Campinggeschirr im Test
Bedingt bruchfest

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Teller und Tassen aus Kunststoff sind leicht und stabil und sehen fast so gut aus wie ihre Gegenstücke aus Porzellan. CARAVANING hat das beste Campinggeschirr der bekanntesten Hersteller getestet.

Bruchtest bei Campinggeschirr
Foto: Bilski

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Eine Übersichtstabelle mit ausführlichen Ergebnissen zu allen getesteten Geschirr-Sets finden Sie im kostenpflichtigen PDF-Download.
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Eine Unachtsamkeit, und der schöne Teller ist kaputt. Zu Hause ist das sicher jedem schon einmal passiert. Auf Campingplätzen kommen solche Missgeschicke seltener vor. Warum? Weil die Böden in und vor den Caravans meist nicht aus Stein oder Fliesen sind und Stürze abfedern? Wohl auch. Hauptsächlich ist jedoch das Material von Campinggeschirr, meist Melamin, für die selteneren Bruchschäden verantwortlich. Aber was steckt hinter dem Mythos Melamin? Ist es wirklich so stabil? Hat es andere Schwächen, die Porzellan nicht hat? Und: Ist Bambusgeschirr wirklich eine Alternative zu Kunststoff? CARAVANING hat sieben Geschirrserien der wichtigsten Hersteller getestet.

Ist Melamin im Geschirr gesundheitsschädlich?

Fakt ist: Hersteller von Geschirr aus Melaminharzen stehen seit einigen Jahren unter Beobachtung. Ausgelöst durch einen Skandal in China 2008, wo Milchpulver massenhaft mit Melamin gestreckt worden ist. Dadurch erkrankten hunderttausende Kleinkinder an Nierensteinen, die sich unter Einfluss der Abbaustoffe des Melamins bildeten. Sechs Säuglinge starben sogar.

In der Folge nahmen die Behörden der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsstaaten auch Geschirr und Behälter aus Melaminharzen unter die Lupe. Ergebnis waren strengere Prüfrichtlinien und Migrationswerte, die festschreiben wie viel Melamin und Formaldehyd auf Nahrungsmittel übertragen werden darf. Hersteller müssen in sogenannten Konformitätserklärungen nachweisen, dass ihre Produkte und die verwendeten Materialien diese Werte einhalten. Werden sie während einer Überprüfung bei Verstößen erwischt, verschwindet das Produkt vom Markt. "Es gibt heute nur wenige Kunststoffe, deren Einsatz so streng reglementiert wird wie Melamin", erklärt Gimex-Geschäftsführer Alexander Gielens.

Die Produktpaletten der Geschirrhersteller sind in Folge der Untersuchungen rund um den Melaminskandal geschrumpft. Es kam nämlich auch heraus, dass die Melaminharze unter dauerhaftem Hitzeeinfluss zu viele Schadstoffe freisetzen. Ergebnis: Kochlöffel und Pfannenwender aus Melamin findet man nur noch selten. Teller, Tassen und Suppenschüsseln gibt es weiterhin.

Was sind die Vorteile von Melamin-Geschirr?

Warum Melamin so häufig die Basis für Campinggeschirr ist, beantworten die Hersteller unisono. Das Material wirkt optisch fast wie Porzellan, ist dabei aber weniger zerbrechlich. Brunner, Camp4, Gimex und Rosti Mepal fertigen ihre Testmuster in optischer Hinsicht tadellos. Ihre Teller und Tassen ähneln aus der Ferne wirklich den Pendants aus Keramik, fühlen sich aber nicht so an. Das Geschirr von Waca liegt fast gleichauf mit dem der Konkurrenz. Dass die Weißtöne der Verzierung und des Basismaterials hier leicht variieren, fällt nur bei äußerst genauem Hinschauen auf.

Wobei es laut den Herstellern kein leichtes Unterfangen ist, Melamin mit Farbtupfern zu versehen. Linien, Blumen oder Karos werden nämlich auf eine Folie gedruckt und dann mit ins Harz eingegossen. So entstehen auch die leicht unterschiedlichen Weißtöne auf ein und demselben Teller.

CARAVANING testet Verarbeitung, Handhabung und Bruchsicherheit

Auch die Verarbeitung der Geschirrteile aus Melaminharz ist bei allen Testmustern sehr gut. Kanten fallen nirgends unangenehm auf. Auch nicht bei den zweifarbigen Kombis von Brunner und Gimex, für die die Hersteller zwei Formteile miteinander verpressen. Ein wenig störend sind allenfalls die Pressnähte an den Henkeln der meisten Tassen. Hier hebt sich der niederländische Hersteller Rosti Mepal mit seinem glatten Griff von der Konkurrenz ab.

Dementsprechend sind es Details, die in Sachen Verarbeitung und Handhabung die Spreu vom Weizen trennen. Ein großer Pluspunkt für Brunner, Gimex und Camp4 sind die Gummiringe und -knöpfe am Boden der Geschirrteile. Brunner bezeichnet sie als Anti-Slip-Ringe, die das Rutschen der Teller verhindern sollen. Ein anderer Effekt der Gummistopper ist ebenfalls nicht zu verachten: Sie vermindern Klappergeräusche.

So wird die Bruchsicherheit zum testentscheidenden Faktor. Sie ist bekanntlich der wichtigste Vorteil von Melamin gegenüber Porzellan. Was nicht heißt, dass Kunststoffgeschirr hundertprozentig bruchfest ist. Den Falltest überstehen nämlich nur die Teller. Von den Melamintassen sind vier von fünf nach mehrfachem Aufprall hinüber. Immerhin zersplittern sie nicht wie Porzellan, sondern brechen scherbenfrei.

Kunststoffgeschirr ist nicht besonders kratzfest

Ein hinlänglich bekannter Minuspunkt von Kunststoffgeschirr ist die Anfälligkeit gegen Kratzer. Diese bestätigt sich auch beim CARAVANING-Test. Die Teller von Waca und Gimex überstehen den Messereinsatz gut und bekommen nur wenige kleinste Kratzer ab. Bei allen anderen Testmustern entsteht ein ganzes Netz aus Kratzerchen. Allerdings sind sie in keinem Fall wirklich tief und greifen nur die oberste Schutzschicht an. Dennoch gilt: Wer lange Freude an seinen Tellern haben möchte, sollte mit wenig Druck schneiden. Rosti Mepal werden in dieser Kategorie die farbigen Karos auf der Oberseite zum Nachteil, auf denen die Kratzer stärker hervorstechen als auf weißem Untergrund.

Den härtesten Test müssen wie im Camperalltag die Tassen bestehen. Die Säuren in Kaffee und Tee dringen leicht in das offenporige Melaminharz ein. So kommt es auch, dass sich an der Tasse von Camp4 bereits nach dem zweimaligen Test ein bleibender Kaffeerand bildet. Bei Rosti Mepal ebenfalls, wenngleich nur hauchzart. Die anderen Hersteller überstehen diesen Test, machen aber keinen großen Hehl daraus, dass Verfärbungen häufig vorkommen. Brunner verwendet deshalb neuerdings für die Tassen-Innenseiten das Spezialmaterial "New Resylin". Die Zusammensetzung bleibt natürlich geheim, die Wirkung nicht: Die Tassen bleiben blütenweiß.

Bambusgeschirr: Die Alternative zu Melamin

Mit Bambus ist Melamin in den letzten Jahren ein Konkurrent erwachsen, auf den mittlerweile viele Geschirrhersteller setzen. Geworben vor allem mit der ökologischen Komponente, denn das Material ist kompostierbar. Was aber keine Garantie dafür ist, dass bei der Produktion keine Chemie zum Einsatz kommt.

In Sachen Stabilität sind die Testergebnisse von Bambus ähnlich wie bei Melamin. Die Teller sind nahezu bruchfest, während in den Tassen nach mehreren Stürzen ein Spalt aufbricht. Bemerkenswert ist allerdings die starke Schutzschicht auf dem Bambusteller von Camp4. Doch Kratzspuren bilden sich hier fast gar nicht. Das gilt auch für Kaffeeränder, die dem Bambus wenig anhaben können.

Trotzdem fällt es dem Bambus-Material schwer, sich beim Duell gegen Melamin durchzusetzen. Den Bambustellern und -tassen fehlt die Porzellanoptik. Das Naturmaterial fühlt sich zudem nicht annähernd so hochwertig an wie das Melamin – gerade bei den sehr rauen Oberflächen von Outwells Geschirr. Auch die matten und eher eintönigen Farben des Bambusgeschirrs sind sicher nicht jedermanns Geschmack.

So testet CARAVANING

Was ist wichtig bei Geschirr? Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance: Deshalb werten wir auch das Design. Vor allem geht es aber um die gute Verarbeitung, die die Handhabung erleichtert. Die Stabilität verlängert die Lebensdauer gerade für Camper, wo Teller, Tassen und Schüsseln während der Fahrt regelmäßig Stöße abbekommen und im Alltag von Gabelspitzen und Messerschneiden traktiert werden. Das sind die Hauptpunkte, die CARAVANING ins Testergebnis einbezieht. Das von mehreren Personen bewertete Design macht nur ein Zehntel des Testergebnisses aus. 30 Prozent entfallen auf die Verarbeitung. Wichtig ist, dass keine scharfen Kanten vorhanden und Oberflächen sowie Farbübergänge gleichmäßig sind.

Mit 40 Prozent ist die Handhabung die wichtigste Kategorie. Bewertet werden die Alltagstauglichkeit der Form, Größe und Bequemlichkeit der Henkel an den Tassen, die Rutschfestigkeit und die Geräuschbildung bei Erschütterungen. 20 Prozent des Ergebnisses macht die Stabilitätsprüfung aus. Dafür kratzt der Tester 60-mal mit einem Besteckmesser auf der Oberfläche der Essteller hin und her, wirft Tassen und Teller je viermal auf den Boden im Caravan und draußen auf Beton und füllt zweimal 70 Grad heißen Kaffee in die Tassen, der über Nacht darin bleibt. Damit wird überprüft, ob sich Ränder bilden.