Gleich beim ersten Anlauf klappt’s. Behutsam, fast millimetergenau schiebt der Mover XT den 1700 Kilo schweren Fendt Tendenza 495 SF näher an die Betonsäule heran. Das Ziel: Zwischen ihr und dem Deichselkopf ein rohes Ei einzuklemmen, ohne es zu zerbrechen. Noch ein winziges Stück – stopp. Unmittelbar nach Loslassen des Schiebereglers für den Vor- und Rückwärtslauf auf der Mover-XT-Fernbedienung kommt der Caravan sanft zum Stehen. Und siehe da: Das Ei ist unversehrt.
Dieser, zugegebenermaßen etwas unkonventionelle Test zeigt eindrucksvoll, wie präzise sich der neue Rangierantrieb steuern lässt, was nicht zuletzt beim Ankuppeln eines Caravans an den Zugwagen wichtig ist.
Möglich macht das der Einsatz eines Stirn- statt eines Schneckenradgetriebes und einer völlig neuen Motorentechnologie. Daran haben die Truma-Entwickler knapp zwei Jahre lang getüftelt und sie in tagelangen Langzeittests auf dem eigens entwickelten Prüfstand auf Herz und Nieren getestet.
Das Besondere an dem Antrieb: Es handelt sich um einen bürstenlosen Gleichstrommotor. Verwendung finden bürstenlose Motoren zum Beispiel im Bereich der E-Mobilität. Dort allerdings wird mit stärkeren Strömen operiert. Truma ist es dagegen gelungen, eine Abgabeleistung von zirka 500 Watt aus 12-Volt-Strom zu ziehen.
Großer Vorteil der Technologie ist, dass sie nicht gewartet werden muss. Der Motor kommt, wie es sein Name schon vermuten lässt, ohne verschleißanfällige Bürsten und Bürstenhalterungen aus. Zudem zeichnet er sich durch einen hohen Wirkungsgrad sowie eine kompakte und leichte Bauweise aus.
Leichter als der Vorgänger
Im Vergleich zu seinem Vorgänger, dem Mover SE R, wiegt der Mover XT knapp fünf Kilo weniger. Gleichzeitig erlaubt er den Einsatz einer viel kleineren Batterie. Sein AGM-Akku von Optima mit 38 Amperestunden (Ah) spart gegenüber der für den SE R empfohlenen 75-Ah-Batterie noch einmal ungefähr 15 Kilo. Macht unterm Strich eine Gewichtseinsparung von insgesamt fast 20 Kilogramm, die man wiederum bei der Zuladung nutzen kann.
Von den Voraussetzungen her ist der Mover XT also gut gewappnet. Dennoch tritt er kein einfaches Erbe an. Zur Erinnerung: Aus dem letztjährigen Rangierantrieb-Test von CARAVANING ging der Truma Mover SE R – wenn auch knapp – als Sieger hervor. Auch daran muss sich der XT messen lassen.
Beim Rangiertest in eine mit Pylonen abgesteckte Parklücke fällt zuerst die neue Fernbedienung auf. Sie trennt die Funktionen Beschleunigen und Lenken voneinander. Während der Schieberegler die Geschwindigkeit – vor und zurück – steuert, wird mit einem Drehknopf stufenlos gelenkt. Auf letzterem ist in stilisierter Form die Draufsicht auf einen Caravan dargestellt. Wer die Fernbedienung so hält, dass die Deichsel des Caravans mit der dargestellten übereinstimmt, erkennt mit einem Blick auf den Drehknopf, wohin sich Caravanheck und -bug beim Lenken bewegen.
Das Einparken gelingt mit diesem kleinen Trick ohne korrigieren zu müssen. Vor allem auch, weil der XT sanft zu Werke geht. Selbst bei abruptem Anfahren oder Abbremsen macht der Tendenza nur vergleichsweise leichte Nickbewegungen.
Ab auf die Teststrecke
Die nächste Disziplin: Sprint und Geradeauslauf. Auf einer halbwegs ebenen Piste von 20 Metern bekommt der XT die Sporen. Die Strecke absolviert der Testcaravan in 1:51,8 Minuten. Das entspricht einer Geschwindigkeit von 0,644 km/h, was nochmals schneller ist als der SE R, der im vergangenen Jahr als Schnellster 0,551 km/h erreichte. Während der Gleichmäßigkeitsfahrt zieht der Mover XT im Schnitt lediglich 15,3 Ampere aus der Batterie.
Groß auftrumpfen kann der XT auch beim Geradeauslauf. Fast wie an einer Schnur gezogen hält er seine Bahn. Selbst wenn er einseitig ein Hindernis unters Rad nimmt. Das kommt nicht von ungefähr, sondern von der neuerdings permanenten Drehzahlüberwachung.
In beiden Antriebseinheiten rechts und links ist je eine Motorsteuerung eingebaut. Diese erhält, je nachdem wie stark der Nutzer den Schieber auf der Fernbedienung nach vorne oder hinten drückt, von der meist im Bettstaukasten montierten zentralen Steuereinheit eine Soll-Drehzahl vorgegeben.
Fährt nun das rechte Rad auf ein Hindernis auf, verlangsamt sich die Ist-Drehzahl des rechten Antriebs. Das registriert die Motorsteuerung blitzschnell und stellt mehr Leistung zur Verfügung. Dadurch gleicht sich der Vortrieb rechts und links aus, der Caravan fährt schnurgerade
weiter. Truma nennt das Dynamic Move Technology. Dank ihr ist es nun zum Beispiel auch möglich, einseitig einen Ausgleichskeil hochzufahren.
Hochfahren ist das richtige Stichwort für die Abschlussdisziplin. Auf dem Programm steht eine Rampe mit einer Steigung von 15 Prozent. Kraftvoll, ohne auszusetzen, bewältigt der Mover XT auch diese Aufgabe. Das ist umso bemerkenswerter, als dass das Rangiersystem zu diesem Zeitpunkt schon über eine Stunde fast ununterbrochen im Einsatz ist. Die Batterie sendet über die Fernbedienung aber kein Signal, müde zu werden. Die Steigungspassage eignet sich prima, um die Sicherheitsvorkehrungen des Mover XT zu überprüfen. Lässt man beispielsweise die Fernbedienung los, bleibt der Caravan sofort stehen.
Zur Sicherheit: Bremsen
Das Gleiche passiert, wenn man den 13-poligen Stecker, den man vor Inbetriebnahme des Systems aus der Anhänge- in die Sicherheitssteckdose an der Deichsel umstecken muss, aus eben dieser Sicherheitssteckdose zieht. In diesem Fall hält eine Bremse beide Anpressrollen fest. Sie drücken mit 4800 Newtonmeter auf die Reifen und werden durch das zeitgleiche Drücken zweier Knöpfe auf der Fernbedienung elektrisch angefahren.
Für die Leistung des Mover XT macht es übrigens keinen Unterschied, ob er vor oder hinter der Achse montiert ist. Am Testcaravan war er vor der Achse montiert. Die Bodenfreiheit betrug zirka 15 Zentimeter. Hinter der Achse wäre es mehr. Dafür ist der Mover dort weniger gegen Spritzwasser geschützt.
Der Mover XT wird ab Ende August über die deutschlandweit 335 Truma-Vertragspartner angeboten und ersetzt zum 1. Januar 2014 den SE R. Der Preis steigt im Vergleich um 100 Euro auf 2399 Euro plus Einbau, plus 418 Euro für das Batterie-Set. Gemessen an der Leistung ist der Mover XT diese Investion aber allemal wert.
Prüfstand für Mover
Bei der Entwicklung des neuen Mover XT hat Truma alle Register gezogen. Dazu gehört seit etwa zwei Jahren auch ein Prüfstand speziell für Rangierantriebe. Er ist in Zusammenarbeit mit Studenten einer Münchener Hochschule entstanden und erlaubt tagelange Langzeittests, währenddessen unterschiedliche Fahrsituationen simuliert werden.
Einstellbar sind verschiedene Geschwindigkeiten sowie Steigungen zwischen null und 25 Prozent bergauf und bergab. Alle Parameter sind für Caravans mit einem Gesamtgewicht von 500 bis 3000 Kilo auswertbar.