überblick
Sechs sehenswerte Orte ganz nach Pfälzer Art
Von versteigerten Geißböcken, einem Wurstmarkt, auf dem die Wurst die kleinste Rolle spielt, lebenslustigen Pfälzern, die Feste gern rund ums Jahr feiern, mittelalterlichen Burgen und Türmen samt Turmschreiber – und von einem der schönsten Plätze, um einen fast tos-kanischen Sonnenuntergang zu genießen.
Bad Dürkheim
Zwischen Pfälzerwald und Rheinebene dreht sich alles um den Weingenuss: Der alljährlich im September stattfindende Wurstmarkt gilt als größtes Weinfest der Welt, eine weitere Attraktion ist ein 1,7 Millionen Liter fassendes Weinfass. Sehenswert ist auch die 1205 erbaute Hardenburg mit ihren gut erhaltenen Wehrtürmen.
Deidesheim
Rund 3.800 Einwohner zählt der Weinort, umgeben von 540 ha bester Weinlage, bewirtschaftet von den namhaftesten Winzern der Pfalz. Die Stadt wartet mit historischen Bauten wie einer Wasserburg aus dem 13. Jh. inklusive Turmschreiber auf. Eins der beliebtesten Feste ist die historische Geißbockversteigerung zu Pfingsten.
Neustadt
Neun Winzerdörfer gehören zum malerischen Neustadt im Herzen der Pfalz, gefeiert wird die Traube das ganze Jahr – und hier wird die Weinkönigin gewählt. Im Hambacher Schloss erfährt man viel Geschichtliches, und wer es sportlich mag, radelt im Pfälzerwald, klettert im Hochseilgarten oder badet in den zahlreichen Seen.
Kalmit
Schon der Weg zur höchsten Erhebung der Pfalz führt zwischen Fachwerkhäuschen und Patrizierhöfen hindurch. Auf halber Strecke geparkt, gelangen Sie in etwa 1,5 Stunden nach oben zur Kalmithütte und einem verdienten Schoppen Wein. Empfehlenswert: bei Sonnenuntergang den Panoramablick auf fast 700 m Höhe genießen!
Trifels
Die imposante mittelalterliche Reichsburg Trifels bei Annweiler war einst Lieblingsburg des Kaisers Barbarossa und Gefängnis für Richard Löwenherz. Heute lohnt eine Begehung sowie die Besichtigung der nachgebildeten Reichskleinodien für große und kleine Ritter. Der Fels unterhalb der Burg wird gern von Sportkletterern bestiegen.
Landau
Die 43.000-Einwohner-Stadt gehört mit ihren acht Ortsteilen zu den größten Weinbaugemeinden Deutschlands. Viele Cafés und Läden laden zu Shopping-Touren ein, beliebter Treffpunkt der Universitätsstadt ist der lebhafte Marktplatz mit zahlreichen Restaurants. Schön anzusehen sind die Parks und Bürgerhäuser aus dem 19. Jahrhundert
Südpfalz kompakt
Camping
76855 Annweiler/Trifels: Camping Naturfreunde Annweiler
Einfacher Platz am Fuß des Sonnenbergs, moderne Sanitäranlagen. Kneippen in den nahen Parkanlagen, geführte Wanderungen. Geöffnet vom 1. April bis zum 31. Oktober. Preisgruppe 1*.
Standort: Viktor-von-Scheffel-Straße 18, GPS: 49°12’06”N, 07°58’22”O, Telefon: 0 63 46/38 70, www.naturfreunde-annweiler.de
67487 St. Martin: Campingplatz Wappenschmiede
Ältester Campingplatz an der Deutschen Weinstraße bei St. Martin. Stufenförmig angelegter Platz mit etwa 25 Stellplätzen. Kinderspielplatz, Freibad in der Nähe (2 km). Preisgruppe 2*.
Standort: Talstraße 60, GPS: 49°18’04”N, 08°05’23”O, Telefon: 0 63 23/64 35
www.campingplatz-wappenschmiede.beep.de
67157 Wachenheim: Campingplatz Burgtal
Wiesengelände im idyllischen Burgtal von Wachenheim, viele Rad- und Wanderwege in der Umgebung, Fahrradverleih. Restaurant am Platz, ins Zentrum 1 km, bis Deidesheim ca 3 km. Preisgruppe 4*.
Standort: Waldstraße 105, GPS: 49°26’15”N, 08°10’13”O, Telefon: 0 63 22/26 89
www.wachenheim.de
Restaurants
Deidesheimer Hof:
Eine der bekanntesten Feinschmecker-Adressen der Pfalz mit 3 Koch-mützen im Gault Millau und einem Michelin-Stern. Im Kreuzgewölbe des Restaurants Schwarzer Hahn zaubert Küchenchef Stefan Neugebauer Haute Cuisine mit regionaler Note auf die Teller. Di-Sa ab 18.30 Uhr.
Adresse: 67146 Deidesheim, Am Marktplatz, Telefon 0 63 26/9 68 70
www.deidesheimerhof.de
Il Colosseo:
In Bad Dürkheim genießt man authentische italienische Kochkultur, die von Padrone Luigi Cicoria mit viel Hingabe nach den Rezepten seiner Mutter bereitet wird. Ab 18 Uhr, an Sonn- und Feiertagen ab 12 Uhr.
Adresse: 67098 Bad Dürkheim, Entengasse 12, Telefon 0 63 22/95 49 10
www.il-colosseo.com
König Ludwig Keller:
Deftige bayerische Spezialitäten vom Holzkohlegrill, ein großzügiger Biergarten mit tollem Ausblick und eine urgemütliche Tafel im Gewölbekeller.
Adresse: 67480 Edenkoben, Ludwigsplatz 10, Telefon 0 63 23/74 74,
www.koenig-ludwig-keller.de
Ritterhof zur Rose und Weingut Meßmer:
Auf einem ehemaligen Gelände des Klosters Heilsbruck gibt es heute das Restaurant Ritterhof zur Rose und ein Weingut. Die Küche ist französisch-mediterran inspiriert, das Ambiente großzügig und mit schöner Terrasse. Wer ein mit Hingabe und Überzeugung geführtes Weingut besichtigen möchte, dem sei ein Besuch bei Familie Meßmer mit Einkehr in der gutseigenen Vinothek empfohlen.
Adresse: 76835 Burrweiler, Weinstraße 6 a, Telefon 0 63 45/40 73 28
www.ritterhof-zur-rose.de
Information
Auf der Internetpräsenz der Pfalz-Touristik gibt es zahlreiche Infos zu Ausflugszielen und Unterkünften. Interessante Tipps rund um den Pfälzer Wein und Veranstaltungen entlang der Weinstraße finden Sie auch bei Pfalz-Wein e. V. unter www.pfalz.de
Adresse: Pfalz-Touristik, 67433 Neustadt, Martin-Luther-Straße 69, Telefon 0 63 21/3 91 60 www.pfalz-touristik.de
CARAVANING-Kostenrechner: Die Preisgruppen
* Preisgruppe 1: bis 20 Euro für 2 Erwachsene, 1 Kind (14 Jahre), Stellplatz
* Preisgruppe 2: bis 25 Euro für 2 Erwachsene, 1 Kind (14 Jahre), Stellplatz
* Preisgruppe 3: bis 30 Euro für 2 Erwachsene, 1 Kind (14 Jahre), Stellplatz
* Preisgruppe 4: bis 35 Euro für 2 Erwachsene, 1 Kind (14 Jahre), Stellplatz
* Preisgruppe 5: über 35 Euro für 2 Erwachsene, 1 Kind (14 Jahre), Stellplatz
Diese Angaben beziehen sich auf die Hauptsaison, Angaben ohne Gewähr.
Klassifizierung: CARAVANING gibt grundsätzlich die offizielle nationale
Klassifizierung (Kategorie oder Sterne) an. Klassifizierungen sind in
Deutschland (maximal fünf Sterne) freiwillig, deshalb bedeuten fehlende
Sterne nicht zwangsläufig schlechte Qualität. Österreich hat gar
keine Kategorien. Frankreich und Italien kennen maximal vier Sterne.