Reise-Tipp Mainfranken
Winzer - Stube

Die Weinberge in einer der schönsten Landschaften Deutschlands beginnen zu grünen, die Obstbäume blühen. Es ist die Saison der Weinfeste, der barocken Musikspiele und der frischen Köstlichkeiten aus der regionalen Küche. Also nichts wie los – nach Mainfranken.

Mobil-Tour: Mainfranken
Foto: Andreas Weise/factum, anna-lena/fotolia, Andreas Hub/Tourismusverband Fränkisches Weinland, Werner Hilpert/fotolia, Bernd Schiller

Mainfranken, eine Region zum Niederknien, ein gesegnetes Ländchen, um das der Main eine Schleife windet. Jetzt beginnt dort die schönste Zeit -Williamsbirne und Zwetschgen blühen, das erste Grün lässt die Weinberge leuchten. Spitzenwinzer Hans Sauer aus Escherndorf drückt es so aus: „Die Triebe wollen ans Licht, wir spüren die Energie, mit der sie der Sonne entgegenstreben.“ Das bedeutet harte Arbeit in den nächsten Wochen. Die Kümmertriebe an den Rebstöcken müssen weggeschnitten werden, der Grundstock fürs Wachstum muss gelegt werden.

Es ist die ideale Saison, zwischen Spessart und Steigerwald den Main entlangzubummeln, hier in Mainfranken in einem barocken Kirchlein innezuhalten, dort großes Rokoko-Theater zu bestaunen und immer wieder fränkische Gastlichkeit zu genießen, mit den Einheimischen auf Weinfesten und Musikfestivals das kleine Glück eines Zwischendurch-Urlaubs zu erleben. Zum Beispiel im Bilderbuchstädtchen Iphofen. „Iphofen ist ein ganz verschlafenes Nest, mit sehr aufgeregten Gänsen auf den Straßen, alten Häusern und einer begrasten Stadtmauer ...“


Das schrieb der Schriftsteller und Journalist Kurt Tucholsky. Tucho, so haben ihn schon vor achtzig Jahren seine Leser genannt, war 1927 mit seinem Freund Karlchen im Maindreieck unterwegs, in Würzburg, Ochsenfurt und besonders intensiv in Iphofen, südöstlich von Kitzingen. Der Marktplatz ist noch immer mit Kopfsteinen gepflastert. In Innenhöfen wachsen Oliven und Zitronen in dicken Weinfässern. Und am barocken Rathaus wollen alle die „Hundslöcher“ sehen, in denen im Mittelalter jene, die über die Stränge geschlagen hatten, Schandstrafen abbüßen mussten. Kleine Anekdoten, große Kunst, alter Wein, junge Ideen. Stadtführerin Evelyn Hatzung zählt eine Schandmaske zu ihren historischen Schätzen. Die wurde vor ein paar hundert Jahren „streitsüchtigen Weibern“ umgebunden.

Evelyn Hatzung mag solche Schnurren, und sie ist stolz auf die Statue von Johannes Evangelist in der großen Kirche St. Vitus, die von den Iphofenern nur Veit genannt wird. Diese Statue, der Evangelist mit der Schlange im Kelch, ist ein Meisterwerk von Tilmann Riemenschneider. Stolz ist Evelyn auch auf das Barockfachwerk in der Pfarrgasse und natürlich auf das Rödelseer Tor, Iphofens Wahrzeichen, dessen schwere Tür geschlossen wird, wenn Kirchweih ist, wie zu Tucholskys Zeiten, wie eh und je.

Durchs Rödelseer Tor machen wir uns aus dem Städtchen auf ins Land, Richtung Kitzingen, Rödelsee, vorbei an großer Geschichte und großen Weinen: Schloss Schwanberg liegt am Wegesrand; auf dem Gipfel soll Pippin, der Vater Karls des Großen, residiert und seine letzte Ruhe gefunden haben. Diese Historie ist nicht so gut belegt wie die Tatsache, dass die Kanten des Steigerwaldes zu den besten Lagen Weinfrankens gehören: Schwanleite, Schlossberg ... Und in den Gasthöfen ringsum wird ehrlich ausgeschenkt und deftig gevespert.

„Dies ist eine alte Landschaft. Die gibt es gar nicht mehr ...Wenn Landschaft Musik macht: dies ist ein deutsches Streichquartett ...“

Weiter nach Ochsenfurt. Und wieder schlagen wir bei Tucholsky nach: „In Ochsenfurt ... haben wir am äußersten Stadttor einen Ratsdiener gesehen, der stand da und regelte den Verkehr. Die Ochsenkutscher, die Mist karrten, streckten den linken Arm heraus ...“ Viel zu regeln gibt es dort auch heute nicht. Eine hässliche Zuckerfabrik am Stadtrand hätte uns beinahe an dem liebenswerten Städtchen vorbeifahren lassen; so wenig einladend sah es aus. Aber dann: Tore, Türme, dicke Mauern. Das Neue Rathaus, ein Beispiel nur, stammt aus dem 15. Jahrhundert. Und seit Tuchos Zeiten (und noch viel länger) erinnert eine Spieluhr an seinem Turm an unser aller Vergänglichkeit. Langsam schlängeln wir uns am Main entlang und wechseln dabei das Flussufer. Eben sind wir durch Winterhausen gebummelt, klein und verschlafen wie eh und je. Dann fahren wir über eine Mainbrücke nach Sommerhausen ans Ostufer, 1500 Einwohner, viel Kunst, viel Theater. Die bekannteste Bühne in Mainfranken aber ist Veit Relins Wohnstuben-„Torturmtheater“, von dem behauptet wird, es sei das kleinste in Deutschland.

Noch ein paar sanft-wellige Weingärten, hier und da ein Gasthof, der das einfache Glück verheißt. Dann fädeln wir uns in den Autobahn-Zubringer ein. Mit einigen Bocksbeuteln im Gepäck machen wir uns auf den Heimweg. Und die Erinnerung an Tucholskys sanfte Wehmut reist mit: „Das ganz große Glück ... der Wirt hatte einen 17er auf dem Fass, der war hell und zart ... schade, dass man einen Wein nicht streicheln kann.“

Genuss im Bocksbeutel

Wein aus Mainfranken wurde bereits vom Geheimrat Goethe hoch geschätzt: „Sende mir noch einige Würzburger, denn kein anderer Wein will mir schmecken“, so ist es in seinen Schriften überliefert.

Die Geschichte des fränkischen Weins reicht über 1200 Jahre zurück. Und seit gut 280 Jahren gilt die Bocksbeutelflasche in aller Welt als typisches Behältnis für Frankenwein. Auf rund 6300 Hektar wird zu 85 Prozent Weißwein produziert, vorwiegend Silvaner, Müller-Thurgau und Bacchus. Hochklassige Gewächse – zum Glück für Kunden und Winzer.

Die Region im Überblick

Entdeckungen zwischen Würzburg und Volkach

Städtchen, die wie aus der Zeit gefallen wirken. Kirchen und Klöster, die in üppigem Barock leuchten. Weinberge und Wirtschaften, die südliche Sinnlichkeit ausstrahlen: Dies ist uraltes Kulturland mit hohem Spaßfaktor.

WÜRZBURG Die alte Bischofsstadt mit ihrer weltberühmten Residenz ist Weltkulturerbe der Unesco und gehört zu den schönsten deutschen Städten. Sie ist der glanzvolle Höhepunkt jeder Reise ins Maindreieck. Ein Bummel durch die Altstadt und ihre kulturellen Außenposten ist ein Spaziergang durch die Geschichte. www.wuerzburg.de

VOLKACH Die Stadt am östlichen Rand der Mainschleife ist neben Würzburg wohl der meistbesuchte Ort der Region. Die Altstadt mit dem Renaissance-Rathaus und vor allem die Wallfahrtskirche Maria im Weingarten auf dem Kirchberg mit der Riemenschneider-„Madonna im Rosenkranz“ sind wahre Pilgerziele geworden. www.volkach.de

KITZINGEN Sehenswert ist besonders die Pfarrkirche mit Arbeiten von Tilmann Riemenschneider, der Falterturm, das Wahrzeichen der Kreisstadt, und die (wieder aufgebaute) Alte Synagoge, die wie ähnliche Einrichtungen in der Region an das Schicksal und die früher große Bedeutung der Landjuden in Franken erinnert. www.kitzingen.de

IPHOFEN Weinliebhaber und Freunde gepflegter fränkischer Gastronomie schätzen diesen liebenswerten Ort zwischen Main und Steigerwald. Ein Spaziergang führt über die Stadtmauer, in der das Rödelseer Tor besonders gut erhalten ist, mit schönen Perspektiven auf Rathaus, Spitalkirche und vor allem die Stadtkirche St. Veit. www.iphofen.de

MARKTBREIT Beliebte Fotomotive sind hier das Malerwinkelhaus, das Maintor aus dem Jahr 1600, die Fassade des Hotels „Löwe“ (Gründungslokal der Schriftsteller-Vereinigung „Gruppe 47“) und der alte Kran am Main. Am Marktplatz fallen die prächtigen Barockhäuser der Familien Wertheimer und Günther auf. www.marktbreit.de

OCHSENFURT Die Hauptstraße gilt als schönste Fachwerkzeile der Region. Am Neuen Rathaus erinnert ein Figurenspiel zu jeder vollen Stunde an die Vergänglichkeit menschlicher Existenz. So alt wie dieses Rathaus - gut 500 Jahre - ist auch die Mainbrücke mit einer Statue des Heiligen Nepomuk. www.ochsenfurt.de

MAINFRANKEN KOMPAKT

Infos/ Tipps/Adressen

Camping

Camping Katzenkopf : Wiesengelände an der Volkacher Mainschleife beim Winzerdorf Sommerach, bekannt durch die Weinlage „Katzenkopf“. Kiosk und Restaurant am Platz, moderne Sanitäranlagen, ins Zentrum etwa 500 m. Zwei Badeseen, Kinderspielplätze, diverse Wassersportmöglichkeiten wie Surfen, Angeln, Kajakfahren. Bootshafen und Slipanlage vorhanden.
Standort:
97334 Sommerach, Am See, GPS 49°49’34’’N, 10°12’03’’O.
Telefon 0 93 81/92 15.

Restaurants

„Zehntkeller“ in Iphofen: Das traditionsbewusst geführte Romantik-Hotel gilt als erstes Haus am Platze. Tugenden wie Qualität und Herzlichkeit werden hier gepflegt. Lassen Sie sich die Geschichte aus der großen Vergangenheit des Hauses erzählen, und genießen Sie die Weine vom hauseigenen Gut, Silvaner, Riesling, Scheurebe.
Adresse: 97346 Iphofen, Bahnhofstraße 12,  Telefon 0 93 23/84 40, www.zehntkeller.de

„Zur Schwane“ in Volkach: Das weit über die Grenzen Frankens bekannte Haus steht für 600 Jahre Gastlichkeit, kuschelige Gemütlichkeit und zeitgemäßer Komfort inklusive. Wer erstklassige mainfränkische Küche kosten möchte, bestellt das „Schnabberli“-Menü: kleine Naschereien („fränkische Tapas“), eine Lasagne vom Ochsenschwanz mit glasierten Steckrüben, Apfelkräpfle.
Adresse:
97332 Volkach, Erlachhof 7, Telefon 0 93 81/7 17 60, www.schwane.de

Sehenswertes

„Helau“ in Mainfranken: Das Fastnachtsmuseum in Kitzingen bietet einen eindrucksvollen Überblick der Kulturgeschichte deutschen Frohsinns. Zu sehen sind Masken, Kostüme und Dokumente aus allen Epochen.
Eintritt 2 Euro, Kinder 50 Cent.
Adresse: 97302 Kitzingen, Telefon 0 93 21/2 33 55, www.karnevaldeutschland.de

Veitshöchheim: Früher erging sich die hohe Geistlichkeit in den Lustgärten, heute genießen sie die Besucher. Schloss und Garten dienten bis 1802 den Würzburger Fürstbischöfen als Sommersitz.
Adresse: 97209 Veitshöchheim, Echterstraße 10, Telefon 09 31/9 15 82, www.veitshoechheim.de

Informationen

Sehr gutes Prospekt- und Kartenmaterial und regionale Infos hält die Touristinformation „Fränkisches Weinland“ bereit.
Adresse:
97070 Würzburg, Am Congress Centrum, Telefon 09 31/37 23 35, www.fraenkisches-weinland.de

Städtchen im Zeichen der Kultur

Ein Multitalent, eine lebende Legende: Veit Relin, 1926 in Österreich geboren, ist Maler, Schauspieler, Drehbuchautor, Regisseur und seit 35 Jahren Intendant des mit 50 Sitzplätzen vielleicht kleinsten Theaters in Deutschland, des Torturmtheaters im idyllischen Sommerhausen. Es residiert in einem Stadttor aus dem Mittelalter, durch das man bis heute ins Städtchen fährt. Im Turm bringt der umtriebige Künstler, der in zweiter Ehe mit Maria Schell verheiratet war, hochkarätige Stücke der Weltliteratur, aber auch Stücke seines Schwiegersohns Franz-Xaver Kroetz auf die Bühne. Zur Kulturszene Sommerhausens gehören ein weiteres Theater („Sommerhaus“), viele Galerien, Ateliers und Werkstätten von Malern, Keramikern und Kunsthandwerkern. www.sommerhausen.de