Mit Mofa-Zulassung und maximal 20 km/h zuckelt das elekrische Dreirad XCape X1 legal und ohne Helmpflicht durch die Straßen. Damit lassen sich keine großen Sprünge machen. Doch Beiboote wie diese werden für den Urlaub auf dem Campingplatz immer beliebter. CARAVANING hat den Scooter zu einem Rendezvous gebeten.
Xcape X1 im Praxistest
„Klar teste ich das Ding, ich steh‘ auf alles, was zwei Räder hat“, antworte ich der CARAVANING-Redaktion und bemerke erst dann, dass der XCape X1 ein Dreirad ist. Auch wenn ich als MOTORRAD-Volontärin natürlich Zweirräder bevorzuge, auch okay.

Der erste Ritt geht über den Flur der Redaktion, fühlt sich schnell an, der Teppich ist griffig, die Sitzposition etwas ungewöhnlich: Fast schon wie auf einem Stuhl sitze ich aufrecht auf etwas, das aussieht wie ein fahrender Wagenheber. Die Füße stehen auf Rasten am Vorderrad, dort wird der Scooter auch angetrieben. Schnell merke ich, XCape hat so ziemlich alles unternommen, um weit weg von einem konventionellen Kraftrad zu kommen. Also schule ich meinen Kopf etwas um, lege das Motorrad-Raster ab und lasse mich auf das X ein.
Kurz verfalle ich in den Fahrrad-Modus, denn einen unbequemen Sattel und eine schwergängige Hinterradbremse kenne ich nur von meinem ersten Jugendrad. Aber auch davon ist der Scooter irgendwie weit entfernt. Die Geschwindigkeit wird über einen Daumenschieber neben dem rechten Griff geregelt – wie bei einem Quad. Ich merke schon: Der XCape X1 ist ein Konglomerat verschiedener Fahrzeug-Klassen. Von jedem das Beste?

Vielleicht nicht ganz, so bemerke ich auf meiner ersten wagemutigen Fahrt auf der Straße. Natürlich will ich wissen, wieviel ich aus dem Fahrzeug rausholen kann und schieße mit knapp 20 km/h durch die 30er-Zone. Eine Kreuzung will meinen Höllenritt unterbinden, also greife ich in die Eisen. Moment: In das Eisen. Rechts finde ich keinen Hebel. Eine Bremse blockiert Vorder- und Hinterräder gleichzeitig. Beim Bremsen habe ich allerdings das Gefühl, dass nur Rädchen hinten blockiert werden. Ich muss reagieren, also nehme ich – noch immer viel zu schnell für ein Stoppschild – die Füße zur Hilfe. Ganz so dramatisch war es natürlich nicht, wir bewegen uns hier noch immer eher gemütlich, aber eine bessere Vorderradbremse würde ich mir wünschen!
Mit Tempomat auf langer Strecke
Voll drauf halten muss man hingegen bergauf. Ich werde von Fahrradfahrern überholt. Mein Daumen drückt unermüdlich, dann doch ermüdlich und ich entdecke die Tempomat-Funktion, die den Antrieb fortsetzt, auch wenn der Regler zurück nach oben hüpft. Ein erneuter Tipp auf diesen oder das Betätigen der Bremse löst den Selbstfahr-Modus. Durch den Vorderradantrieb ist bergauf natürlich eine ausgewachsene Kamikaze-Haltung angesagt, um das Gewicht nach vorn zu verlagern.
Nun geht es durch den Ortskern. Ich fühle mich, als wäre ich nackt. Nur auf eine lustige Weise. Statt angehupt zu werden, lächeln mir Autofahrer hinterher, Fußgänger lachen auch – sicher mit mir. Die Schlaglöcher beschäftigen mich dort jedoch etwas mehr: Das 10-Zoll-Rädchen vorne und die 8-Zoll-Donuts hinten brettern ganz schön unsanft über den aufgerissenen Asphalt. Den Bordstein hinunter fahre ich nur ein einziges Mal. Denn das gesamte Körpergewicht lagert durch die weit vorn aufgestellten Füße auf dem Gesäß. Das wiederum sitzt auf einem Fahrrad-Sattel. Auf Dauer eher unbequem, auf Kurzstrecken ergibt sich dadurch zumindest für mich mit 1,58 Metern ein angenehmer Kniewinkel.
Nordschleife, ich komme!
Am meisten Spaß hatte ich in den Kurven. Die zwei Hinterräder sorgen hier für angenehme Stabilität und bleiben brav auf dem Boden. Lenken lässt sich der XCape am besten nur mit Gewichtsverlagerung und weniger mit hartem Einschlagen, da sich das kleine Rad vorn sonst schnell verhaspelt. Auch der Antrieb ist an sich gut gelungen, reagiert gut dosiert auf die Bewegung des Daumens und schiebt unverzögert nach vorn.

Durch die drei Räder stelle ich den Scooter ohne Ständer vor meiner Haustür ab. Er hingegen möchte lieber weiter und rollt weg. Eine Art Feststellbremse könnte dieses Problem schnell beheben. Im Hausflur dann erfreue ich mich noch an dem kleinen Packmaß, das sich nach dem einfachen Zusammenfalten ergibt. Auch in diesem Zustand steht er selbstständig auf drei Rädern. Zwar ist zum Schieben hinter dem Sattel eine kleine Leiste angebracht, zum Tragen eignet sich diese aber eher nicht. Bei 19 Kilo Eigengewicht wäre ein richtiger Griff, etwa hinten am Rahmen, von Vorteil.
Vor- und Nachteile des Xcape X1
aufrechte Sitzposition
kleines Packmaß
sicher in der Kurve
gute Gasannehme
Abstellen ohne Ständer
echter Hingucker
unkompliziert und einfach zu fahren
Welpen-Phänomen: Man kommt leicht ins Gespräch mit Passanten
klappbarer Kennzeichenhalter
/ je nach Körpergröße angenehmer bis unangenehmer Kniewinkel
keine nennenswerte Federung
Sattel unbequem
bergauf sehr langsam
kein Tragegriff oder Korb
keine Feststellbremse, rollt im Stand leicht davon
Lenker wackelt beim Fahren
Körpergewicht lastet rein auf dem Sattel
Sattel nach vorn geneigt
kleine Räder, dadurch instabil auf Unebenheiten
Infos und Preis zum XCape X1
Preis: 1.499 Euro
Maximalgeschwindigkeit: 20 km/h
Reichweite: bis zu 40 km
Akkuladezeit: 4-5 Stunden
Gewicht: 19 Kilo
Max. Traglast: 150 Kilo
Motor: 300W, Max. Drehmoment 8 nm
Batterie: Lithium, 36 V, 12,5 ah
Garantie: 1 Jahr
Fazit
Ich hatte sichtlich Spaß mit dem kleinen Flitzer, fühlte mich auf der Straße aber jedem Fahrrad unterlegen. In der Stadt oder auf dem Campingplatz, für die schnelle Fahrt zum Kiosk oder zum Brötchen holen, würde ich ihn durchaus einsetzen, hadere jedoch noch etwas mit dem stolzen Preis.