Wie gut eignen sich E-Autos als Zugwagen? Bisher sind sie noch Exoten. Wir testen den Hyundai Ioniq 5, der manch spannendes Feature mitbringt.
Wie gut eignen sich E-Autos als Zugwagen? Bisher sind sie noch Exoten. Wir testen den Hyundai Ioniq 5, der manch spannendes Feature mitbringt.
Die Frage ist ja nicht, ob man ein E-Auto nachladen muss, sondern wie oft und wie lange das dauert. Der Hyundai Ioniq 5 wirft in Sachen Dauer seine 800-V-Schnellladetechnik in den Ring: Sie ermöglicht rasant schnelles CCS-Laden, wie es bisher nur die Elektro-Oberklasse beherrschte.
Bei maximaler Ladeleistung soll die 72,6 kWh große Traktionsbatterie in 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent sein. Ein Wert, der in der Praxis nicht ganz erreicht wird. Dennoch strapaziert der Ioniq 5 die Nerven nicht über Gebühr.
Die WLTP-Solo-Reichweite von 430 km schafft der Wagen bei zurückhaltender Fahrweise sogar. Bezogen auf den von auto, motor und sport ermittelten Testverbrauch (20,8 kWh) kommt er noch 350 km weit. Bei längerer Fahrt ist das realistische Szenario jedoch, mit 80 Prozent an der Ladesäule loszufahren und dann mit 120 km/h über die Autobahn zu surren. Unter diesen Umständen schafft der zweimotorige Ioniq 5 maximal 250 Kilometer.
Fürs Ziehen bringt der Ioniq einen Anhängermodus mit, der, je nach Einstellung, die Reichweitenberechnung anpasst. Doch auch im Modus "Anhänger schwer", halbiert sich die Reichweite; der Bewegungsradius bei randvollem Akku schrumpft auf 200 km.
Die Allradvarianten (H-Trac) des Hyundai haben einen zweiten E-Motor an der Vorderachse. Er steigert die Systemleistung im getesteten Topmodell auf 305 PS und wuchtige 605 Nm Drehmoment.
Nicht nur dank dieser Leistungsdaten präsentiert sich der Ioniq als annähernd perfektes Zugfahrzeug: Die Kombination aus hohem Eigengewicht, tiefem Schwerpunkt, langem Radstand, kurzen Überhängen und komfortablem Fahrwerk lässt ihn liegen wie das sprichwörtliche Brett. Hinzu kommt diese höchst beeindruckende, leise Kraftentfaltung. Doch genau die verschärft ungewollt die Reichweitenproblematik: Kein Schaltvorgang und kein Geräusch gibt Rückmeldung darüber, wie groß der Leistungsbedarf gerade ist – es geht auch mit Hänger immer und überall ansatzlos kraftvoll voran.
Für die Energierückgewinnung lässt sich über Paddel am Lenkrad die Rekuperationsstärke in vier Stufen modulieren. Die stärkste Einstellung "i-Pedal" genügt auch im Gespann meist fürs Ein-Pedal-Fahren ohne Bremse. Der Übergang zwischen Rekuperation und mechanischer Bremse erfolgt dabei fast unmerklich. Verbesserungswürdig ist der Lenkassistent, dem die Spurzentrierung nicht immer gelingen mag.
Seine Anhängerkupplung bekommt der Ioniq 5 beim Händler. Die steckbare Variante kostet 651 Euro plus Montagekosten. Am Testwagen hält der Haken viel Abstand zur Stoßstange und liegt perfekt im Sichtfeld der Rückfahrkamera. Beim Ankuppeln stört nur die widerspenstige Steckdose. Ist die Verbindung hergestellt, wird der Caravan über eine Ladeleitung konstant mit Strom versorgt.
Für Unmut sorgt die Notbremsfunktion der Rückfahrsensorik. Sie hält den Wohnwagen für ein Hindernis und stoppt das Gespann beim Rangieren abrupt. Die Sensoren lassen sich zwar deaktivieren, reaktivieren sich aber mit jedem neuen Wechsel in "R". Eine Sache macht den Ioniq 5 zum absoluten Camping-Chef: Mittels Adapter versorgt er Caravan & Co. mit bis zu 3,6 kW (!) Strom. Über den Bildschirm lässt sich wählen, wie viel Reichweite man dafür opfern möchte.
Um das E-Gespann in der Praxis zu erleben, fahren wir mit 87 Prozent Akkufüllung ins 150 Kilometer entfernte Wertheim. Trotz Lkw-Windschatten erreichen wir den Campingplatz mit 13 Kilometer Restreichweite. Auf Rückfrage zum Laden winkt der Campingplatzbetreiber ab: "Dafür sind meine Leitungen nicht ausgelegt." An der nächstgelegenen AC-Ladesäule braucht der Ioniq 5 dann 6,5 Stunden, um den Akku zu füllen. Gut, dass wir einen E-Scooter im Kofferraum haben.
Früh einsetzendes Drehmoment, stufenlose Kraftübertragung, leiser Antrieb, Energierückgewinnung beim Bremsen und Bergabfahrt.
Deutlicher Mehrverbrauch im Gespannbetrieb, annähernde Halbierung der Solo-Reichweite.
Geniale optionale Relaxsitze vorn mit ausfahrbarer Beinauflage. Hoher Sitzkomfort auf allen Plätzen. Alle Sitze vielfach einstellbar.
Kofferraum wird durch die abfallende Heckscheibe eingeschränkt. Recht einfache Materialanmutung im Frachtabteil.
Maße: Länge/Breite/Höhe: 4635/1890/1605 mm. Radstand: 3000 mm
Hohes Eigengewicht, mit tiefem Schwerpunkt. Langer Radstand, kurze Überhänge. Hohe Anhänge- und Stützlast für ein reines E-Fahrzeug.
Vergleichsweise wenig Zuladung unter Berücksichtigung der Stützlast.
Anhängerkupplung
Elektrische Versorgung
Blinkerausfallerkennung
Sicherheits- und Assistenzsysteme
Der Hyundai Ioniq 5 gibt einen spannenden Ausblick, wohin die Reise gehen kann, sobald Reichweite und Anhängelast weiter wachsen. Seine Schnellladetechnik ist beeindruckend, kann aber nichts gegen defekte, langsame oder belegte Ladesäulen ausrichten. Zudem sind zu viele davon noch nicht wohnwagenkompatibel, weshalb oft abgekuppelt werden muss.