NIO EL 7 im Zugwagentest
Chinesischer Luxus-SUV für Technikfans

Immenses Technik-Arsenal, brutale Leistung, serienmäßige Anhängerkupplung: Wie schlägt sichder chinesische Luxus-SUV im Zugwagentest?

Nio ET 7
Foto: Ingo Wagner

Seit fünf Jahren erst baut und entwickelt das chinesische Unternehmen Elektroautos – und zielt direkt und offensiv auf die deutsche Premium-Elite. Ebenso verblüffend: Die vollelektrisch schwenkende Zugvorrichtung hat der größte Nio serienmäßig. Zwei Tonnen darf er damit ziehen – wenngleich das Feld O.1 im Fahrzeugschein leer ist. Das ist nicht die einzige Unvollendetheit, die der EL 7 offenbart. Dazu an passender Stelle Konkreteres.

Nio EL7 (2023) f
Hans-Dieter Seufert

Ebener Boden, hohe Decke, elektrische Ver­stellung, gute Machart: So reist man gerne.

Antriebsseitig schöpft der Nio aus dem Vollen: Zwei Motoren mit zusammen 653 PS und 850 Newtonmeter werden vom optionalen 100-kWh-Akku gespeist (Serie: 75 kWh), der monatlich 289 Euro Miete oder einmalig 21.000 Euro kostet. Wer mietet, kann an aktuell drei Stationen in Deutschland (in einigen Jahren sollen es europaweit rund 1.000 sein) einen besonderen Service nutzen: Roboter tauschen dort den Akku binnen fünf Minuten gegen einen vollen.

Vielleicht geizt Nio deshalb an Ladeleistung: Mit maximal 126 kW am DC-Lader und 11 kW an der Wallbox lädt er deutlich langsamer als andere Luxus-E-Autos. Konkret: Nach der Verbrauchsfahrt über 109 Kilometer dauert es 54 Minuten, bis der Akku von 51 auf 100 Prozent gefüllt ist.

Nio EL7 (2023) f
Hans-Dieter Seufert
Hochwertiges, cleanes Cockpit, weil alles übers Display und verschachtelte Menüs läuft – sogar die Spiegel­ und Sitzverstellung.

Im Anhänger-Modus reduziert der EL 7 zwar seine Antriebsleistung auf einen nicht bezifferten, aber ausreichenden Wert, verbraucht inklusive Ladeverlusten trotzdem fast 50 kW pro 100 Kilometer. Und das bei defensivem Rollen auf der rechten Spur. Die realistische Reichweite mit voller Batterie liegt somit bei knapp 200 Kilometern. Auch auf der Solo-Langstrecke erreicht der EL 7 nicht die versprochenen, 507 Kilometer. Nach etwas mehr als 300 Kilometern mahnt die Akkuanzeige zum Zwischenstopp.

Elf HD-Kameras, Lidar und Radar sollen teilautonomes Fahren nach Level 3 ermöglichen, doch im Anhängermodus ist nicht einmal der Abstandsregeltempomat verfügbar. Aber auch ohne Caravan arbeitet die Technik frappierend unvollkommen. Krassestes Beispiel: Die Sonnenbrille verleitet das wachsame Auge zur Annahme, der Fahrer schlafe, und leitet in letzter Konsequenz eine Vollbremsung ein.

Nio EL7 (2023) f
Ingo Wagner
Brillanter Bildschirm mit Kamera und Verbrauchsbilanz.

Die Luftfederung spricht mit jedem Kilo Stützlast und Zuladung geschmeidiger an. Die Fahrstabilität ist tadellos. Und auch die Machart des Interieurs inklusive lückenloser Ausstattung zeigt, wie nah Nio der Spitzenklasse gekommen ist. Und das zu kleineren Preisen. Ein ähnlich starker BMW iX M60 kostet mindestens 143.100 Euro, leistet sich aber keine gravierenden Technik-Fails. Man darf annehmen, dass stetige Updates den Nio immer näher bringen – und das sprichwörtlich über Nacht.

Nio EL 7

Nio ET 7
Ingo Wagner
Platz für fünf und reichlich Gepäck, viel Anhängelast, aber geringe Zuladung mit abgezogener Stützlast.
  • Ausführung: Nio EL 7 100 kWh
  • Systemleistung: 480 kW (653 PS)
  • Antrieb: Zwei Elektromotoren, 2-Gang-Automatik-Getriebe
  • Grundpreis/Testwagenpreis: 95.050 Euro
  • Anhängelast Baureihe: 2.000 kg

Antrieb, Fahreigenschaften und Verbrauch

  • E-Motor(en): 1. (Hinterachse) 300 kW, 2. (Vorderachse) 180 kW
  • Kombiniert: 450 kW (653 PS), max. Drehmoment 850Nm
  • Akkukapazität: 100k Wh/k.A. (brutto/netto)
  • Maximale Ladeleistung DC: 126 kW
  • Ladedauer AC (230 V): ca. 7,5 h, Schnellladen (DC) 31 min (10 bis 80 %)

Testverbrauch (kWh /100 km)

  • solo (Eco/Alltag)/Gespann: 23,3/31,2/46,2 kWh
  • Normverbrauch/(WLTP): 21,6 kWh

Fahrleistungen solo

  • Beschl. 0–100 km/h: 3,9 s
  • Höchstgeschw.: 200 km/h
  • E-Reichweite solo: 331 km

 enorme Leistung und Traktion
 sehr feinfühliges Anfahren vor- und rückwärts
 tadellose Fahrstabilität mit Anhänger, beladen sehr hoher Fahrkomfort
 Luftfederung mit Niveauausgleich

 hoher Stromverbrauch mit voller Anhängelast
 dadurch geringe Reichweite und lange Ladestopps
 unzuverlässige bzw. inaktive Fahrassistenzsysteme solo und im Gespannbetrieb

Kofferraum, Variabilität und Sitze

Nio EL7 (2023) f
Hans-Dieter Seufert
Großer und variabler Kofferraum, aber nur 320 Kilo Zuladung.
  • Kofferraumvolumen: min.658/max.1.545 Liter. Rücksitze mit elektrischer Neigungsverstellung; 1/3 zu 2/3 geteilt umklappbar.

 großer Kofferraum, bequeme, belüftete und beheizte Vordersitze mit Massage- und Liegefunktion
 komfortable Rückbank
 exzellentes Raumgefühl
 viel Platz

 Sitzposition nur kompliziert über Bildschirm einstellbar

Gewichte und Abmessungen

Gewichte

  • Leergewicht gem./zul. Gesamtgewicht: 2.470/.2.890 kg
  • Zuladung abgezogen Stützlast (100 kg): 320 kg
  • Anhängelast: 2.000 kg

Maße

  • Länge/Breite/Höhe: 4,91/1,99/1,72 m
  • Radstand: 2,96 m

 trotz der Größe übersichtliche Karosserie
 Tempo-100-Eignung, mit maximaler Anhängelast

 geringe Zuladung mit ausgereizter Stützlast
 weder Anhänge- noch Stützlast im Fahrzeugschein vermerkt

Anhängerkupplung und Elektrik

Nio ET 7
Ingo Wagner
Voll elektrisch, mit Ladeleitung und vor allem serienmäßig: die AHK.

Anhängerkupplung

  • Preis: serienmäßig
  • Einbau: ab Werk
  • System: vollelektrisch schwenkend
  • Höhe Kugelkopf: 45 cm
  • Stützlast: 100 kg

Elektrische Versorgung

  • Dauerplus: X
  • Plus über Zündung: ✔
  • Blinkerausfallerkennung: Einseitig: ✔ Beidseitig:✔

Sicherheits- und Assistenzsysteme

  • Elektronische Anhängerstabilisierung: X
  • Rangierassistent: X
  • Rückfahrkamera/Zoom Kugelkopf: ✔/✔
  • Verkehrszeichenerkennung (Gespann): X
  • Campingplätze/Ladesäulen in Navigation: ✔/✔

Fazit

Bei Materialanmutung, Qualität und Leistung ist der Nio EL 7 schon nah an der automobilen Elite dran. In Sachen Assistenz ist trotz enormem Hardware-Aufwand aber noch viel Luft nach oben. Auch beim Laden muss der Nio besser werden: Mit zwei Tonnen Last am serienmäßigen Haken verbraucht er viel und muss häufig und lange an die Ladesäule.

Die aktuelle Ausgabe
Caravaning 09 / 2023

Erscheinungsdatum 15.08.2023

116 Seiten