Die Kurve schneiden, zentimeternah auffahren und überholen, und das womöglich rechts – DTM oder Formel 1 taugen nicht eben als Vorbild für den Straßenverkehr.
In Sachen „Kurve schneiden" dient das sportliche Ringen um Zehntelsekunden allerdings doch als praktischer Ratgeber zur eigenen Anwendung, denn was die Physik zur Fahrdynamik lehrt, gilt im Rennsport wie auf öffentlicher Straße, bei Solofahrten wie im Caravangespann: Auf der Ideallinie halten Auto wie Hänger bei zügiger Fahrweise besser die Balance – und laufen weniger Gefahr, durch unbotmäßige Fliehkräfte, Drifts und Schleuderbewegungen anzuecken.
Der plausible Grund dafür: Wer die Kurve schneidet, vergrößert deren Radius, dezimiert die auftretenden Fliehkräfte und hält seinen Caravan vor allem in Wechselkurven stabiler auf Kurs. Gewiss lassen sich Kurven auch zögerlich und fliehkraftfrei durchbummeln. Doch wer will das schon.
Bei zügigem Kurventempo folgt jedem Lenkeinschlag hingegen eine Dreh- oder Gierbewegung des Fahrzeugs (oder Zuges) um die Hochachse, die es durch angemessene Kurventaktik zu verringern gilt. Auf öffentlicher Straße wird man Kurven natürlich mit Bedacht und nicht – wie im Rennsport – stets rigoros über ihre gesamte Breite hinweg schneiden, das könnte ins Auge gehen. Doch bei übersichtlichem Straßenverlauf ohne Gegenverkehr darf eine Radseite durchaus über die gestrichelte Mittellinie hinwegragen, wobei auch hier die ausladende Breite des Caravans – pro Radseite meist 20 bis 30 Zentimeter mehr als das Zugauto – zu respektieren ist.
Linkskurven geht man am Kurveneingang zweckmäßig vom rechten Fahrbahnrand her an und zieht im Scheitelpunkt tangential zum Innenrand der Spur oder der Fahrbahn hinüber – eben so weit, wie es Fahrbahnmarkierung, Straßenführung, Verkehrslage und Wagenbreite erlauben. Der Erfolg: Am Kurvenausgang hält das Gespann brav die Fahrspurmitte.
Vor einer Rechtskurve lenkt man dagegen zur linken Fahrspurbegrenzung hinüber oder, soweit möglich, über sie hinweg und dann Richtung Innenrand der Kurve. In einer Rechtskehre taugt bei Gegenverkehr jedoch nur der sorgsam gewählte Mittelweg, denn der Caravan soll weder mit dem Heck in die andere Fahrspur schwenken noch mit dem Innenrad den Bordstein touchieren.
Die Kurve zu schneiden ist eine Sache, zügig und möglichst querkraftfrei aus ihr herauszufahren, eine andere. Ganz allgemein gilt: verhältnismäßig langsam hinein, schneller heraus. Kraftlos rollende oder bremsende Räder? Schlecht. Auskuppeln, Gang raus? Ganz schlecht. Das Gespann drängt dann untersteuernd aus dem Kurvenbogen und gerät dabei heftiger als nötig ins Wanken.
Nur unter Antriebseinfluss, mit stetig steigender Motordrehzahl und ausreichender Zugkraft im passenden Gang kann das Gespann die Kurve wie an der Schnur gezogen durcheilen, und das gilt, bei reduzierter Geschwindigkeit, ebenso auf feucht-nasser Fahrbahn. Und wenn sich die Kurve unerwartet zuzieht? Dann hilft nur dies: ohne Verzug kräftig bremsen (möglichst mit ABS), das Gespann mit knappem Lenkeinschlag, aber beherzt in die Kurve zwingen – und hoffen, dass doch alles gut geht.