Es ist ebenso wahr wie abgedroschen: In Amerika ist alles eine Nummer größer als hierzulande – mindestens. Das ist im Caravaning-Bereich nicht anders. Wohnwagen, die hier schon zu den üppig bemessenen zählen, werden dort der Einstiegsklasse zugerechnet. Andersherum sind die dicksten US-Caravans, die Fifth-Wheeler, hierzulande bis auf wenige Ausnahmen weitgehend unbekannt.
Kein Wunder: Für diese Kolosse braucht man ausgewachsene Pritschenwagen, die hier kaum auf die Straße – geschweige denn in die Parklücken – passen. Diese Super- oder Heavy-Duty-Pick-ups werden vor allem nach einem Kriterium beurteilt: Wie schwer die Anhänger maximal sein dürfen, die sie an den Haken oder die Aufliegerkupplung auf der Ladefläche hängen können. In dieser Kategorie gibt es einen neuen Spitzenreiter: den Ford F250/F350/F450 des 2020er Modelljahres. Die aufgefrischte Super-Duty-Reihe von Ford debütiert aktuell bei der State Fair of Texas-Messe in Dallas und kommt noch im Herbst auf den Markt.
Neue Nummer 1: Ford F-Serie Super Duty
Amerikas Pick-up-Bestseller kommt in seiner neuesten Variante auf eine Anhängelast von 32.500 Pfund (14,7 Tonnen), wenn er einen Fifth-Wheeler-Caravan an die Aufliegerkupplung nimmt. Zieht er einen der typisch amerikanischen Gooseneck-Anhänger, also einen Auflieger mit dem markanten Schwanenhals, kann dieser sogar 37.000 Pfund, also 16,8 Tonnen, wiegen. An die normale Anhängerkupplung lassen sich immerhin noch bis zu 24.200 Pfund (11 Tonnen) hängen.

Diese Werte bringt aber nicht jeder Ford Super-Duty-Pickup der F-Serie. Es muss schon ein entsprechend ausgerüsteter F-450 mit dem neuen 6,7-Liter-V8-Power-Stroke-Motor sein. Der bullige Diesel mit optimiertem Einspritzsystem und variabler Turbinengeometrie leistet 482 PS und liefert ein maximales Drehmoment von 1.424 Newtonmetern. Oder nach amerikanischer Einheit: 1.050 ft.-lbs, womit er der erste Pick-up ist, der hier die magische 1.000er Marke (1.356 Newtonmeter) übertrifft. Neu ist auch die Zehngang-Automatik, die für die Benzinervarianten ebenso erhältlich ist. Der neue 7,3-Liter-Benziner leistet 436 PS und stemmt maximal 644 Newtonmeter auf die Kurbelwelle. Ist der Ford-Pick-up mit dem bekannten 6,2 Liter-V8 bestückt, erreicht er interessanterweise seine maximale Nutzlast von 7.850 Pfund (3,6 Tonnen).
2. Alter Zugkraft-Star: Chevrolet Silverado HD
Der bisherige Zugkraft-Champion Chevrolet Silverado HD schleppt maximal 35.500 Pfund (16,1 Tonnen) – und ist damit nur noch die Nummer zwei in diese Wertung. Natürlich muss auch dieses Modell optimal konfiguriert sein, um die höchstmögliche Anhängelast zur Verfügung zu stellen: Mit Regular Cab, also zweitürigem Fahrerhaus, Zwillingsreifen auf der angetriebenen Hinterachse und Selbstzünder. Die Daten des Duramax-Turbodiesels: 6,6 Liter Hubraum, 451 PS und maximal 1.234 Newtonmeter. Übertragen wird die Kraft von einer Zehn-Gang-Allison-Automatik.

Natürlich gelten auch die 35.500 Pfund des Silverado ausschließlich für Gooseneck-Trailer. Über zwei andere Werte können aber Fahrer aller Silverado HD-Modelle freuen: Die bis zu acht Fuß lange Ladefläche bietet ein Fassungsvermögen von 2.365 Litern und damit deutlich mehr als die direkte Konkurrenz. Auch die 15 unterschiedlichen Kamerabilder, deren Bilder so übereinandergelegt werden können, dass der Anhänger transparent wird und im Innenspiegel sowie auf dem Touchscreen zu sehen ist, was sich dahinter abspielt. Das kann eine echte Hilfe sein, denn so ein Trailer versperrt ja meist den Blick zurück. Den großen Chevrolet-Pick-up gibt es übrigens auch noch mit 6,6-Liter-V8-Benziner: In dessen Datenblatt stehen 407 PS und höchstens 629 Newtonmeter, die ein Sechsgang-Automat verwaltet.
Ebenso 2. Platz: GMC Sierra Heavy Duty
Technisch identisch mit dem Silverado ist der GMC Sierra Heavy Duty (HD) des Modelljahres 2020. Er ist neben dem Schwestermodell die erste Wahl für die Technik-Freaks, schließlich hat er ein Head-up-Display, das in der Diagonale 15 Zoll misst. Optional gibt es neben der erwähnten 15-Kamera-Technik ein System ähnlich den Smart-Home-Funktionen für daheim: Verfügt ein Wohnanhänger über die entsprechende Technik, lässt sich diese nicht nur mit dem Infotainmentsystem des Sierra, sondern über eine App auch mit dem eigenen Smartphone verbinden und fernsteuern.

Wie das Schwestermodell hat der GMC Sierra HD nicht nur in puncto Leistung, Zugkraft und technische Spielereien zugelegt, sondern auch bei den Dimensionen. 3,5 Zentimeter wuchs er in die Breite, vier Zentimeter in die Höhe, gut 13 Zentimeter beim Radstand und mehr als 26 Zentimeter in der Länge. Mit Crew Cab und Standard-Ladefläche ist der Pritschenwagen dann rund 6,35 Meter lang und 2,08 Meter breit. Wie bei der Konkurrenz gibt es Allradantrieb nur als Option; standardmäßig sind alle Heavy-Duty-Pick-ups mit Hinterradantrieb ausgerüstet.
3. Platz: Ram 2500/3500
Vor nicht mal einem Jahr war der Ram Heavy Duty mit 6,7-Liter-Cummins-Turbodiesel noch die Messlatte bei den dicken Pick-ups. Weniger in Sachen Leistung; mehr als die 406 PS des Ram-Diesels bieten sowohl die GM-Pickups als auch die Super-Dutys von Ford. Der Ram bot seinerzeit das höchste maximalen Drehmoment. Das Sechs-Gang-Automatikgetriebe von Aisin muss mit 1.356 Newtonmetern – also exakt 1.000 ft.-lbs – klarkommen. Als Alternative gibt es einen 6,4-Liter-Hemi-V8-Benziner, dessen 582 Newtonmeter (bei immerhin 416 PS) im Vergleich jedoch mickrig anmuten.

In der Kategorie "maximale Anhängelast" ist der Diesel-Ram mit 15,9 Tonnen nun sogar am Tabellenende angelangt. Doch so schwer muss ein Trailer erstmal sein, um den verstärkten Hinterachs-Querträger samt Aufliegerkupplung an seine Grenzen zu bringen. Wer lieber Frachtgut auf die Ladefläche packt, kann die maximale Zuladung von knapp 3,5 Tonnen ausnutzen – wie beim Ford erreicht vom schwächeren Benziner.
Fazit
Man kann das Wettrüsten der amerikanischen Pickup-Produzenten bei der Anhängelast und in puncto maximales Drehmoment für anachronistisch halten. Doch wer einmal so ein Fifth-Wheeler-Monstrum gesehen hat, kann sich ungefähr ausmalen, was diese Caravans auf die Waage bringen. Andererseits: Ein oder zwei Tonnen hin oder her, das dürfte gar nicht so stark ins Gewicht fallen. Am Ende ist es wohl doch in erster Linie dem typisch amerikanischen Wettbewerbsgedanken geschuldet, unbedingt die Führungsposition besetzen zu wollen, dass es hier mit jedem Modellwechsel in neue Zugkraft-Sphären geht.