Niederländer sind gesellig, gastfreundlich und weltoffen – kurz: ein sympathisches Volk, das seit jeher viel in der Welt herumkommt. Heute vor allem mit dem Caravan, weswegen in Deutschland mitunter auch der ein oder andere Witz erzählt wird.
Die Niederlande – eine Nation von Campern
In seiner Heimat muss der Niederländer nicht fürchten, für sein Hobby angegriffen zu werden. Die Caravan-Dichte ist mit einem Wohnwagen pro 36 Einwohner wesentlich höher als in Deutschland (ein Caravan pro 93 Einwohner). Damit ist die Chance, einen Caravaner zum eigenen Freundeskreis zählen zu dürfen, dreimal größer. Zudem haben niederländische Camper mit dem Verkehrsclub ANWB eine exzellente Lobby. Der ehemalige Fahrradfahrerverbund ist mit über vier Millionen Mitgliedern heute der größte Verband in den Niederlanden und kümmert sich um Auto- und Motorradfahrer, Wasser- und Wintersportler – und natürlich Camper.
Das wichtigste niederländische Fachblatt, Kampeer & Caravan Kampionen (KCK), wird vom ANWB herausgegeben. KCK-Redakteur Wim de Roos geht davon aus, dass mindestens 90 Prozent aller NL-Caravaner im ANWB organisiert sind.
Dauercamping kennen die Niederländer nicht
Der Caravan-Bestand liegt in den Niederlanden momentan bei 462.000 Einheiten. Fast alle davon werden als Reisewagen genutzt. Standcaravans kennt der Niederländer so gut wie nicht. Für längere stationäre Aufenthalte nutzen unsere Nachbarn lieber geräumigere und komfortablere Mobilheime. Von manchen Caravanern werden die Zeiten der Nach- und Vorsaison fürs längere Stehen genutzt, da die Platzmieten dann wesentlich erschwinglicher sind.
Niederländische Campingplätze – in ganz Europa
Die Campingplatzdichte in den Niederlanden ist hoch. Rund 2000 Plätze verteilen sich auf einer Fläche von rund 42.000 Quadratkilometer. Im Schnitt ist das ein Campingplatz pro 21 km². Im Vergleich dazu kommt im campingplatz¬reichen Frankreich ein Platz auf 67 km².
Niederländische Campingplätze gibt es in allen Facetten. Ruhe garantieren die „Natuurkampeerterreinen“ (Naturcampingplätze), die von der Forstverwaltung oder privaten Betreibern bestellt werden. Sie bieten zwar nur einfache Ausstattung, dafür eine Menge Naturerlebnis. Sehr verbreitet sind kinderfreundliche Plätze mit Bade-, Sport- und Spieleinrichtungen, Disco und Animation. Voll im Trend liegt „Glamping“: luxuriöse Komfortplätze mit allem Drum und Dran. Niederländische Plätze sind in der Regel sehr sauber und die sanitären Anlagen gut ausgestattet.
Dies kennzeichnet auch die vielen über ganz Europa verteilten Camps unter niederländischer Leitung. Ein Phänomen, dem auch das KCK-Magazin Rechnung trägt. In jedem Heft widmet es eine Seite einem von niederländischen Besitzern oder Pächtern geführten Campingplatz im Ausland.
Eine Umfrage des ANWB hat ergeben, dass 34 Prozent der niederländischen Caravaner bei der Platzwahl auf persönliche Empfehlungen reagieren, rund 11 Prozent besuchen Einrichtungen, auf denen sie schon einmal zufrieden waren. Andererseits schätzt sich mehr als die Hälfte aller Camper als abenteuerlustig und weltoffen ein. Tatsächlich zählen niederländische Plätze rund 1,1 Millionen Übernachtungen Einheimischer Camper. Das Ausland hat auf der Beliebtheitsskala also klar die Nase vorn. Momentan ist Frankreich das Lieblingsreiseland der Niederländer.
Die niederländischen Caravans
Die Entwicklung auf dem niederländischen Caravan-Markt verläuft seit zehn Jahren mehr als dramatisch. Er verlor in dieser Zeit dreiviertel seines Volumens. Allein von 2012 bis 2013 betragen die Einbußen an Neuzulassungen rund 23 Prozent. Ein Ende der Durststrecke ist nicht abzusehen, wenn auch nach den frischen Zulassungszahlen aus 2014 der freie Fall gestoppt zu sein scheint. Da der Bestand nicht sinkt, gehen Experten davon aus, dass niederländische Caravaner kollektiv ihr Kaufverhalten geändert haben und ihren Anhänger seltener wechseln als bisher. Längere Garantiezeiten für Funktion und Dichtigkeit sprechen für diese These.
Die einstmals respektable niederländische Caravan-Industrie liegt jedoch fast völlig am Boden. Klangvolle Namen wie Avento, Beyerland, Chateau oder Delta sind aufgrund von wirtschaftlichen Widrigkeiten vom Markt verschwunden. Erwähnenswert sind eigentlich nur noch der Faltcaravanhersteller Holtcamper, Kip mit seinen extravaganten Fahrzeugen und diverse Kleinhersteller. Neu im Programm von Kip ist der Shelter, ein trendiger Mini-Caravan mit Hecktür, Hubdach und Halterungen fürs Sportgerät. Die Außenhaut wird nach Kundenwunsch bedruckt.
Niederländer bevorzugen deutsche Caravans
Unter Europas Herstellern nimmt Deutschland mit über 5000 Einheiten immer noch die Pole-Position auf dem niederländischen Importmarkt ein. Seit vielen Jahren beliebteste Caravan-Marke ist Hobby, mit Abstand gefolgt von Knaus, Tabbert und Fendt. Vor allem mittelgroße Caravans mit einer Aufbaulänge um fünf Meter nennt der niederländische Hobby-Importeur de Graaf als die beliebtesten Fahrzeuge.
Bei den Grundrissen decken sich deutsche und niederländische Präferenzen. Den Wunsch nach Komfort erfüllen vor allem Caravans mit Einzel- oder Längsbetten. Außerdem sind Caravans mit Kindergrundriss gefragt. Nach Umfragen des ANWB ist die Lieblingsbaureihe der niederländischen Caravaner zur Zeit der günstige Hobby De Luxe, gezogen von einem sparsam ausgestatteten SUV asiatischer Fertigung (Hyundai, Kia etc.). Sollten Sie das nächste Mal einem solchen Gespann mit gelbem Nummernschild auf der Autobahn begegnen, winken Sie unseren netten Nachbarn recht freundlich – und machen bitte keine Witze.
Web-Tipps für die Niederlande
Allgemeine Touristeninfos
Caravan-Hersteller
Camping-Infos
Vergleich: | Niederlande | Deutschland |
Einwohner (Stand 2012) | 16.770.000 | 82.000.000 |
Aktuell zugelassene Caravans | 462.000 | 880.000 |
Caravan-Marken | 4 | 11 |
Campingplätze | rund 2000 | über 3700 |
Meistverkaufte Caravan-Baureihe 2012 | Hobby De Luxe | Hobby Excellent |
Neuzulassungen Caravans 2012/2013 | 7527/5782 | 17.638/16.665 |
Beliebtestes Zugfahrzeug | asiatischer SUV | Ford Mondeo |
Zahl der Caravan-Zeitschriften | 6 | 3 |