Marktübersicht Tandemachser-Caravans
89 Doppelachs-Wohnwagen im Überblick

Es gibt sie noch, die grossen Tandemachser. Ab welchem Gewicht Hersteller auf vier statt zwei Achsen setzen und was es für Beschränkungen im Fahrbetrieb gibt: CARAVANING hat alles Wissenwerte rund um Vierrad-Caravans zusammengefasst.

Doppelachsen erhöhen Fahrstabilität, machen aber das Messen der Stützlast komplizierter
Foto: Hersteller, Bartosch, Bitsch, Heinz

Noch in den frühen 80er-Jahren des vergangenen Jahrtausends waren Tandemachser eher die Regel als die Ausnahme. Denn schon für ein zulässiges Gesamtgewicht von 1300 Kilogramm griffen Hersteller zu zwei zart bereiften Achsen. Zwölf Jahre alt ist dieser Satz aus CARAVANING: "Knapp sechseinhalb Meter Aufbaulänge und 1700 Kilo Gewicht sind die Grenze, ab der die zweite Achse nötig wird – mit leichten Abweichungen von Hersteller zu Hersteller. Das maximal mögliche Gesamtgewicht der Tandemachser liegt bei gut zwei Tonnen, in einigen Fällen auch darüber."

Ab dann wurden Rahmen, Achsen und Reifen kontinuierlich tragfähiger. Heute erreichen die Achsen von Alko, BPW und Knott Grenzen von zwei, 1,9 und zwei Tonnen – kein Grund also, ohne Not ein zweites, samt Bremsen, Felgen und Reifen rund 100 Kilogramm schweres Achsaggregat anzubauen. Oder doch?

Es gibt immer noch gute Gründe für Doppelachs-Caravans

Zum einen ist da natürlich das Gewicht, zum anderen die Aufbaulänge. Ab welcher Aufbaulänge auf zwei Achsen gesetzt wird, ist ebenso individuell wie die Gewichtsklasse. Die Gründe für die Gewichtsgrenzen sind bei den Achsenlieferanten zu suchen: Hobby kauft Achsen von Knott, wo man schon ab 1900 Kilogramm zulässiger Gesamtmasse auf ein Paar setzt.

Bei Caravans, die auf Chassis und Achsen von Alko und BPW (BPW: Adria, Airstream und Weinsberg) rollen, geht es ab zwei Tonnen los. Die Obergrenze liegt gemeinhin bei 2,8 Tonnen zulässiger Gesamtmasse. Eine Ausnahme bildet der Tabbert Cellini mit Slide-Out, für den Alko ein 3,5-Tonnen-Fahrgestell nach Mottgers liefert.

Caravan Tabbert Cellini 750 HTD
Hersteller, Bartosch, Bitsch, Heinz
Caravan Tabbert Cellini 750 HTD

Die Doppelachse sorgt für Stabilität und Balance

Dass ab einer Gesamtlänge von zirka acht Metern eine Doppelachse zum Einsatz kommt, liegt daran, dass man einen solchen Koloss auf einer Achse nicht mehr vernünftig ausbalancieren könnte. Zudem treten bei langen Caravans größere Biegemomente auf.

Je breiter sich die Rahmenholme in der Mitte abstützen können, desto weiter können sie vorn und hinten verlängert werden, ohne dass der Caravan knickt. Tatsächlich gab es in der Vergangenheit schon mal Probleme durch Biegung, was sich in "knitternden" Seitenwänden äußerte. Heute sichern sich Caravan- und Chassishersteller auch durch größere Materialstärken ab.

Weil sich das Gewicht bei Tandemachsern auf vier Reifen verteilt, genügen im Gegensatz zu den tragfähigsten Einzelachsen kleinere Reifen mit geringerer Tragkraft (Load-Index, kurz LI). Dadurch können flachere (aber längere) Radkästen eingesetzt werden, und die Boden- respektive Einstiegshöhe reduziert sich. Auch die Bremstrommeln sind kleiner als bei ähnlich schweren Einachsern. Da es aber vier gibt, müssen natürlich etwas höhere Wartungskosten einkalkuliert werden.

Beispiele: Für einen Bremsenservice mit Belagwechsel werden laut Alko 300 statt 150 Euro fällig. Auch die Nachrüstung von selbstnachstellenden Bremsen, zum Beispiel die AAA-Bremse von Alko, schlägt mit 660 statt 330 Euro (Preis inklusive Einbau im Alko-Kundencenter, Teilepreis rund 190 Euro pro Achse) zu Buche – gut, dass Dethleffs, Fendt, LMC und Tabbert serienmäßig ab Werk damit ausgerüstet sind.

Die ebenfalls selbstnachstellende ANS-Bremse von Knott, die auch für einige BPW-Chassis bzw. -Bremsen passt, kostet ab 220 Euro – ohne Einbau. Auch ein Reifenwechsel geht natürlich etwas stärker ins Geld. Ein Reifen des Formats 155/80 R 13 XL, wie er bei Hobby-Caravans zum Einsatz kommt, kostet zwischen 35 und 60 Euro. Tragfähige C-Reifen für einen Zweitonnen-Einachser (215/70 R 15 C, LI 109) dagegen kosten bereits zwischen 80 und 130 Euro pro Exemplar.

Die wichtigsten Fragen zum Tandemachs-Caravan

Es drängen sich viele Fragen im Zusammenhang mit den größten der großen Caravans auf. Die brennendsten haben wir für Sie zusammengefasst.

Sind Zweiachser fahrstabiler als Einachser?

Durch die um maximal einen Meter auseinanderliegenden Aufstandsflächen der Reifen, die ja die Kräfte auf die Fahrbahn übertragen, ergibt sich ein Moment gegen Richtungsabweichungen aus der Geraden – und dieses Moment trägt positiv zur Fahrstabilität bei. Oder kürzer gesagt: Vier Reifen führen besser als zwei. Tatsächlich aber hängt die Fahrstabilität auch entscheidend vom Gierträgheitsmoment des Hängers ab. Und das wiederum ist geprägt von seiner Masse und seiner Größe. Da Tandemachser meist größer als Monoachser sind und in der Regel auch 2,50 Meter breit, haben sie ein teils immens größeres Gierträgheitsmoment als die kürzeren, leichteren und oft schmaleren Monoachser. Und je größer das Gierträgheitsmoment ausfällt, desto schlechter die Fahrstabilität. Daher wird die stabilisierende Wirkung von zwei Achsen zum Teil wieder wettgemacht. In der Praxis laufen Tandemachser erfahrungsgemäß problemlos hinterher. Trotzdem: Die Aussage, dass Tandemachser fahrstabiler sind als Monoachser, ist mit Vorsicht zu genießen.

Stabilisierungssysteme à la AKS von Alko, Winterhoff WS 3000 oder iDC von BPW sind bei Tandemachsern ebenso dringend empfohlen wie bei ihren zweirädrigen Pendants. Gut, dass die meisten Tandem-Wagen serienmäßig damit ausgestattet sind – nur Weinsberg verlangt für den Winterhoff-Schlingerdämpfer beim Cara-one 740 UDF 334 Euro.

Elektronische Sicherheitssysteme, die einen pendelnden Caravan erkennen und dann die Bremse ziehen – dazu gehören Alko ATC, BPW iDC, Leas und Knott ETS 02 –, sind auch für Doppelachser erhältlich. Vorbildlich: Bei Dethleffs und Tabbert kommt das ATC-System von Alko sogar serienmäßig zum Einsatz. Die restlichen Hersteller berechnen zwischen üppigen 749 (Eriba) und ungerechtfertigten 1006 Euro (Fendt). Mit 1249 Euro noch mal mehr verlangt Adria für seine Doppelachser – allerdings kommt hier das ohnehin teurere iDC von BPW zum Einsatz.

Wie misst man die Stützlast richtig?

Die Stützlast ist immer so zu messen, dass die Deichsel durch Grundbeladung des Wagens auf derselben Höhe wie der Kugelkopf der Anhängekupplung des Zugfahrzeugs liegt. Denn: Bei geringer Kugelhöhe des Zugfahrzeugs, zum Beispiel durch Beladung oder eine Tieferlegung, neigen Doppelachser dazu, die Deichsel nach oben zu ziehen, weil die hintere der beiden Achsen entlastet wird. Andersrum steigt die Stützlast bei sehr hohen Kugelköpfen, da die vordere Achse angehoben wird. Je weniger Differenz zwischen Deichsel- und Kugelkopfhöhe besteht, desto einfacher ist die Stützlast zu justieren. Natürlich gilt auch für Tandemachser: Immer die größtmögliche zulässige Stützlast einstellen.

Sind immer beide Achsen gleich belastet?

Nein. Darin liegt ein Nachteil der Tandemachser. Je nach Kugelkopfhöhe des Zugwagens (siehe vorhergehende Frage) wird die vordere oder die hintere Achse stärker belastet. Im Extremfall kann es vorkommen, dass ein Reifenpaar sowie die Achse über ihre technische Tragfähigkeit hinaus belastet werden.

Gibt es technische Möglichkeiten, das zu verhindern?

Ja und nein: BPW bietet zwar für seine Chassis mit den "Rondo" getauften Drehstabfederachsen einen Lastausgleich an, doch der wird nur von Airstream serienmäßig eingesetzt. Bei dem System handelt es sich um eine Koppelstange, die sich diagonal vom vorderen Achsschenkel zum hinteren spannt – vergleichbar mit der Schubstange bei einer Dampflok. Federt das vordere Rad unter Belastung ein, überträgt sich der Druck auch auf das hintere Rad. Dadurch werden beide Räder gleich stark belastet Die Nachrüstung an andere Achsen ist aber nicht möglich.

Kann man Doppelachser von Hand rangieren?

Ja, aber deutlich schwerer als Einachser. Denn durch die vier Räder sträuben sich Tandemachser davor, um die Kurve geschoben zu werden. Gut erkennbar ist das am Gummiabrieb in engen Kurven. Deshalb hilft es, wenn man das Stützrad maximal herauskurbelt, um die vordere Achse zu entlasten. Dann rutschen die Reifen besser. Die Stützlast stark zu erhöhen, um die hintere Achse zu entlasten, wäre die zweite Möglichkeit. Das scheitert jedoch meist daran, dass das Stützrad in tiefer Position nicht mehr lenkbar ist. Besonders für Tandemachser bieten sich also elektrische Rangiersysteme an.

Rangiersystem ja – aber welches?

Alle renommierten Anbieter von Rangiersystemen, landläufig auch Mover genannt, haben Systeme für Doppelachser im Angebot. Ob ein Rangierantrieb mit zwei Motoren genügt oder es ein leistungsstarker viermotoriger sein muss, hängt von der zulässigen Gesamtmasse des Caravans ab. Rangiersysteme mit vier Motoren gibt es von Alko (Mammut Tandem, ab 3990 Euro, Systemgewicht: 67–84 kg, Caravangewicht: bis 3000 kg), Reich (Easy Driver pro 2.8/3.1, ab 3100/4000 Euro, Systemgewicht: 64/68 kg, Caravangewicht: bis 2,8/3,1 Tonnen) und Truma (Mover XT 4, ab 4200 Euro, Systemgewicht: ab 60 kg, Caravangewicht: bis 3100 Kilogramm). EAL begnügt sich mit dem einmotorigen Enduro-Mover (ab 1600 Euro), der jedoch ebenfalls drei Tonnen schwere Wagen rangieren soll. Die einmotorigen Rangierhilfen von Alko, Reich und Truma packen Wagen bis 2250, 2300 respektive 2400 Kilogramm.

Ab Werk sind die Preise nicht weniger saftig. So berechnet beispielsweise Dethleffs für den Mover inklusive Stromversorgung 5600 Euro. Beim Tabbert Cellini kosten Antrieb und Stromversorgung gar 6766, bei den anderen Tandemachsern 4519 Euro. Eriba setzt beim Nova 620 auf den zweimotorigen Truma XT 2 für 3890 Euro. Den gibt es auch für Knaus-Doppelachser, nur kostet er dort 3549 Euro, viermotorig werden 5769 Euro daraus. Bei Tests hat sich gezeigt, dass viermotorige Systeme sehr leistungsfähig sind und genauso präzise arbeiten wie zweimotorige.

Kosten Tandemachser mehr Maut?

Nein. Bis auf Italien, dort sind Caravans mit Doppelachse in einer teureren Klasse eingestuft.

Kosten Tandemachser mehr Versicherung oder Steuern?

Nicht generell, sondern nur aufgrund der Tatsache, dass sich Versicherungsprämien am Fahrzeugwert orientieren und die Steuer an der zulässigen Gesamtmasse. Darum sind Doppelachser tendenziell etwas teurer im Unterhalt.

Welche Vorteile hat ein Tandemachser?

Neben den technischen Vorteilen gibt es praktische. Meist kann man einen angekuppelten Tandemachser betreten, ohne vorher die Kurbelstützen ausgedreht zu haben. Des Weiteren rollen Doppelachser geschmeidiger über Schlaglöcher, weil nicht beide Räder gleichzeitig hineinplumpsen. Auch bei einem Reifenschaden bleibt das Fahrverhalten stabiler, weil ein noch intakter Pneu pro Seite den Caravan unter Kontrolle hält. Im Umkehrschluss heißt das: Bei Doppelachsern noch häufiger den Luftdruck kontrollieren, weil man platte Reifen eventuell nicht so gut oder so früh erkennt.

Die aktuelle Ausgabe
Caravaning 09 / 2023

Erscheinungsdatum 15.08.2023

116 Seiten