Seit fünf Jahren erst baut und entwickelt das chinesische Unternehmen Elektroautos – und zielt direkt und offensiv auf die deutsche Premium-Elite. Ebenso verblüffend: Die vollelektrisch schwenkende Zugvorrichtung hat der größte Nio serienmäßig. Zwei Tonnen darf er damit ziehen – wenngleich das Feld O.1 im Fahrzeugschein leer ist. Das ist nicht die einzige Unvollendetheit, die der EL 7 offenbart. Dazu an passender Stelle Konkreteres.

Ebener Boden, hohe Decke, elektrische Verstellung, gute Machart: So reist man gerne.
Antriebsseitig schöpft der Nio aus dem Vollen: Zwei Motoren mit zusammen 653 PS und 850 Newtonmeter werden vom optionalen 100-kWh-Akku gespeist (Serie: 75 kWh), der monatlich 289 Euro Miete oder einmalig 21.000 Euro kostet. Wer mietet, kann an aktuell drei Stationen in Deutschland (in einigen Jahren sollen es europaweit rund 1.000 sein) einen besonderen Service nutzen: Roboter tauschen dort den Akku binnen fünf Minuten gegen einen vollen.
Vielleicht geizt Nio deshalb an Ladeleistung: Mit maximal 126 kW am DC-Lader und 11 kW an der Wallbox lädt er deutlich langsamer als andere Luxus-E-Autos. Konkret: Nach der Verbrauchsfahrt über 109 Kilometer dauert es 54 Minuten, bis der Akku von 51 auf 100 Prozent gefüllt ist.

Im Anhänger-Modus reduziert der EL 7 zwar seine Antriebsleistung auf einen nicht bezifferten, aber ausreichenden Wert, verbraucht inklusive Ladeverlusten trotzdem fast 50 kW pro 100 Kilometer. Und das bei defensivem Rollen auf der rechten Spur. Die realistische Reichweite mit voller Batterie liegt somit bei knapp 200 Kilometern. Auch auf der Solo-Langstrecke erreicht der EL 7 nicht die versprochenen, 507 Kilometer. Nach etwas mehr als 300 Kilometern mahnt die Akkuanzeige zum Zwischenstopp.
Elf HD-Kameras, Lidar und Radar sollen teilautonomes Fahren nach Level 3 ermöglichen, doch im Anhängermodus ist nicht einmal der Abstandsregeltempomat verfügbar. Aber auch ohne Caravan arbeitet die Technik frappierend unvollkommen. Krassestes Beispiel: Die Sonnenbrille verleitet das wachsame Auge zur Annahme, der Fahrer schlafe, und leitet in letzter Konsequenz eine Vollbremsung ein.

Die Luftfederung spricht mit jedem Kilo Stützlast und Zuladung geschmeidiger an. Die Fahrstabilität ist tadellos. Und auch die Machart des Interieurs inklusive lückenloser Ausstattung zeigt, wie nah Nio der Spitzenklasse gekommen ist. Und das zu kleineren Preisen. Ein ähnlich starker BMW iX M60 kostet mindestens 143.100 Euro, leistet sich aber keine gravierenden Technik-Fails. Man darf annehmen, dass stetige Updates den Nio immer näher bringen – und das sprichwörtlich über Nacht.
Nio EL 7

- Ausführung: Nio EL 7 100 kWh
- Systemleistung: 480 kW (653 PS)
- Antrieb: Zwei Elektromotoren, 2-Gang-Automatik-Getriebe
- Grundpreis/Testwagenpreis: 95.050 Euro
- Anhängelast Baureihe: 2.000 kg
Antrieb, Fahreigenschaften und Verbrauch
- E-Motor(en): 1. (Hinterachse) 300 kW, 2. (Vorderachse) 180 kW
- Kombiniert: 450 kW (653 PS), max. Drehmoment 850Nm
- Akkukapazität: 100k Wh/k.A. (brutto/netto)
- Maximale Ladeleistung DC: 126 kW
- Ladedauer AC (230 V): ca. 7,5 h, Schnellladen (DC) 31 min (10 bis 80 %)
Testverbrauch (kWh /100 km)
- solo (Eco/Alltag)/Gespann: 23,3/31,2/46,2 kWh
- Normverbrauch/(WLTP): 21,6 kWh
Fahrleistungen solo
- Beschl. 0–100 km/h: 3,9 s
- Höchstgeschw.: 200 km/h
- E-Reichweite solo: 331 km
sehr feinfühliges Anfahren vor- und rückwärts
tadellose Fahrstabilität mit Anhänger, beladen sehr hoher Fahrkomfort
Luftfederung mit Niveauausgleich
dadurch geringe Reichweite und lange Ladestopps
unzuverlässige bzw. inaktive Fahrassistenzsysteme solo und im Gespannbetrieb
Kofferraum, Variabilität und Sitze

- Kofferraumvolumen: min.658/max.1.545 Liter. Rücksitze mit elektrischer Neigungsverstellung; 1/3 zu 2/3 geteilt umklappbar.
komfortable Rückbank
exzellentes Raumgefühl
viel Platz
Sitzposition nur kompliziert über Bildschirm einstellbar
Gewichte und Abmessungen
Gewichte
- Leergewicht gem./zul. Gesamtgewicht: 2.470/.2.890 kg
- Zuladung abgezogen Stützlast (100 kg): 320 kg
- Anhängelast: 2.000 kg
Maße
- Länge/Breite/Höhe: 4,91/1,99/1,72 m
- Radstand: 2,96 m
Tempo-100-Eignung, mit maximaler Anhängelast
weder Anhänge- noch Stützlast im Fahrzeugschein vermerkt
Anhängerkupplung und Elektrik

Anhängerkupplung
- Preis: serienmäßig
- Einbau: ab Werk
- System: vollelektrisch schwenkend
- Höhe Kugelkopf: 45 cm
- Stützlast: 100 kg
Elektrische Versorgung
- Dauerplus: X
- Plus über Zündung: ✔
- Blinkerausfallerkennung: Einseitig: ✔ Beidseitig:✔
Sicherheits- und Assistenzsysteme
- Elektronische Anhängerstabilisierung: X
- Rangierassistent: X
- Rückfahrkamera/Zoom Kugelkopf: ✔/✔
- Verkehrszeichenerkennung (Gespann): X
- Campingplätze/Ladesäulen in Navigation: ✔/✔
Fazit
Bei Materialanmutung, Qualität und Leistung ist der Nio EL 7 schon nah an der automobilen Elite dran. In Sachen Assistenz ist trotz enormem Hardware-Aufwand aber noch viel Luft nach oben. Auch beim Laden muss der Nio besser werden: Mit zwei Tonnen Last am serienmäßigen Haken verbraucht er viel und muss häufig und lange an die Ladesäule.