Mit der Mitte ist es so eine Sache: Mal versteckt sie sich wie der Kern einer Frucht, mal strahlt sie hell wie ein Zentralgestirn. In einem Zentrum der Macht fängt auch unsere Reise an. Zumindest wurden von der Kaiserpfalz in Goslar aus über 200 Jahre lang die Geschicke der deutschen Politik gelenkt.
Noch heute gilt die Stadt als Ort des Rechts, dazu sichern mehr als 1500 Fachwerkhäuser diverser Epochen der Stadt die Aufnahme ins Welterbe der Unesco. Am Markt erinnert ein Glockenspiel an die Bergbautradition. Allgegenwärtig künden Hexen und Besen von der Nähe zum Brocken, und auch uns lockt es in den Harz. Die Straße windet sich durch endlos scheinende Wälder, ab und zu glitzert ein See durchs Geäst. Eine wunderbare Region zum Wandern, etwa auf dem Liebestorpfad, der in der Ortschaft Hahnenklee beginnt. Gleich um die Ecke überrascht die Gustav-Adolf-Kirche, eine der wenigen Stabkirchen Norddeutschlands.

Strahlt Goslar den Glanz vergangener Tage aus, so tauchen wir in Clausthal-Zellerfeld in die Welt der harten Arbeit ein. Bunte Holzfassaden, teils mit Schiefer durchsetzt, bestimmen das Bild der Stadt, in der über 400 Jahre lang Erz gefördert wurde. Sagen von Schätzen hortenden Zwergen werden lebendig, einen Abstecher in das Oberharzer Bergbaumuseum lassen wir uns nicht entgehen. Auf dem Weg nach Osterode weichen die dichten Nadelwälder Äckern und Streublumenwiesen. Der Weizen wird eingefahren, gelb hängt der Mais an den Stauden.
Die Frage, wo der Mittelpunkt der um fünf neue Länder erweiterten Bundesrepublik zu finden ist, beschäftigt die Gemüter seit der Wiedervereinigung. Das Dorf Krebeck gilt als der nördlichste Mittelpunkt Deutschlands. Am Denkmal für die Helden von ’14/’18 ragt nun ein Gedenkstein mit eingelassener Tafel empor, gleich daneben befindet sich die Bushaltestelle. Laut Fahrplan braucht es nur sechs Minuten bis Ebergötzen, wo dem Dichter Wilhelm Busch ein Museum gewidmet ist.
Ganz in der Nähe des Seeburger Sees, immerhin des größten Natursees Südniedersachsens, rollen wir auf den dortigen Campingplatz und finden uns erneut in der Mitte wieder. Liegt der Ort doch ziemlich genau auf halber Strecke zwischen der alten Bundeshauptstadt Bonn und der neuen Hauptstadt Berlin. Ganz im Zeichen der deutsch-deutschen Geschichte steht auch Duderstadt und hat dabei so viel mehr zu bieten. Das von drei Erkertürmen gekrönte Rathaus gehört zu den ältesten Deutschlands. Dass es hier nicht immer so friedfertig zuging wie heute, bestätigt ein Blick in die Folterkammer des Rathauses, die sogar besichtigt werden kann.
Entlang der Grenze zwischen Niedersachsen und Thüringen führt uns der Weg nach Heiligenstadt, der Hauptstadt des Eichsfelds. Eine erste Gelegenheit, sich die Thüringer Bratwurst im Original schmecken zu lassen. Im Ortsteil Flinsberg steuern wir dann den nächsten Mittelpunkt der Republik an. Etwas abseits des Dorfes unterstreichen Findling, Eiche und Bodengrafik die Bedeutung dieses Platzes. Eine Bank erinnert daran, dass auch der Papst schon hier war.
Nach einem Abstecher zur Quelle der Unstrut geht es über kleine Landstraßen weiter nach Dingelstedt. Der Ortsteil Silberhausen wird ebenfalls als einer der Mittelpunkte Deutschlands gezählt, doch macht man in dieser ländlichen Idylle nicht viel Aufhebens darum. Kein Stein, kein Baum, keine Gedenkplatte. Das Leben geht seinen normalen Gang.
Nicht entgehen lassen wollen wir uns Mühlhausen mit seinen mittelalterlichen Fassaden. Fast vollständig erhalten ist die Stadtmauer, der Wehrgang ist teilweise begehbar. Gut möglich, dass hier bereits Johann Sebastian Bach oder der Reformator Thomas Müntzer entlanggegangen sind.
Wenige Kilometer entfernt legt Niederdorla seit 1990 Wert darauf, als erster Mittelpunkt der Bundesrepublik benannt worden zu sein. Zumindest gibt es hier das bislang bestbesuchte Memorial. Besuchergruppen kommen und gehen.
Stille jedoch umfängt uns, als wir kurz darauf in Richtung Hainich abbiegen. Uns erwartet ein Wald im Urzustand, ein echter Urwald auf deutschem Boden – weswegen auch er als Weltnaturerbe geschützt wird. Wer die Wildnis von oben erleben möchte, dem sei der Baumkronenpfad im Nationalpark Hainich empfohlen. Allerdings sollte man schwindelfrei sein.
Ganz gepflegt dagegen geht es in der über 1000 Jahre alten Färberstadt Bad Langensalza zu, die auch als Stadt der Gärten bezeichnet wird. Wo sonst sind zehn verschiedene Parkanlagen per Fußweg miteinander verbunden?
Nach Berechnungen von 1997 gehört auch Landstreit, vor den Toren Eisenachs gelegen, zu den erklärten Mittelpunkten Deutschlands. Gleichzeitig ist der Flecken ein Beweis dafür, dass die Mitte nicht immer erreichbar ist. Wir respektieren die Durchfahrtsverbote an den Zufahrtswegen und drehen ab nach Eisenach, wo stattdessen die Wartburg zum Zentrum der Republik erkoren wurde. Immerhin übersetzte Martin Luther hier das Neue Testament in die deutsche Sprache, später ging Goethe in dem Ritterschloss ein und aus. Also bewundern wir die Burg und versäumen keinesfalls, auch der Ausstellung „Automobile Welt“ in Eisenach einen Besuch abzustatten.
Wir lassen unsere Suche nach dem Mittelpunkt Deutschlands noch einmal Revue passieren: Drei anerkannte Stätten des Weltkulturerbes haben wir gesehen, sind lebendiger Historie wie auch jüngerer Geschichte begegnet. Orte haben wir passiert, in denen die Zeit stillzustehen scheint und die doch so lebendig sind. Wo immer die Mitte auch ist – hier ist man mittendrin.

Wo liegt die Mitte Deutschlands?
Gleich fünf Orte nehmen für sich in Anspruch, der wahre Mittelpunkt der Bundesrepublik Deutschland zu sein. Die Unterschiede in der Verortung ergeben sich aus verschiedenen Berechnungsmethoden. Das niedersächsische Krebeck sowie Flinsberg und Niederdorla in Thüringen würdigen ihre Lage durch Gedenkplätze, Silberhausen verzichtet hingegen bislang darauf. Statt Landstreit wurde im Jahr 1997 die berühmte, nur zehn Kilometer entfernte Eisenacher Wartburg zum symbolischen Mittelpunkt Deutschlands erklärt.

Campingplatz-Tipps im Harz/Thüringer WAld
Camping Sennhütte
Leicht geneigte Wiese auf einer Lichtung im Hochwald, direkt an der Straße gelegen. 3 ha, 220 Stellplätze, davon 50 Dauercamper. Ganzjährig geöffnet.
Standort: Clausthaler Straße 28, 38644 Goslar, GPS 51°53’21„N, 10°23’56“O, Telefon 0 53 21/2 24 98, www.campingplatz-goslar.de
Campingplatz Kreuzeck
Naturbelassenes Gelände an einem Hang mit vielen terrassierten Stellplätzen im gelichteten Hochwald. Bei Bedarf Schlepphilfe. Am Südufer eines ca. 3 ha großen Sees. Mehrere Einstiegsstellen sowie kleine Liegewiese. Kurmöglichkeiten, Wintersportmöglichkeiten. 5 ha, 200 Stellplätze, davon 60 Dauercamper. Ganzjährig geöffnet. Standort: Kreuzeck 5, 38644 Goslar-Hahnenklee, GPS 51°50’46„N, 10°20’58“O, Telefon 0 53 25/25 70, www.camping-harz.de
Campingplatz Seeburger See
Ebenes Wiesengelände mit Hecken und mittelhohen Bäumen, teils in kreisförmige Standplatzgruppen unterteilt. In der Nähe des Strandbads. Besondere Angebote für Reitsportler. Minigolf. 2,7 ha, 125 Stellplätze, davon 35 Dauercamper. Ganzjährig geöffnet. Standort: Seestraße 20, 37136 Seeburg, GPS 51°33’50„N, 10°09’12“O, Telefon 0 55 07/13 19, www.campingseeburgersee.com
Campingplatz Palumpa-Land
Ebenes Gelände mit noch junger Bepflanzung. An einem Stausee gelegen, etwa 40 m langer und 15 m breiter Sandstrand. Badegelegenheit, Bootsverleih, Bootsslip. 1,2 ha, 50 Stellplätze, davon 5 Dauercamper. Geöffnet vom 20. 03. bis 31. 10. Standort: Am Stausee 1, 99986 Niederdorla, GPS 51°09’05„N, 10°28’12“O, Telefon 0 36 01/88 89 42, www.palumpa-land.de
Campingpark Eisenach
Überwiegend ebenes, stellenweise terrassiertes, durch Bäume und Büsche gegliedertes Wiesengelände rund um den See. Von Laubwald umgeben. Dauercamper vorwiegend am gegenüberliegenden Seeufer. Besondere Angebote für Angler, mehrere kleine, sandige Einstiegsstellen ins Wasser, Bootsverleih. Naturlehrpfad, Volleyballplatz, Sauna, Solarium. Bei Vorlage der Gästekarte Eintrittsermäßigungen in der Umgebung. 10 ha, 130 Stellplätze, davon 80 Dauercamper. Ganzjährig geöffnet. Standort: Am Altenberger See 1, 99819 Wilhelmsthal, GPS 50°54’30„N, 10°18’03“O, Telefon 0 36 91/21 56 37, www.campingpark-eisenach.de