Vergleichstest VW, Mercedes, Ford
Welcher Van ist der beste Zugwagen?

VW Multivan, Mercedes Viano und der neue Ford Tourneo Custom sind geräumig, schwer und haben starke Diesel - gute Voraussetzungen als Zugwagen. Aber wer ist der Beste?

Vergleichstest: VW Multivan/Mercedes Viano/Ford Tourneo Custom
Foto: Ingolf Pompe

Der Konstante: VW T5 Bus

Er ist die Konstante in der Van-Szene: Der VW-Bus, heute in der fünften Generation unterwegs und deshalb schlicht als T5 kategorisiert. Trägt der VW T5 den Namen Multivan, bekommen Familienväter und Freizeitaktivisten leuchtende Augen. Der Testwagen hat den Zweiliter-Vierzylinder-TDI in der stärksten von vier Leistungsstufen unter der Haube: Zwei Turbolader setzen bei ihr 180 PS und 400 Newtonmeter Drehmoment frei, die das blitzschnell und ruckfrei schaltende Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe DSG zu den Vorderrädern schickt. Alle T5 TDI, also auch jene mit 82, 105 und 140 PS, dürfen 2,5 Tonnen ziehen.

Der Konkurrent: Mercedes Viano

Der Mercedes Viano bietet dem VW T5 seit zehn Jahren die Stirn und ist der einzige in diesem Reigen, den es mit Sechszylinder gibt. Das Spitzenaggregat der Diesel-Palette leistet 224 PS, sein Drehmoment gipfelt in 440 Newtonmeter und ist der Grund, warum die Fünfgang-Automatik beim 3.0 CDI zur Serienausstattung zählt. Die Anhängelast wird von der Übersetzung der angetriebenen Hinterachse bestimmt: 2000 Kilogramm dürfen alle Varianten, 2500 nur die mit Automatikgetriebe und „kurzer" Hinterachse schleppen. Der Testwagen mit mittellanger Karosserie ist mit der „langen" Achse unterwegs, drum ist zwar schon bei zwei Tonnen, aber erst bei 201 km/h Schluss.

Der Neue: Ford Tourneo Custom

Mit Spannung erwartet wird der Neuste im Bunde: der Ford Tourneo Custom. Für das Rennen gegen die Luxusversionen von VW T5 und Mercedes Viano legt der Ford sogar den Namen Transit ab. Auch sonst erinnert nichts mehr an den rustikalen Vorgänger, vor allem innen orientiert er sich stark an den Pkw aus dem Hause Ford - inklusive gewöhnungsbedürftiger Bedienung mittels einer Armada von Wippen, Tastern und Knöpfen.

Auch Ford hat seinen Top-Diesel zum Test geschickt. Der Vierzylinder mit 2,2 Liter Hubraum leistet 155 PS, das Drehmoment gipfelt in 385 Newtonmetern. Ein Automatikgetriebe als Alternative zum exakt und leicht schaltbaren Sechsganggetriebe offeriert Ford weder jetzt noch in Zukunft. Zwei Dinge will Ford nachreichen: eine Klimaautomatik und höhere Anhängelasten. Noch ist bei 1600 Kilogramm Schluss, zwei Tonnen sollen es werden.

Der Schwächste bestimmt die Regeln - also hängt für die Fahrdynamiktests ein 1600 Kilogramm schwerer Dethleffs Camper 560 an den Vans. Um vergleichbare Messwerte bei gemäßigtem Tempo zu bekommen, wurde der Dethleffs auf nur fünf Kilogramm Stützlast getrimmt. Auf abgesperrter Strecke wurden so die kritische Geschwindigkeit und die Fahrstabilität ermittelt. Erstere ist erreicht, wenn sich der tänzelnde Caravan nicht mehr von alleine beruhigt. Beim Fahrstabilitätstest wird das 100 km/h schnelle Gespann ruckartig, aber definiert ins Schlingern gebracht. Sensoren messen die Zeit, bis der Caravan mit Hilfe der bei allen drei Vans auf das ESP aufgespielten Anhänger-Stabilitätsprogramme wieder stur hinter dem Zugwagen her läuft. Aber Achtung: Die elektronische Anhängerstabilisierung ist meist nur dann an Bord, wenn die Anhängevorrichtung ab Werk bestellt wird.

Abnehmbare Anhängervorrichtung bei VW und Mercedes

VW und Mercedes treten mit abnehmbaren Anhängevorrichtungen an, bei Ford gibt es nur eine fest montierte, die ihren Querträger offen zur Schau stellt, Agrar-Look am Luxusbus. Dafür ist die Steckdose am besten zugänglich. Eine Dauerplusleitung für Strom im Caravan haben alle drei.

VW und Mercedes treten mit abnehmbaren Anhängevorrichtungen an, bei Ford gibt es nur eine fest montierte, die ihren Querträger offen zur Schau stellt Agrar-Look am Luxusbus. Dafür ist die Steckdose am besten zugänglich. Eine Dauerplusleitung für Strom im Caravan haben alle drei.

Die Motoren sind von sehr unterschiedlichem Charakter. Der VW-TDI bläst trotz kleinstem Hubraum ab Standgas zur Attacke. Das DSG schnippt, solange der Pilot das Gaspedal nicht in den Teppich tritt, zwischen 2000 und 2500 Touren den nächsten Gang rein. Bergab schaltet das DSG konsequent zurück. Einzig die häufigen Pendelschaltungen an Autobahnsteigungen, bei denen das Getriebe zwischen den Gängen hin und her springt, trüben das Bild. Sparfüchse genießen die Segelfunktion des 470 Euro teuren Blue-Motion-Pakets, bei der die Kupplung beim Rollen automatisch öffnet und der Motor in den Leerlauf fällt. Beim Bremsen und Gasgeben ist blitzschnell wieder der Gang drin. Das klappt sogar mit Last am Haken. Beweis: der mit 14,1 Litern geringste Gespannverbrauch. Trotz Frontantrieb bringt der Multivan seine Kraft sowohl in Kurven als auch beim flotten Anfahren gut auf den Boden.

Beim fast fabrikneuen Ford scheint das Drehmoment noch in den straffen Lagern stecken zu bleiben. Doch dass der 2,4-Tonner müde wirkt, liegt auch am Drehmomentschutz: Um die Kupplung zu schonen, agiert der Motor im ersten Gang mit gebremstem Schaum. Und auch die beim Vorgänger bemängelte Anfahrschwäche legt der Neue nicht ganz ab. Die Standgaserhöhung schützt vor allzu häufigem Abwürgen: Kuppelt der Fahrer ein, gibt die Elektronik Gas. Trotzdem wird der Ford-Diesel erst da munter, wo der T5 den nächsten Gang wählt. Dafür hat Ford auch den Verbrauch gezügelt. Mit 1,6 Tonnen am Haken nimmt sich der Tourneo Custom 14,9 Liter, solo ist eine Acht vor dem Komma möglich. Besser als beim Vorgänger, aber noch nicht perfekt ist der Grip der angetriebenen Vorderräder. Vor allem bei Nässe neigt das kurveninnere früh zum Durchdrehen.

Hoher Benzinverbrauch beim Viano von Mercedes

Geschmeidig und energisch schiebt der Viano V6 CDI an. Doch obwohl schon ab 1400 Touren Druck da ist, dreht der V6 gerne hoch. Die Quittung gibt’s an der Tanke, wo sich der Benz nach der Verbrauchsrunde 15,9 Liter Diesel schmecken lässt. Auch solo sind Werte unter zehn Liter selten. Dafür kennt der Viano dank Heckantrieb kaum Traktionsprobleme.

Unterwegs verwöhnt der VW mit dem besten Gespann-Reisekomfort: Der kurze Hecküberhang beugt Pumpbewegungen vor, die Federung reagiert geschmeidig, ohne zu schaukeln. Fahrer und Co sitzen hoch auf langstreckentauglichen Sesseln, was zusammen mit den großen Spiegeln der Übersicht zugutekommt. Auch das Armaturenbrett ist trotz zahlreicher Extras übersichtlich, aufgeräumt und hochwertig, zudem hat der VW ein Klappfach mit Flaschenhalter unterhalb des Schalthebels.

Der luftgefederte Viano bewegt sich durch sein weicheres Fahrwerk etwas stärker unter dem Einfluss des Caravans. Die Sitzposition hinter der flachen Windschutzscheibe ist etwas weniger erhaben, die Spiegelflächen sind relativ klein.

Der Tourneo Custom hat zwar etwas kurze Sitzflächen, trotzdem ist der Sitzkomfort ebenso besser geworden wie das Arrangement von Lenkrad und Pedalen. Hinter den Vordersitzen ist es ebenfalls der Ford, der am meisten Raum für Menschen und Gepäck, jedoch die geringste Zuladung bietet.

Die Gesamtheit der Eigenschaften macht den Multivan zum Sieger dieses Vergleichs Der Viano fährt mit Sahne-Diesel und Flausch-Fahrwerk auf Platz zwei. Der neue Ford Tourneo Custom ist deutlich näher gekommen. Nur nicht beim Preis. Der könnte weiterhin sein stärkstes Argument werden – wenn dann auch die Anhängelast passt.

Die Ford, Mercedes und VW Modelle im Überblick:

Ford Tourneo Custom
Kritische Geschwindigkeit*: 111 km/h
Gespannstabilisierung: Das Anhänger-ESP regelt spürbar kräftiger als das normale ESP. Das zeigen Versuche mit ausgesteckter Caravan-Elektrik. Während des Regelvorgangs bremst der Ford von 101 auf 66 Stundenkilometer herunter. Dabei wird die Hinterachse vom Caravan spürbar stärker aus der Spur gedrückt als die des VW T5. Trotzdem: Das Anhänger-ESP erfüllt seine Aufgabe sehr gut.

Mercedes Viano
Kritische Geschwindigkeit*: 109 km/h
Gespannstabilisierung: Auf den ersten Pendelimpuls reagiert die ESP-Elektronik mit einer starken Impulsbremsung. Danach lässt sie recht lange leichtes Pendeln bei kritischer Geschwindigkeit zu. Grund könnten das relativ weiche Fahrwerk und der relativ lange Hecküberhang sein. Der zweite Bremseingriff geht auf 65 Stundenkilometer herunter und beruhigt den Caravan endgültig.

VW Multivan
Kritische Geschwindigkeit*: 115 km/h
Gespannstabilisierung: Das erste Aufschaukeln des Caravans pariert das ESP mit einer feinen Bremsung auf 80 km/h. Der zweite Eingriff ist harscher. Bis auf 63 km/h drosseln die Bremsen per wechselseitigen Eingriff das Tempo. Durch den kurzen Hecküberhang und das ausgewogene Fahrwerk sind die Spurstabilität der Hinterachse und die kritische Geschwindigkeit am höchsten.

* Die kritische Geschwindigkeit ist an dem Punkt erreicht, an dem der Caravan von selbst anfängt zu pendeln und nicht wieder aufhört. Um sie für den Test zu ermitteln, wurde der Caravan quasi ohne Stützlast gefahren. Das verschiebt die kritische Geschwindigkeit massiv nach unten, lässt allerdings dadurch auch Rückschlüsse auf die Fahrstabilität der Vans zu.