Vergleichstest Opel Insignia vs. VW Passat
Zwei mal 4x4

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Zwei starke Allrad - Kombis zwei unterschiedliche Hinterachsantriebe. Opel Insignia Sports Tourer 4x4 und Passat Variant 4motion im absoluten Härtetest. Dass Allrad nicht gleich Allrad ist, wissen versierte Caravaner.

Vergleichstest: Opel Insignia vs. VW Passat
Foto: Uli Regenscheit

Satt dem robusten, aber sperrig zu bedienenden Antrieb klassischer Geländewagen kommen in Allrad-Pkw meist selbst zuschaltende Antriebssysteme ohne Reduktionsgetriebe zum Einsatz, die nur im Bedarfsfall, dann aber blitzschnell, jene Achse zuschalten, die gerade eben noch vom Motor abgenabelt war, um Sprit zu sparen. Bei Opel Insignia 4x4 und Passat 4motion sind es die Hinterachsen, die zu Hilfe geholt werden, sobald die Vorderräder den Halt verlieren.

In vielen Modellen geschieht dies durch eine selbsttätig schließende Lamellenkupplung vor dem Hinterachsdifferenzial. Dreht auch nur ein Vorderrad durch, wird automatisch Kraft an die Hinterachse weitergeleitet. Fehlt es auch dort einseitig an Grip, ist’s des Differenzials wegen auch mit dem Schub auf der anderen Seite vorbei. Es sei denn, eine elektronische Differenzialsperre sorgt, wie beim Volkswagen 4motion-Allrad, durch aktiven Bremseingriff für den Ausgleich. Doch Bremseingriff bedeutet Leistungsverlust. Opel geht daher bei der Kraftverteilung an die Hinterräder einen konsequenteren Weg und verteilt die Power über gleich zwei Kupplungen selektiv an die beiden Hinterräder. Das Rad, das den besseren Grip findet, wird automatisch mit der höheren Kraft beaufschlagt. Ein Abbremsen des gegenüberliegenden Rades ist somit nicht notwendig.

Was das in der Praxis, besonders mit Wohnwagen am Haken, bringt, zeigt dieser Test. Am Start: der Opel Insignia 4x4 und der Passat 4motion. Beide sind mit nahezu leistungsgleichen Zweiliter-Turbodiesel-Motoren ausgestattet. Der CDTi des Opel leistet 160 PS und 350 Newtonmeter, der TDI des VW kommt bei gleichem Drehmoment auf 170 PS. Um Einflüsse aus den Reifen zu vermindern, werden beide Fahr-zeuge mit neuen Conti-Premium-Contact derselben Breite ausgerüstet.

Allrad in der Praxis - worin unterscheiden sich die beiden Konstruktionen? Eine schwierige Prüfung für jedes Antriebssystem ist etwa das Anfahren und Beschleunigen auf links und rechts extrem unterschiedlich griffigen Fahrbahnoberflächen. Besonders dann, wenn ein 1800-Kilogramm-Caravan am Haken hängt. Während die linke Fahrzeugseite auf nassem, aber griffigem Asphalt steht, suchen die rechten Räder Halt auf blank polierten Pflastersteinen. Das Antriebssystem steht nun vor der Aufgabe, die Kraft so zu verteilen dass einerseits bestmöglicher Vortrieb erzielt wird, andererseits nur kleine Lenkkorrekturen durch den Fahrer notwendig sind. Mit Vollgas wird hier nun bis Tempo 80 beschleunigt. Und tatsächlich: Der Opel hat hier mit einer Differenz von rund einer halben Sekunde die Nase vorn. Und dies, obwohl der Passat seine Trümpfe Mehrleistung und schnell schaltendes Doppelkupplungsgetriebe ausspielen könnte. In Sachen Spurhaltung ist der Volkswagen jedoch im Vorteil und fordert weniger Korrekturen ein.

Ähnliche Zugversuche fahren wir auf Sand und nassem Gras. Während der Test auf der Wiese kaum bewertbare Unterschiede hervorbringt, zeigt sich doch beim Anfahren aus tiefem Sand ein messbarer Vorteil der Opel-Technik.

Besonders auf Untergründen wie Sand, Wiese, Schnee und Eis sind die Allrad-Pkw in ihrem Element. Erst recht mit Hänger am Haken stellen sie hier deutlich ihren Traktionsvorteil gegenüber ihren front- oder heckgetriebenen Artgenossen unter Beweis. Tiefe Fahrspuren und selbst leichte Geländeeinlagen mit Anhänger bleiben aber echten Offroadern oder SUV vorbehalten. Insignia wie Passat mangelt es hier gleichermaßen an Bodenfreiheit. Dabei schrecken beide nicht vor kräftigen Steigungen zurück: Das Anfahren am Berg samt Halteprüfung der Feststellbremsen meistern die beiden Vernunft-Mobile mit erstaunlicher Souveränität.

Caravan-tauglichkeit von Opel Insignia Sports Tourer und VW Passat Variant

Im Reise-Alltag mit dem Caravan zählt in erster Linie die Fahrsicherheit des Gespanns hinsichtlich Pendelneigung und Gespannstabilität beim Ausweichen. Zum Test wird der Caravan bewusst ungünstig in Front und Heck beladen, die Stützlast auf gefährlich-geringe 15 Kilogramm eingestellt. So wird nun die kritische Geschwindigkeit ermittelt: Mit 98 zu 95 km/h ist der etwas schwerere Opel Passat Variant hier leicht im Vorteil. Doch keine Angst: Bei korrekt beladenem Caravan würde die kritische Geschwindigkeit, das Tempo, ab dem ein eventuell auftretendes Pendeln gefährlich wird, um mindestens 10–15 km/h höher liegen.

Darüber hinaus sind beide Fahrzeuge bei werksseitig montierter Anhängekupplung immer serienmäßig mit Anhänger-ESP ausgestattet. Damit wird Pendeln bereits im Ansatz erkannt und durch gezielte Bremseingriffe am Zugfahrzeug wirkungsvoll unterdrückt.

Unterschiedlich ist jedoch die Regelstrategie der elektronischen Pendelstopper. Während der Opel Insignia Sports Tourer eher bei höheren Tempi, dann aber recht restriktiv eingreift, beginnt das VW-System früher, aber sanfter zu verzögern. Das Ergebnis ist das gleiche: Aufschaukeln wird von beiden Systemen unerbittlich und schnell gestoppt.

Beide Autos bieten mit vielfältig einstellbaren Sitzen und bereits umfangreicher Basisausstattung besten Langstreckenkomfort. Wenn’s um Rangieren, Übersicht und Kofferraumvolumen geht, hat der Opel Insignia Sports Tourer wegen seines schlanken Hecks das Nachsehen.

Auch bei Motorcharakteristik und Verbrauch kommt der Opel nicht an den VW Passat Variant heran. Der seidenweich agierende und spontan ansprechende TDI ist gegenüber dem etwas rau laufenden, aber drehfreudigen Opel-CDTi der insgesamt bessere Motor.

Preis-Leistungs-Verhältnis: Opel Insignia Sports Tourer vs. VW Passat Variant

Wer in dieser Größen- und Leistungsklasse nach 4x4-Dieseln sucht, wird zuerst bei Opel Insignia fündig: In Edition-Ausstattung gibt’s den Insignia Sports Tourer ab 35.120 Euro. Der VW Passat Variant mit 170 PS ist ab der Comfortline und ausschließlich mit der tollen Doppelkupplungs-Automatik lieferbar und kostet so ab 37.750 Euro. Als Alternativen stellen sich der 140-PS-TDI Passat mit Handschaltung ab 33.875 Euro oder der 195 PS starke Opel Insignia Sports Tourer 2.0 Bi-Turbo-CDTI ab 37.870 Euro dar.

Die Charaktere bleiben davon unberührt: hier der etwas raue, aber fahraktivere Opel Insignia mit enormem Durchsetzungsvermögen auf losem Untergrund. Dort der geschmeidige und leise VW Passat, der am Ende mit sicherem Handling, noch geringerem Verbrauch, dem geräumigeren Innenraum und zudem hochwertigeren Interieur vor dem Opel Insignia liegt.